Seite 20 - 2000-04

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magazin 4 / 2000 - Bernhard Böhm
Werteverzel ir über die Abscl i reibungen
sowie die Bi ldung stiller Reserven und
stiller Lasten. Der Käufer orientiert sich
beim Substanzwert an der Idee der Re–
konstrukt ion des Unternehmens und ist
lediglich bereit,
den j en i gen Preis zu be–
zahl en , den er be im Aufbau eines iden–
t i s c h e n U n t e r n e h m e n s b e z a h l e n
müsste.
Wi rd die Substanz der Untemehmens
nicht unter der Annahme der Fortführung
des Geschäfts, sondern unter der
An –
nahme des Verkaufs der Vermögens –
gegenstände bewer tet , so erhäl t man
d e n L i q u i d a t i o n s w e r t de s Un t e r –
nehmens .
Die
S u b s t a n z we r t - Me t h o d e
ist
vergangenhei tsor ient ier t , lässt keine
Rückschlüsse auf zukünf t ige Erträge,
Cash
-Flows oder Erfolgspotentiale zu und
ist übe r die Be s t immung de r Tei l –
rekonstruktionswerte zudem viel zu auf–
wendig. Qual itative Größen wie Know-
how, Marktzugang, Markenimage, Orga–
nisation etc., die entscheidend das
Er–
tragspotential des Unternehmens prä–
gen, werden überhaupt nicht berücksich–
tigt. In seiner Anwendung ist die Metho–
de zudem stark auf produzierende Un–
ternehmen zugeschni tten, da insbeson–
dere
D i e n s t l e i s t u n g s u n t e r n e hme n
typischerweise nicht über umfangreiche
Sachanlagen und Vorräte verfügen.
In abgewandel ter Form kann das Verfah
ren dennoch einige wicht ige Anhal ts–
punkte geben: Interpretiert man den
Substanzwert in bilanzieller Hinsicht als
das um stille Reserven und stille Lasten
korr igierte Eigenkapi tal , so dient die
Substanzwert -Methode der zusammen–
fassenden Überprühjng der wicht igsten
Bi lanzpositionen und ihrer Bewertungs–
ansätze. Bei einem produzierenden Un–
ternehmen sind dies neben der Vollstän–
digkei t der Kapi taleinlagen und der
Ordnungsmäßigkeit früherer Kapitalerhö–
hungen übl icherweise die Werthaltigkeit
> des immateriellen Anlagevermögens,
insbesondere von Patenten,
> der Sachanlagen, neben Maschinen
i nsbesonde r e der Gebäude und
Grundstücke,
> der Vorratsbestände,
> de r F o r d e r u n g e n u n d
de r en
Einbringl ichkeit
sowie die Angemessenheit
> der Abschreibungen auf das Anlage–
vermögen,
> der Abschreibungen und Wertberich–
t igungen auf die Vorräte und Forde-
mngen,
> der Rückstel lungen für etwaige zu–
künft ige Zahlungsverpf l i chtungen,
insbesondere für Pensionen.
Zur Beurteilung des Eigenkapitals müs–
sen noch weitere Wertansätze aus der
Ergebnisrechnung des Unternehmens
analysiert werden. Dies ist besonders bei
Tochtergesel lschaften innerhalb eines
größeren Konzernverbundes der Fall. In
diesem Fall sind neben dem Volumen der
Innenumsätze insbesondere die Ange–
messenheit der zugrunde gelegten inter–
nen Verrechnungspreise zu überprüfen.
Erfolgt die Finanzierung des Unterneh–
mens über ein Dar lehen der Mut ter -
gesellschaft(en), so muss die Angemes–
senheit der an diese zu entrichtenden
Zinsen überprüft werden. Mögl iche Sub
vent ionierungen brechen nach der Ak–
quisition meist sofort weg und haben
dann eine dramatische Verschlechterung
der Ergebnissituation zur Folge. Sie rela–
tivieren darüber hinaus auch einbehalte-
ne historische Gewinne als Bestandteile
des Eigenkapitals.
