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magazin 4/2000 - Ol i ver Fröhl ing
der Verlust des Vorjahresquartals (vgl.
0.
V.
1999a) und höher als der gesamte
Verlust des Vorjahres.
Interessant ist nun ein Vergleich mit einer
anderen führenden Onl ine-Buchhand–
lung:
Dieses Un–
ternehmen entstand in Fortführung der
On l i ne Bu c hhande l s ak t i v i t ä t en v o n
Barnes & Noble
am 12. November 1998
als Geme i nschaf t sunt ernehmen v on
Barnes & Noble
und
Bertelsmann
(vgl.
Barnes & Noble,
1999, S. 4 und 10).
stellt das ameri –
kanische „Standbein" von
Bertelsmann
dar und ergänzt die europäischen E-
Commerce-Aktivitäten von
Bertelsmann,
die in Form von
nstitutionalisiert
worden sind (vgl.
Bertelsmann
1999 und
CartnerGroup
1999b). Für das Geschäfts–
jahr 1998 weist
keine Umsätze (?), aber einen Nettoge–
wi nn in Höhe von 126,4 Mi l l ionen US-$
aus. Für das Geschäftsjahr 1997, d. h. vor
Gr ündung v o n
wi rd ein Umsatz in Höhe von 14,6 Millio–
nen US-$ und ein Verlust in Höhe von
15,4 Mi l l ionen US-$ ausgewiesen (vgl.
Barnes & Noble
1999, S. 2f). Daraus er–
mittelt sich eine Gewinn-ZUmsatzrelation
v on -105,4 %. Man mag, gerade im Fall
von
zu Recht ein–
wenden, dass diese Zahlen aufgrund der
noch nicht langen Geschäftsdauer nicht
r ep r äsen t a t i v s i nd und dass im E-
Commerce anders als im stat ionären
Handel eine „lange Zeitspanne bis zum
Erreichen der Gewinnzone"
(Meffert
1999,
S. 577) vergeht. Dies gilt auch für
My-
World
von
Karstadt,
dessen Umsätze in
Höhe von 6 Mi l l ionen DM gerade mal
knapp 10 % der bislang investierten Be–
träge abdecken (vgl .
Fischer
1999b,
S. 298).
Aber dass selbst bei den Anbietern Zwe i –
fel übe r die auch mi ttel fr ist ige Profita-
bi l i tät des Geschäfts bestehen, die im
Zuge de r s t ra f f en ame r i kan i s c hen
Repor t inganforderungen auch publ ik
werden, zeigt das folgende Zitat aus dem
Geschäftsbericht von Amazon- com: "Our
agg r es s i v e p r i c i ng p r o g r ams have
resulted in relatively low product gross
margins, so we need to generate and
sustain substantial ly higher revenues in
order to become profitable. Al though our
revenues have grown , we cannot sustain
o u r c u r r en t rate of g r ow t h . O u r
percentage growth rate wi l l decrease in
the hjture. For these reasons we believe
that we wi l l cont inue to incur substantial
operat ing losses for the foreseeable
f u t u r e , and t hese l osses ma y be
signi f icant ly higher than our current
losses."
(US SEC
1999, S. 7). Und weiter:
"We are h i gh l y leveraged. We have
significant indebtedness . . . We may not
be able to meet ou r deb t Serv i ce
obl igations. If our cash flow is inadequate
to meet our obl igations, we may face
substantial l iquidity problems."
(US SEC
1999, S. 10). Dies klingt wie der Beinahe-
Of f enba r ungse i d eines Kr i senunt e r –
n e hme n s und nicht wie das selbst–
bewusste Statement eines der wachs–
tumsträchtigsten ECommerce-Anbieters
der Welt mit einem Marktwert von im–
merhin 11,5 Mi l l iarden US-$ am Stichtag
28. Febnjar1999.
Scheinbar tei lnahmslos bzw. sogar para–
dox in Form noch höherer Bewertungen
reagiert die financial Communi ty auf die–
se „Hiobsbotschaften". Existieren keine
verlässl ichen und aussagefähigen Zah–
len, wie insbesondere bei börsennotierten
Start-Ups, die einen nur geringen oder
sogar noch keinen Umsatz und Gewinn
ausweisen, zähl t die Fähigkei t des U n -
t emehme r s , V i s i onen z u vermi t teln:
"This means that an executive's key talent
is to convince the Investor Communi ty . . .
that an oppor tuni ty exists and . . . that his
Compan y wi l l execu t e aga i ns t thi s
opportuni ty. Like it or not, the skill we are
talking about is storytel l ing."
