Seite 22 - 2000-04

Basic HTML-Version

C o n t r o l l e r
magazin 4/2000 - Bernhard Böhm
Der EBTMultipJe errechnet sich im Bei–
spiel als Kehrwert des Eigenkapitalkosten–
satzes von 15 % zu 6,7 (also — ) . Ana
log folgt der EBIT-Multiple von 10, 6 als
Kehrwert der gewichteten Kapitalkosten
WACC = 9,4 % (2°°. ).
9,4
'
Während der Unternehmenswert auf EBT
Basis als Wert des Eigenkapitals mit dem
rechner ischen Kaufpreis ident isch ist,
müssen bei der EBlTBewertung noch die
z inst ragenden Netto-Verbindl ichkei ten
nach Abzug der l iquiden Mi ttel auf der
Basis aktueller Bi lanzwerte vom Unter–
nehmenswert abgezogen werden, da sich
der vom Käufer zu zahlende Kaufpreis
lediglich am Wert des Eigenkapitals ori –
entiert. Die Netto-Verbindl ichkeiten um–
fassen beispielsweise nicht die erhalte–
nen Anzahlungen auf Bestel lungen, die
Verbindl ichkeiten aus Lieferung und Lei–
stung und nicht zinstragende sonstige
Verbindl ichkeiten wie aus Steuern und
im Rahmen der sozialen Sicherheit. Bei
exakter methodischer Betrachtung die–
nen die Netto-Verbindlichkeiten als Schät–
zer für den Barwert des Fremdkapitals.
Bei der Größe EBITDA handelt es sich um
das operative Ergebnis vo r Steuern und
Zinsen zuzügl ich der Abschreibungen auf
das immatenelle und materielle Anlage–
vermögen. EBITDA ist deshalb ein einfa–
cher Schätzer für den Brutto-Cash-Flow
des Unternehmens und wi rd insbeson–
dere von angelsächsischen Investment–
banken häufig als Bezugsgröße zur Be–
st immung des Untemehmenswer ts her–
angezogen. Der EBITDA-Mul t iple wi rd
dabei heur ist isch aus anderen Unter –
nehmensakquisi t ionen innerhalb dersel–
ben oder verwandter Branchen abgelei–
tet. Da auch dieser Ansatz zunächst von
der Finanzierungsstruktur abstrahiert,
müssen zur Best immung des Kaufprei–
ses wie bei der EBlTBewertung die zinst–
ragenden Netto Verbindl ichkeiten vom
errechneten Unternehmenswert abgezo–
gen werden.
Über die Var iat ion der |ahresgewich-
tungen sowie der Multipl ikatoren kön–
nen nun mit Hilfe des obigen, auf einfa–
che Weise in EXCEL umsetzbaren Rechen-
tableaus verschiedene Szenarien durch–
gespielt und ein „angemessenes" Preis–
intervall bestimmt werden.
In der Praxis ist häufig zu beobachten,
dass der Kaufpreis zu seiner Beurteilung
in Relation zum Umsatz gesetzt wi rd oder
sogar prozentual aus diesem abgeleitet
wi rd. Bei dieser methodisch grundsätz–
lich falschen Vorgehensweise wi rd ver–
gessen, dass der Umsatz zwar das Volu–
men, nicht aber den ökonomischen Er–
folg der Geschäftstätigkeit beschreibt und
deshalb grundsätzl ich nicht als Bezugs–
größe zur Ablei tung des Unternehmens–
wertes oder des Kaufpreises geeignet ist.
Die auf EBT-, EBIT und EBITDA-Basis er–
rechneten Kaufpreise werden im Rechen-
tableau zwar ebenfalls ergänzend als Pro–
zentsatz der aktuellen Umsatzerlöse dar–
gestellt; der Umsatz dient dabei jedoch
nur als einfacher Vergleichsmaßstab zur
Beurteilung der ermittelten Kaufpreise
und nicht als Grundlage ihrer Ablei tung.
