Controller
magazin 4/2000 - Sylvia Beutel / Gundula Wagenbrenner
QUALITÄTSMANAGEMENT–
HANDBUCH -
PROZESSORIENTIERT
- Ein Erfahrungsbericht anhand des Beispiels
Controller Akademie, Gauting/München
Sylvia Beutel
Gundula Wagenbrenner
von Dipl.-Ing. Sylvia
Beutel,
München, und Mag. Art. Gundula
Wagenbrenner,
Gauting
Wie
oder wo fängt man an, ein relativ
umfangreiches, in jahrelanger „Tüftelar–
be i t "
z u s amme n g e b a u t e s
Q M H
(Qual itätsmanagement-Handbuch) in ein
schlankeres, prozessorientiertes Hand–
buch - und ein solches „handl iches" soll–
te
es im eigentl ichen Sinne des Wortes
werden - umzugestalten?
Vor dieser Aufgabe stand das QM-Pro
jektteam der Control ler Akademie AG
Gauting (seit 1995 zertifiziert nach DIN
EN ISO 9001), bestehend aus den „Köp–
fen" Dr Albrecht Deyhle (Aufsichtsrats–
vorsitzender der Controller Akademie AG),
RA
Conrad Günther (Vorstand Control ler
Akademie AG), Dipl.-Ing. Sylvia Beutel
( TÜV Unternehmensberatungs -GmbH,
München) und Gundula Wagenbrenner,
Mag . A r t . ( Qua l i t ä t smanag emen t –
beauftragte der Controller Akademie) -
in Zusammenarbei t mit allen Kollegin–
nen und Kollegen des Unternehmens.
Die Frage nach dem „warum" für dieses
Projekt lässt sich ganz einfach beantwor –
ten: Seit der Einführung von ISO 9001
wurde das Handbuch immer umfangrei–
cher und folglich auch immer unüber –
sichtl icher Die Komplexität der einzel–
nen Elemente stand im Widerspruch zur
wü n s c h e n s w e r t e n „ A b b i l d u n g de r
Finnenreal i tät " .
Eine komplette Überar–
beitung war also erforderiich.
Praktisch hat das Team das „Handbuch"
auseinandergepflückt und
neu
zusam–
mengestellt, das eine oder andere auch
weggestrichen oder ergänzt - ohne da–
bei
die einzelnen Elemente oder Kapitel
der bisherigen ISO 9000 außer Acht zu
lassen. Da die Control ler Akademie seit
dem erstmaligen Ausstellen des ISO-Zer–
tifikats (1995) jedes lahr „auf Herz und
Nieren" vom TÜV-Audi tor geprüft wi rd,
wissen alle Mitarbeiter, dass das, was
man ins Buch hineinschreibt, auch abge–
checkt wi rd. Dabei stellt man sich gerne
selber eine Falle, wenn z. B. Sachverhalte
komplexer oder kompl izierter text l ich
formuliert sind, als sie in der Realität
gehandhabt werden.
Der
Vorgehensplan war,
alle Prozesse i n
der Fi rma jewei ls anhand eines Ablauf –
schemas darzustel len,
um den Umfang
des bisherigen Handbuches zu reduzie–
ren, die Struktur der Abläufe auf einen
Blick darzustel len - und das QMH benut–
zerfreundl icher zu gestalten (siehe z. B.
Ablaufplan in Abb . 3). Auch die Philoso–
phie des Unternehmens, die Ziele und
Vorgaben für die einzelnen Tätigkeits–
felder sollten besser hervorgehoben wer–
den, um
für die Mi tarbei ter reale Hi lfe–
stel lung u n d Stütze für das Wissens–
management z u sein.
Denn das Schick–
sal eines Handbuches soll ja nicht sein,
dass es traurig im Regal „vor sich hin–
schlummert", und keiner mehr hinein–
schaut . Ein neuer Mitarbeiter z. B. sollte
sich auf einen Blick informieren können,
„wer mit wem was zu tun hat".
1. Schritt: „Entdecken" der Prozesse
Zunächst wurde versucht , das ISO-Ge–
flecht aus Abläufen, Verantwort l ichen/
Verantwor t l i chke i ten , Organ i sat i ons –
einheiten, Checklisten und Formblättern
zu abstrahieren auf eine einfache graphi –
sche Darstellung nach dem Mot to „keep
it s imp l e " . U n d so en t s t and das
„ Sc hwung r ad der Cont rol ler Akade–
mi e "
(Abb. 1), das die verschiedenen
Prozessebenen und deren Ineinander-
greifen veranschaul icht .
Eine interessante Erfahrung war hierbei
die Namensgebung: Man „macht und
tut" im Unternehmen, aberman benennt
es intern oft gar nicht ausdrückl ich, oder
„amtl ich". Oder man
„entdeckt "
- über
die bereits anhand der bisherigen ISO
Norm erfasste Struktur hinaus -
neue
Prozesse,
die z. B. schon länger wi rken,
deren Bedeutung aber vielleicht bisher
noch gar nicht expl izit aufgeschrieben
worden ist (z. B.
Internet -Services) .
Die
Gliederung im alten Handbuch entstand
durch die Vorgabe der 20 Elemente - im
neuen QMH wurde das Grundgerüs t
durch die Prozesse konstruiert. Die Inhal–
te der ISO 9000 sind weiterhin maßgeb–
l i ch , sie wu r d e n dahe r be i de r
prozessorientierten Struktur in den je–
weiligen Flow Charts integriert.
Im konkreten Fall hieß das, in jede Abtei –
lung der Control ler Akademie zu gehen
und die Mitarbeiter zu fragen, „ob das im
Schaubi ld denn stimmt", wie die Abtei –
lungen ihre Prozesse benennen möch–
ten, falls im alten QMH noch nicht festge–
halten (z. B. Post- und Adressdienste) -
und ob das auch intern „klar" ist, wie es
dann im Ablaufplan dargestellt ist. Das
Rad wurde also nicht neu erfunden, aber
die Konstruktion der Nabe und der Spei–
chen vielleicht in eine andere Perspektive
gerückt . . .
Im Beispiel (Abb. 1) drehen sich die drei
Pr ozes sebenen geme i nsam in eine
Richtung,
die das
Untemehmen Controller
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