Werden im Fall des Wechsels des Eigen–
tümers (change of control) die aufgedeck–
ten stillen Reserven und Lasten in der
E r ö f f nungsb i l anz abgebi ldet , so be–
stimmt das korrigierte Eigenkapital über
die Differenz zum ausgehandelten Kauf–
preis den in der Konzernbi lanz auszuwei –
senden und in der Konzern-Gewinn- und
- Ve r l us t r echnung ab zus ch r e i benden
Good-Wi l l . Dieser belastet das zukünf –
tige Konzernergebnis, nicht aber den
Cash-Flow. In der Praxis kommt das
Subs tanzwer t ver fahren häuf ig ergän–
z end zu r Bes t immung einer Prei sun–
tergrenze
bei ertragsschwachen Unter–
nehmen zum Einsatz.
2.2 Ertragsorientierte Methoden
Bei den ertragsorientierten Methoden
bildet der dauerhaft erzielbare diskon–
tierte Gewinn die Grundlage zur Mes–
sung des Untemehmenswerts. Dabei wi rd
die Annahme getroffen, dass sich der
Unternehmenswer t an der Fähigkeit des
Unternehmens orientiert, mit dem Ein–
satz der bestehenden Ressourcen nach–
haltige Ergebnisse zu erzielen.
Der Ertragswert EW errechnet sich bei
endl icher Lebensdauer n des Unterneh–
mens formal als Barwert der zukünft igen
Gewinne G^ unter Berücksichtigung des
Kalkulationszinshjßes i und eines fikti–
ven Liquidationserlöses L :
EW = I & .(1
-f
- i) '
-f Ln
(1 + \)"
t - i
Meist werden zur Berechnung des Er–
t ragswer ts jedoch die beiden verein–
fachenden Annahmen getroffen, dass der
Gewinn G in Zukunft konstant bleibt und
dass die Lebensdauer des Unternehmens
unendl ich ist. Der Ertragswert EW ent–
spricht dann dem Barwert der ewigen
Rente G
E W =
und errechnet sich über den Multiplika–
tor — und den Schätzer G für die ewige
Rente.
Im praktischen Gebrauch werden bei den
er t ragsor ient ier ten Me t hoden haupt –
sächl ich zwei unterschiedl iche Bezugs–
größen verwendet . Die Gewinngrößen
berechnen sich grundsätz l ich auf der
Bas i s b i l anz i e l l e r bzw. f i nan zw i r t –
schaftlicher Werte. Wi rd das Vorsteuer–
ergebnis (EBT = Earnings Before Taxes)
nach Abzug der Fremdkapitalzinsen als
Gewinngröße betrachtet, so entspricht
der dazugehör ige Ertragswert dem Wert
des Eigenkapitals des Unternehmens. Bei
Betrachtung des operativen (Betriebs-)Er-
gebnisses vor Zinsen und Steuern (EBIT
= Earnings Before Interests and Taxes)
misst der dazugehör ige Ertragswert den
Wert des Gesamtkapitals des Unterneh–
mens unabhängig von der Finanzierungs–
st ruktur
Zur Ablei tung des Schätzwertes für die
ewige Rente wi rd normalerweise auf
Vergangenheits- und Budget bzw. Plan–
werte zurückgegriffen. Häufig werden die
letzten drei Vergangenhei tsjahre, das
aktuelle )ahr im Budget bzw. der Vor–
schau sowie die nächsten drei bis maxi –
mal fünf Planjahre berücksichtigt.
Der Schätzer errechnet sich dann als ge–
wichteter Durchschnitt der jeweiligen Ist–
bzw. Planwerte in den einzelnen lahren.
je nach wirtschaftl icher Dynamik und
Planungsunsicherheit werden historische
und zukünftige Werte mit zunehmendem
Abstand schwächer gewichtet oder ganz
aus der Betrachtung ausgeschlossen.
Vergangenheitswerteder Ergebnisgrößen
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