{Gurley
1999)
I rgendwann aber im Geschäftszyklus gilt
"beyond the hype" wieder das Primat
der Zahlen. Der zukünftige wirtschaftl i –
che Erfolg von ECommerce-Anbietern
hängt stark von der Ma r k t en twi ck l ung
und von den i nternen Mög l i chke i ten
de r Kos t en - ZUmsa t zop t imi e r ung ab.
Für Deutschland wi rd von
Datamonitor
(1998a, S. 47) ein Anstieg des v ia E-
Commerce generierten Umsatzes von 76
Mi l l ionen DM im |ahr 1997 auf 1,98 Mi l –
liarden DM im lahr 2002 prognostiziert.
Wiederum ein scheinbar sehr konserva–
tiver Schätzer, denn
Roland Berger und
Partner erwarten für Deutschland im jähr
2001 einen Onl ine-Umsatz von knapp 28
Mi l l iarden DM und
BoozAllen & Hamil–
ton
sogar von rund 40 Mi l l iarden DM
(vgl. Haag 1999). Kehren wi r zurück zu
den Dafamorj/tor-Zahlen und bedenken,
dass für das )ahr 2002 Deutschland mit
38,5 % Anteil am gesamten europäischen
E-Commerce-Umsatz in Höhe von 5,2
Mi l l iarden DM (vgl.
Datamonitor
1998a,
S. 47) eindeutig die Nummer 1 ist, so sind
die oben erwähnten, „konservativen" 300
bis 400 Mi l l iarden $ zumindest skep–
t isch zu bet rachten. Der prozentuale
Antei l des Onl ine-Buchhandels wi rd nach
Einschätzung der Analysten leicht rück–
läufig sein und von 12 % im )ahr 1997 auf
10 % im lahr 2002 sinken (vgl . Data–
moni tor 1998a, S. 43f.). Immerhin ist
aber damit das Marktpotential für den
On l i ne - Buchhande l im lahr 2002 in
Deutschland fast dreimal so hoch wie der
gesamte E-Commerce-Umsatz fünf jähre
zuvo r Insofern kann man tendenziell von
günst i gen Mar k t pr ognosen ausgehen.
Ziek man auf die interne Opt imierung ab,
so erscheint das Kerngeschäft insofern
unflexibel , als der Zuwachs an Aufträgen
e i ner se i t s d u r c h
S t a mm k u n d e n –
management
{Amazon.com
hat seinen
Auftragsantei l mit Stammkunden von
58 % im lahr 1997 auf 64 % im Jahr 1998
ausgebaut) und andererseits durch Ge–
w i n n u n g
v o n
N e u k u n d e n
(Amazon.com
hat seine Kundenanzahl
von 1,5 Mi l l ionen im lahr 1997 auf 6,2
Mi l l ionen im lahr 1998 gesteigert; die
ak t ue l l e Kunden z ah l be t r äg t übe r
13 Mi l l ionen Kunden, vgl . O.
V.
1999a)
durch den weiter zu erwartenden drast i –
schen Prei sdruck gerade au f g r und der
hohen Preistransparenz im Internet um–
sa t zbezogen spü r ba r „kompens i er t "
wi rd.
Oft wi rd zudem vergessen, dass die Ak–
qui s i t ion v o n Kunden via Positionierung
bei den großen Portalanbietern kosten–
intensiv ist.
Gurley
(1998) gibt dazu ein
interessantes Beispiel: ein Unternehmen
kalkuliert mit kundenbezogenen Offline-
Akquisitionskosten in Höhe von 10 US-$.
Ein großer Portal-Anbieter offeriert eine
Listung in einer speziellen Sektion zu
einem Preis von 100.000 US-$ und si–
chert dem Kunden zu , dass dieser Be–
reich im kommenden jähr von ca. 10
Mi l l ionen Besuchern frequentiert wi rd.
Das Unternehmen kalkuliert: Von den 10
Mi l l ionen Besuchern wi rd nur 1 % die
eigene Web-Page anklicken und davon
wiederum werden nur 2 % tatsächl ich
eine Bestellung aufgeben. Dies bedeutet,
dass übe r die Portal l istung insgesamt
nu r
2000
Kunden er reicht we r den kön –
nen . Die Akqu i s i t i onskos ten p r o Kun –
de bet ragen
50
US-$ u n d s i nd dami t
fünfmal so ho c h wi e z.
B.
übe r ein
Direct Mai l ing.
Gurley
resümiert, dass
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