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magazin 4/2000 - Comel ia Bieler
A tmo s p i i ä r e , Sp r a c h v e r l i a l t en und
Körpersprache sind auch die inneren Ein–
flüsse wie momentane Gefühle, Einstel–
lungen, Berufs- und Lebenserfahrung der
Gesprächspartner von Bedeutung. leder
hat mal einen schlechten Tag. Und jeder
hat persönliche Erfahrungen und Gefüh–
le, von denen der andere nichts weiß,
von denen man mi tunter selbst nichts
weiß. Wie heißt es so schön: „Zwei Seelen
wohnen , ach, in meiner Brust." Wissen–
schaftler (wie Freud, Ftenfield, Berne) sind
der Sache nachgegangen und haben fest–
gestellt, dass jeder Mensch - jede Per–
sönlichkeit - aus drei Ich-Dispositionen'
(Eltern ich. Erwachsenen ich, Kind ich)
besteht und dass der Mensch in seiner
Erinnerung nicht nur Ereignisse, sondern
auch Gefühle aufzeichnet. Hierin liegt eine
der Erklärungen menschl ichen Verhal–
tens. Betont sei, dass jeder Mensch alle
diese drei Dispositionen in sich vereinigt,
nur dass die eine oder andere Verhaltens–
weise mehr oder minder stark ausge–
prägt ist und die Grenzen zwischen den
einzelnen Dispositionen fließend sind.
Um also missverständl ichen Gesprächs–
si tuat ionen vo r zubeugen , muss man
zunächst in Erfahrung br ingen, welche
der drei Dispositionen bei einem selbst
am ausgeprägtesten ist. Das macht man
am besten im Gespräch mit dem Ehe–
partner oder mit guten Freunden, denn
oft stimmt das Selbstbild, das man von
sich hat, nicht mit dem Fremdbi ld, das
andere von einem haben, überein.
Persf lnl i chkc i tumiktur nad] Df En c Berne. 1961
Das
Eltern-Ich
(EL) beinhaltet alle Auf–
zeichnungen des Gehirns und Erfahrun–
gen, die ein Mensch in seinen ersten 5 bis
6 Lebensjahren gemacht hat. Also alle
Regeln, Gebote, Verbote, aber auch Lieb–
kosungen und Fürsorge, die dem kleinen
Me n s c h e n zu t e i l we r d e n , die er
' Verhaltensweisen
unkomment iert hinnimmt und die ihn
sein ganzes Leben lang begleiten. Ob sich
ein Mensch im Eltern-Ich befindet, er–
kennt man an non verbalen Signalen,
wie z. B. gerunzelten Augenbrauen (als
Rüge), ausgestrecktem Zeigefinger (als
Hinweis, Gebot) oder an verbalen Äuße–
rungen wie z. B. „Wenn ich Sie wäre. . . " ,
„Das weiß man doch . . . " (Besserwissen),
„Das machen alle so. . . " , aber auch an
ve r s t ändn i s vo l l en Ges ten u n d dem
Wunsch, helfen zu wol len.
Im
Kindheits-Ich
(K) befindet man sich,
wenn einen die Wut gepackt hat, wenn
man neidisch auf den Erfolg des anderen
ist, wenn man schmol lt, trotzt (weinen–
des Kind) oder einen anderen dazu mani –
pulieren wi l l , dem eigenen Wi l len Folge
zu leisten. Andererseits liegt auch im
Kindheits-Ich die Wurzel der Kreativität,
die Neugierde.
Im
Erwachsenen-Ich
(ER) werden früher
gesammelte Informationen (der eigenen
Eltern, Vorbilder, gesellschaftliche Rah–
menbedingungen), Gefühle und Wünsche
(des Kindheits-Ich) mit Hilfe eigener Er–
fahrungen überprüft , um sie entweder
zu übernehmen oder zu verwerfen. Das
heißt, das Erwachsenen- Ich überprüf t
laufend alte Informationen auf aktuelle
Gültigkeit.