Der wesent l iche Nachtei l der ertrags–
or ient ierten Methoden besteht dar in,
dass Erfolgsgrößen und keine oder nur
unzureichende Zahlungsgrößen zur Be–
st immung des Untemehmenswer ts her–
angezogen werden. Insbesondere wer–
den keine Investitionen als kapazitätser-
haltende bzw. -erweiternde Maßnahmen
berücksichtigt. Die EBITDA-Größe schließt
zwar Cash-Flow-Komponenten über die
Abschreibungen mit ein, vernachlässigt
aber die Bindung liquider Mi ttel in Inve–
stitionen und im Umlaufvermögen.
2. 3 Bewertung auf Basis des freien
Cash Flows
Die
Unternehmensbewertung auf Basis
des freien Cash Flows ist eine Erweite–
rung der ertragsorientierten Methoden.
Die
Akquisi t ion gilt als vortei lhaft,
w e n n
der Barwer t der zukünf t i gen Zahlungs –
st röme, die du r ch die operat ive Ge–
schäf tstät i gke i t des Un t e r n e hme n s
gener ier t we r den , größer ist als der
Kaufpreis.
Der freie Cash Flow berück–
sichtigt dabei Investitionen in das Anla–
gevermögen und in das Working Capital
bzw. Netto-Umlaufvermögen nach Ab
zug der nicht zinstragenden Verbindl ich–
keiten. Der freie Cash-Flow kann grund–
sätzl ich vor und nach Steuern berechnet
werden. Sollte die Akquisi t ion jedoch nur
nach Steuern vortei lhaft sein und zu ei–
nem Wertzuwachs des akquirierenden
Unternehmens führen, so ist kritisch, dass
die dem Bewertungsmodel l zugrunde lie–
genden Steuerannahmen tatsächlich ein–
treten (vgl. Mosch, B. (1997), S. 414). Aus
Vereinfachungsgründen wi rd an dieser
Stelle ein Model l zur Bewertung vor Steu–
ern vorgeschlagen.
Der freie Cash-Flow wi rd ermittelt über
EBIT = (Betriebsergebnis vor Zinsen
und Steuern)
-t- Abschreibungen
= EBITDA
+ Z u f ü h r u n g e n z u Pens i ons r ück -
stel lungen
= Brutto-Cash-Flow vor Steuern
-
verfügte Investitionen
± Veränderungen des Netto-Umlauf -
vermögens
= freier Cash-Flow vor Steuern
-
Steuern
= freier Cash-Flow nach Steuern
Wi rd erneut unterstellt, dass die Lebens–
dauer des Unternehmens unendl ich und
der freie Cash-Flow in Zukunft konstant
ist, so errechnet sich der Unternehmens–
wert UW erneut nach der Formel der
ewigen Rente FCF zu
UW =
FCF
Der Schätzer für die ewige Rente wi rd
wieder aus Vergangenheits-, Budget- bzw.
Vorschau- und Planwerten abgeleitet. Die
Datengrundlage zur Ermittlung des frei–
en Cash-Flows bi lden die Bilanz, die Ge–
winn- und Verlustrechnung, historische
Invest i t ionsverfügungen (etwa aus der
Betriebsstatistik) sowie die Investitions–
planung. Plan-Bilanz und -GuV sind Be–
standteil der Unternehmensplanung des
Akquisitionsobjekts.
Der Betrachtungszeitraum und die ein–
zelnen [ahresgewichtungen werden wie
bei der ertragsorientierten Bewertung
gewähl t .
Als Diskontierungs- bzw. Kalkulations–
zinsfuß werden analog zur EBlTBewer–
tung die gewichteten Kosten auf das Ei–
gen- und Fremdkapital WACC herangezo–
gen. Ist das Akquisitionsobjekt Eigentü–
mer von nicht-betriebsnotwendigem Ver–
mögen, so muss dessen Marktwer t zur
Best immung des Untemehmenswer ts
zum Barwert der ewigen Cash-Flow-Rente
addiert werden.
Da der Unternehmenswert auf Basis des
freien Cash-Flows wieder den Wert des
Gesamtkapitals misst, müssen erneut die
zinst ragenden Netto-Verbindl ichkei ten
zur Bestimmung des Kaufpreises abge–
zogen werden.
2. 3. 1 Anwendungsbe i sp i e l
Tabelle 2 zeigt ein Rechentableau für die
Unternehmensbewertung auf der Grund–
lage des freien Cash-Flows. Die Berech–
nung des freien Cash-Flows setzt direkt
304