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Z u o r dnun g CM- Themen - Tab l eau
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S
V
GEDANKEN UBER
E-COMMERCE
von Dr. Oliver
Fröhling,
Düsseldorf
Controller magazin
4/2000
_
1
Dr. Oliver Fröhlirig, bisher
Oracle, jetzt bei Arthur
Andersen
Management-
Beratung
THE FUTURE THAT HAS ALREADY
HAPPENED...
... lautete der Titel eines Beitrags von
Peter Drucker
in der Harvard Business
Review. Er führt aus: "Increasingly, a
winning strategy wi l l require Information
about events and condi t ions
outside
the
Inst i tut ion. . . Onl y wi th this Information
can a business decide how to allocate its
knowledge resources in order to produce
the highest yield. "
{Drucker
1997, S. 22)
Dies gilt auch für E-Commerce, wofür
international wie national weiterhin ein
ungebrems tes Interesse u n d Wachs–
t um festzustellen ist. Die „E -Hys ter i e"
begründet sich insbesondere auf folgen–
den Über legungen: Auch für Wirtschafts–
regionen außerhalb der USA wi rd erwar–
tet, dass sich u. a. durch eine deudiche
Senkung der Kommunikationskosten, der
steigenden Affinität zum Medium „Inter–
net" und durch eine „Lokalisierung" der
Web-Seiten (vgl.
Gärtner Group
1999a),
einerseits zur Ausschal tung der Sprach-
barrieren und andererseits zur Berück–
sichtigung länderbezogener Besonder–
heiten, das Web - Shopp i ng i n den kom–
menden (ahren als de facto-Standard
des Kaufverhal tens durchsetzen wi rd
(vgl.
Dataquest
1998, S. 8). Vor diesem
Hintergrund ist nachvol lziehbar , dass
Analysten eine hohe Gefährdung gerade
des traditionellen Handels von nicht-er–
klärungsbedürft igen Gebrauchsgütern
wie Bücher, Musikartikel , Parfüm oder
Personal Computer durch E-Commerce-
Anbieter sehen (vgl. z. B.
Datamonitor
1999a, S. 3f.).
Folgerichtig werden deutlich steigende
Umsätze (und Gewinne) erwartet: In den
USA wi rd bereits heute die Prognose des
Internet-Handelsvolumens für das lahr
2002 mit einer Größenordnung von 300
bis 400 Milliarden US-$ als konservativ
eingeschätzt (vgl.
Barret
1999, S. 10).
Amazoncom
selbst spricht von einem
erwarteten E-Commerce-Marktumsatz im
lahr 2003 in Höhe von 1,3 Billiarden US-$
(vgl.
US SEC
1999, S. 3). Relativ envartet
man in den kommenden )ahren einen
Anst ieg des Onl ine-Handel s bis z u einer
Größenordnung v on 10 bis 20
%
des
g e s amt e n H a n d e l s ums a t z e s ( vg l .
Hansen
1998, S. 127). Die Schluss–
folgerung lautet: Wer nicht in E-Commerce
investiert (hat), hat die Zukunft bereits
heute verspielt! Wir wol len in diesem Bei–
trag daher einige grundsätzl iche Gedan–
ken über die heutigen und (möglichen)
zukünftigen E-Commerce-Ausprägungen
am Beispiel des Onl ine -Buchhande l s
skizzieren. Wi r diskutieren dabei nicht
strategische Aspekte wie z. B. die Aus–
schaltung von Handelsstufen i. S. hori–
zontaler Subst i tut ionskonkurrenz (vgl .
Hansen
1998, S. 127f), vertriebliche Über-
l egungen wi e z. B. E C omme r c e -
basierte Hybridstrategien durch Kombi–
nat ion v on Kostenführerschafts- und
Di f ferenzierungsstrategie (vgl . P/7/er/
Schoder
1999, S. 1125ff.), oder technolo–
gische Fragestellungen, wie z. B. den Auf–
bau von DV-Architekturen für die Verknüp–
fung von E-Commerce-Lösungen mit ope–
rativen und analytischen Informationssy–
stemen (z. B. kundenbezogene Data Ware–
house- und Data Mining-Applikationen).
Wi r konzent r ieren uns v ielmehr auf fol –
gende Fragestel lungen: „Wie erfolgreich
sind Internet-Giganten wie Amazon. com
derzei t wi rk l i ch u n d we l chen Nu t zen
bieten ihre gegenwär t igen E-Commerce-
Lösungen den Kunden? " und weiter
„Welche (Dienst - )Leistungen s ind kon–
zept ionel l anzudenken , um den Kun –
den eine höhere Wertschaffung gerade
im Verg l e i ch z um
t r ad i t i one l l en
Sortimentshandel zu bieten?"
WAS BRINGT E-COMMERCE?
E-Commerce aus Anbietersicht
In der Ansprache an die Anteilseigner,
Kunden und Mitarbeiter im Geschäftsbe–
richt 1998 heißt es bei
Amazoncom
(1999): "We plan to invest aggressively to
bui ld the foundation for a multi -bi l l ion-
dollar revenue Company serving tens of
millions of customers wi th operational
excellence and high efficiency. Al though
this level of fonward Investment is cost ly
and carries many inherent risks, we
believe it wi l l provide the best end-to-end
experience for customers, and actual ly
offer the least r isky longterm value
creation approach for Investors." Die
Wer tsteigerung für die Antei l seigner
ist nicht nur in den USA ein zentrales
Thema, das über den Mittelzufluss vom
Kap i t a lma r k t u n d dami t übe r die
Invest i t ionsmögl ichkei ten entscheidet.
Was
sagen
die
F i n a n z d a t e n :
Amazon.com
weist im Geschäftsjahr
1998 einen (Netto-)Umsatz von 609,996
Mi l l ionen $ und einen (kumulierten) Ver–
lust von 162,1 Mi l l ionen US-$ aus. Dar–
aus ermittelt sich eine Gewinn-/Umsatz-
relation von -26,5 % (vgl.
US SEC
1999,
S. 7 und 24). Man stelle sich einmal rein
hypothet isch eine ähnl iche Relation für
DaimlerChrysler
vor, was bei einem Um–
satz von 257,744 Mi l l iarden DM für das
Geschäftsjahr 1998 einem Verlust in Höhe
von 68,3 Mi l l iarden DM entsprechen
würde. Im Vergleich sind die rund 6 Mi l l i –
arden DM Kapitalvernichtung vor eini–
gen jähren in der Tat „peanuts", um das
häufig zitierte Schlagwort von
Hilmar
Kopper
z u benu t z en . Die aktue l l en
Verlustzahlen von
Amazon.com
lesen
sich noch kritischer, da der Verlust für
das dr i t te Quar tal 1999 mit 197,08
Mi l l ionen US-$ viermal so hoch ist wie
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