]e
weniger Widersprüche es
hierbei zwischen dem uns überlieferten
Wissen und der realen Welt gibt, desto
mehr Freiraum haben wi r für Kreativität.
Das Erwachsenen- Ich ist der anzustre–
bende Zustand, da es uns ermögl icht,
logisch zu denken, zu analysieren und
Schlussfolgerungen zu ziehen.
o hn e hier näher auf die eigent l iche
TTansaktionsanalyse eingehen zu wol len,
ist es wicht ig zu erkennen, dass man nur
optimal kommunizieren kann, wenn man
zwischenmenschl iche Tl-ansaktionen (Ak–
t ion: etwas sagen, tun; Reaktion: darauf
reagieren) besser versteht. Sich selbst
erkennen, mit den eigenen Stärken und
Schwächen besser umgehen lernen, wäre
ein erster Schritt zum Umgang mit Kon–
f l ikten und schwi e r i gen Gesprächs –
si tuat ionen.
Ein Beispiel aus der Praxis: Die Sekretärin
gibt ihrer Chefin die von ihr geschriebene
Post zur Unterschrift. Diese entdeckt, dass
der Brief nicht in der neuen Rechtschrei–
bung geschrieben wurde.
Sie sagt: „In unserem letzten Wochen–
gespräch hatten wi r doch vereinbart ,
dass wi r zukünft ig die neue Rechtschrei–
bung in unseren Anschreiben verwen–
den. Wieso haben Sie das nicht berück–
sichtigt? Immer muss man Ihnen alles
zweimal sagen." (kritisierendes EL)
Darauf die Sekretärin bestürzt : „Ich hab's
vergessen. Dass immer mir das passie–
ren muss." (weinendes K)
Wenn die Chefin jetzt tröstend (fürsorgli–
ches EL) bzw. sachlich (ER) antwortet ,
dass das kein Problem sei, wei l in der
Firma ja ein Konvert ierungsprogramm
existiert, dann kann kein weiterer Kon–
flikt entstehen.
Antwor tet sie jedoch in einer Ar t und
Weise, die das z. Zt. ohnehin angeschla–
gene Selbstwertgefühl der Sekretärin
(„Dass mir das immer passieren muss")
noch weiter beschädigt oder sie als Per–
son in Frage stellt, dann wi rd diese zwar
den Auftrag erledigen, aber die Kommu–
nikation zwischen beiden ist dauerhaft
gestört, wei l sich die Sekretärin dauer–
haft „nicht o.k." fühlt.
Sicherlich ist dies ein etwas plakatives
Beispiel, bei dem außerdem die betriebli–
chen Machtverhäl tnisse unberücksich–
tigt geblieben sind. Mögl icherweise fin–
det sich aber jeder von uns in der einen
oder anderen „Rolle" wieder
Situationen wie „Ich bin o.k. - Du bist
nicht o.k." verhindert teamorientiertes
Arbei ten, wei l sich einer der beiden Part–
ner dem anderen überlegen fühlt und
evtl . seine Machtmi ttel bewusst zur Un –
terdrückung des Schwächeren einsetzt.
Auch der umgekehrte Fall „Ich bin nicht
o.k. - Du bist o.k." verhindert eine Ände–
rung des Zustandes wegen der Unsicher–
heit evtl . sogar Angst dem Partner ge–
genüber und mangelndem Selbstwert–
gefühl . Der optimale Zustand wäre, wenn
beide „o.k." sind, wei l sich beide Partner
gegenseitig als Persönlichkeit akzeptie–
ren und Achtung entgegenbringen.
A. Harris sagt: „Der erste Schritt bei der
Überwindung von Hindernissen ist die
Erkenntnis, dass bei jeder Entscheidung
drei Datengruppen verarbeitet werden
müssen (EL, K, ER). . . .Das Erwachsenen-
Ich ist der Or t , wo die Dinge geschehen,
wo sich Hoffnung regt und wo Verände–
rung mögl ich ist."
Wie bleibt man nun, trotz ständigem
Stress und Leistungsdruck am Arbeits–
platz, im Erwachsenen- Ich? Es gibt kein
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