Seite 32 - 2000-04

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Controller
magazin
4/2000 - Placidus
Berger
von geistiiclier Bescliäftigung und nor–
malem Acht-Stunden-Arbeitstag lebt. Es
ist immerhin erstaunlich, dass bei der
Einschränkung des Lateinunterrichts in
den höheren Schulen und beim heutzu–
tage nicht gerade großen Interesse an
kirchlichen Traditionen unter jugendl i –
chen dennoch unter jungen Männern
und Frauen aus der Wirtschaft immer
einige sind, denen das Prinzip des Ora-et-
Labora bekannt ist. Manchmal staunt
sogar ein Mönch über die moderne Welt.
Es haben
woh l gerade Menschen, die
den Stress gut kennen, ein größeres Ver–
ständnis für die geistliche Dimension des
menschl ichen Lebens. Dies spüre ich
immerwieder ,wennich Controller durchs
Kloster führe.
striche machen muss, was die klösterli–
che Ordnung anbelangt. Das kann leicht
dazu führen,
dass der Künsüe r im Klo–
ster als eigens innig u n d stolz angese–
hen w i r d .
Ob
es ein Abt nun wagt , das obige
Zitat
anzuwenden, ist eine Ermessensfrage.
Ma n w i r d aber auf j eden Fal l mi t
Gesprächstherapie versuchen, ihn in den
Grenzen der klösterlichen Ordnung zu
halten. Das Problem kann aber auch bei
Handwerkern auftreten. So mancher Be–
triebsleiter im Kloster hält sich für einen
so guten Fachmann, dass er sich am
liebsten von niemandem mehr hineinre–
den lassen möchte und
das aufbaut ,
was man e i n „Kön i g r e i ch" ne imL Auch
.,'/A'
Andere Worte
aus der Regel des
hl . Benedikt
sind bereits früher im
Controller Magaz in (Seiten 308 ff./
1997) nachzulesen. Pater Anselm
Bi lgri
aus Andechs, ein auch aus
den Me d i e n w o h l bekann t e r
Mönch , hat einen Vortrag beim
Controller Congress 1997 gehal–
ten und alle wicht igen Prinzipien
der
Regel des Mönchsvaters Bene–
dikt dargestellt. Dem darf ich viel –
leicht noch ein Regel-Zitat hinzufü–
gen,
das für
uns normalerweise
nicht gerade eine große Rolle spielt,
aber be i Ber i chten aus der Ar –
bei tswel t v on heute wi ede r z um
Nachdenken anregt .
Im 57. Kapitel heißt es: „Sind
Hand –
werker im Kloster,
so sollen sie in
aller Demut ihr Handwerk aus–
üben, wenn der Abt es erlaubt.
Wenn einer von ihnen auf sein fach–
liches Können stolz ist, wei l er sich
einbildet, dem Kloster zu nützen,
dann soll man ihn von diesem Handwerk
wegnehmen und ihn erst wieder darin
arbeiten lassen, wenn er sich demüt igt
und der Abt ihn wieder beauftragt."
Die deutsche Übersetzung „Handwerker"
heißt im Lateinischen artifices, was man
auch mit Kunsthandwerker oder gar
Künstler übersetzen könnte. Bekanntlich
hat es in den Klöstern auch immer Künst–
ler gegeben. Nun weiß jeder, dass Künst–
ler besondere Menschen sind, die man
nicht über denselben Kamm scheren kann
wie die anderen. Das muss man einfach
anerkennen, und der Ausdruck „künstle–
rische Freiheit" heißt auch, dass man bei
solchen Mönchen schon einmal Ab-
jlrV\üu\
Generalprokurator Pater Dr. Berger im Controller-
Seminar-Raum in Ettersctilag
das ist eine Form von Stolz, gegen die
der
Abt und die Gemeinschaft etwas unter–
nehmen muss. Man wi rd nicht gerade
so
streng vorgehen, wie es Benedikt fordert,
aber das Grundpr inz ip muss gewahrt
bleiben. Keiner darf
du r ch „ An g e b e n "
mi t seiner Lei stung die Harmon i e der
b r üde r l i chen Gemeinschaf t
stören.
Wenn man nun aber versucht, das obige
Zitat einmal auf die heutige Arbei tswel t
anzuwenden, dann kommen einem eini–
ge Dinge in den Sinn. Benedikt sagt, der
Handwerker solle seineArbei t in aller
Demut leisten. Heutzutage einen Arbeits–
platz zu bekommen, ist ja nicht gerade
leicht. Wer dann endl ich einen gefunden
hat, hätte allen Grund, darüber nicht nur
froh zu sein, sondern auch bescheiden
zu bleiben. Es könnte ja auch ganz an–
ders sein.
Zu r Schau get ragener Stolz
am Arbe i t sp l at z stör t das Bet r iebs–
kl ima.
Benedikt würde das nicht dem
Privatleben und der persönl ichen Frei–
heit zurechnen, sondern dagegen vorge–
hen. Natüri ich hätte Benedikt bei einem
Phänomen w i e dem Mobb i ng
dasselbe
Prinzip angewandt .
Bei all dem darf man aber nicht verges–
sen, dass im Kloster die Dinge auch wie–
der ganz anders liegen. Hier ist ja
Pr ivat –
l eben u n d Berufsleben z um Tei l iden–
t isch,
und jeder kennt jeden wie in einer
Familie. Alle sitzen im gleichen Boot und
jeder weiß genau, dass jeder für je–
den mi tverantwort l ich ist. Besuchs–
delegationen aus dem kommunisti –
schen China stellen manchmal fest,
dass etwa das Prinzip des gemein–
samen
Eigentums und dami t das
Fehlen v on Pr i vateigentum eigent –
l ich eine Ar t Kommun i smus ist,
und sie staunen, dass
es bei uns
klappt, bei ihnen aber nicht. Unsere
Antwor t ist die oben schon ange–
deutete. In einer überschaubaren Ge–
meinschaft, wo jeder jeden kennt,
so man von einer Ar t Großfamilie
sprechen kann, ftjnktioniert so man–
ches, was in Staat und Gesellschaft
einfach nicht geht. Darum können
Zitate aus der Regel des hl . Benedikt
für das Wirtschaftsleben vielleicht
Anregungen geben, aber man kann
sie nicht einfach so übernehmen.
jedenfalls habe ich den Eindruck,
dass die Schnupperbesuche im Klo–
ster den Control lern immer wieder
Denkanstöße gegeben haben, eben–
so wie mir, der sie durchs Haus führ–
te. Der Gedankenaustausch ist immer sehr
vergnügl ich. Besonders beeindruckt sind
Controller, wenn ich berichte, dass ich als
Generalprokurator / Generalsekretär des
Missionsklosters St. Ottilien (zugehörige
16 Klöster international als sozusagen
Tochtergesellschaften) und
zuständig für
das Personal - u n d Informat ionswesen
auch viele St unden vor dem Comput er
sitze
- dann nicht gerade im geistlichen
Habit -
u n d Kommunikat ionspraxis pfle–
ge übe r Internet
/E-Mai l sinngemäß so,
wie es Controller in ihrer Informations–
verantwortl ichkeit für das Management
genauso machen.
Sowei t übe i ch im
Kl os ter ganz o r den t l i ch a u c h Con –
t rol ler funkt ion aus.
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