Controller magazin
4/2000
nur dann langfristig sichern können,
wenn es gelingt, aus dem vorhandenen
Controller- und Manager -Wissen durch
einen dynamischen Kooperationsprozess
ein neuartiges, schöpferisches Wissen für
das Unternehmen zu generieren und
dami t die Produktivität des eingesetzten
Human- und
Finanzkapitals zu steigern.
Manager und Controller sollen sich durch
Entscheidung und Tat erproben dürfen,
wozu sie sich in der Lage sehen. Denn
wer Talent und Fähigkeiten zu haben
glaubt, darf nicht behindert werden.
Sieht
er auch nu r e i nen e inz i gen Hemm–
schuh , w i r d er dor th i n gehen , wo er
s ich frei entfal ten kann .
Für
den Controller heißt das, dass er ein
derivatives Wissen über das Wissen um
des Wissens wi l len generieren muss: In–
formation, Qual ität, Dienstleistung und
Wissenschaftlichkeit. Es werden also jene
Eigenschaften nachgefragt, die die Lern–
bereitschaft und das Lernen selbst signa–
lisieren, so dass der Erkenntnisfortschritt
für den Control l ingprozess vor dem Ver–
alten bewahrt werden kann. Das heißt,
der Controller praktiziert ein selbständi–
ges Denken mit und hat die intellektuelle
V e r f ü g u n g s g ewa l t
übe r d i e neue
Informations- und Kommunikationstech–
nologie von Computer
und
Internet.
Das Neue an diesem neuen Wissen
ist
nicht so sehr die neue Technologie, son–
dern
die neue Dimens i on der räuml i –
chen Expans i on u n d der gleichzei t i –
gen i nt erdependent en Ver f lechtung.
Wegen des globalen Wettbewerbs kommt
der unternehmensinternen Liquiditäts-,
Rentabilitäts- und Finanzierungspol itik
eine herausragende Bedeutung zu, wenn
die Produktivitätsfortschritte mit sinken–
den Preisen an die Endverbraucher wei–
tergegeben werden sollen. Sinkende Ver–
kaufspreise können zwar nicht den Wert
eines Gutes in den Augen der Nachfrager
senken. Aber dadurch kann eine sinkende
Nachfrage ausgelöst werden, die die Wett–
bewerber zu weiteren Preiszugeständnis–
sen veranlassen könnte. Hier gilt es sei–
tens des Controllers rasch zu reagieren,
indem er zu Erhaltung der Liquidität mit
finanzwirtschaftlichen Instrumenten auf
dem Finanzmarkt zu intervenieren weiß.
Eine solche prekäre Finanzsituation kann
auch auf die Rolle und das Selbstver–
ständnis des Controllers durchschlagen.
Er kann dann nur noch mit verstärkten
Anst rengungen seine Flexibilität, Anpas–
sungsfähigkeit und Spezialisierung un–
ter Beweis stellen, indem er sich wie ein
selbständiger Unternehmer prof i l iert .
Derzeitig sind die Control ler in den rei–
chen Ländern zu einer solchen Kehrt–
wendung nicht in der Lage, wei l sie einen
Verlust ihres Einflusses auf alle Führungs–
kräf te und einen Ver l us t ihrer Ver –
hand l ung smach t be f ü r ch t en . Dabei
zeichnet sich jetzt schon ab, dass zu–
kün f t i g die Con t r o l l e r in e i ner
globalisierten Welt nur überlebensfähig
sein werden, wenn sie als Ratgeber, Ver–
mittler oder als Makler, eben als Dienst–
leister für ihr Management auftreten.
Auch an ihnen liegt es, den gesellschaft–
lichen TVend von einer Dienstleistungsge–
sellschaft zu einer Wissensgesellschaft
zu unterstiiuen und zu ebnen.
4. Abkehr von der kollektivistischen
Zweier-Beziehung zwischen Manager
und Controller
Auf der psychologischen Ebene der Wer–
tungen und Verhaltensweisen läßt sich
unschwer für die Rolle des Controllers
eine Loslösung von der Gruppenprägung
und eine Hinwendung zu einer individu–
ellen Einstellung Hakung konstatieren.
Dieser Trend korrespondiert mit seinem
genuinen Wissenproblem. Das Wissen
des Controllers setzt einen freien, neu–
gierigen, findigen Geist voraus, der eine
konkrete Problemlösung durch Improvi –
sation und Gedächtnisarbeit zu leisten
versucht. Ausgangspunkt einer solchen
Leistung ist immer eine konkrete, indivi –
duelle Entscheidungssituation einer Füh–
rungskraft, niemals die eines Kollektivs.
Selbstverständl ich kann eine Gruppe
kreativ und innovat iv sein, wenn sich die
Mitgl ieder selbst auf den Prüfstand stel–
len dürfen. Wi rd dieser freiwillige Selbst–
prüfungsversuch durch Gruppendruck
oder -zwang be- und/oder verhindert , ist
die kollektive Leistung einer Gruppe ge–
ringer zu veranschlagen als die eines Ein
zelnen. Erst wenn jeder Einzelne sich im
Wettstreit mit jedem anderen hat verglei–
chen und messen dürfen, gewinnt seine
intellektuelle Wissensleistung jenen Stel–
lenwert, der aus der Menge herausragt.
Auch bei einer individuel len Arbeits- und
Wissensleistung eines Controllers wi rd es
bei aller Meinungsvielfalt immer wieder
Gegenbewegungen geben, mit denen sich
das tradierte gegen das neuartige Wissen
zur Wehr setzt. Denn kritische Stimmen
machen sich Sorgen um den Erhalt der
traditionellen Wertemuster und Grund–
einstellungen. Daher wäre ein Controller,
der allein auf das Neue setzt, gut beraten,
sich Gedanken darüber zu machen, war–
um seitens der Kritiker so getan würde,
als wüssten sie um den Preis, der für die
Globalisierung bezahlt werden müsste,
aber den Mehrwert wider jegliche Ver–
nunft leugnen, der mit dem neuen Wis–
sen hätte erzielt werden können.
Die soziale Käke, die der Global isierung
vorgeworfen wi rd, ist die Ausgeburt ei–
ner schranken- und hemmungs losen
Marktwi rtschaft , im Gegensatz zu den
allseits vertrauten und daher tradierten
Umgangsformen, die in der freien Ver–
kehrsgesellschaft bisher übl ich waren.
Denn für die reichen Länder zeichnet sich
mit der Globalisierung ab, dass ihre är–
meren Schichten benachteiligt werden,
während durch den freien Finanzkapital-
Transfer die Sparer, Kapitaleigner, Anle–
ger, Aktionäre, Unternehmer und Mana–
ger begünst igt werden. Hinzu kommt ,
dass der Staat , im Wet tbewerb um
I nves t i t i ons s t ando r t e und güns t i ge
Steuerbedingungen, weniger finanziellen
Spielraum geltend machen kann, seine
Ausgaben- und Aufgabenpol itik zur so–
zialen Umvertei lung zu nutzen. Der Staat
muss sich in seiner Finanzierungspol itik
darauf beschränken, was nur er zu lei–
sten im Stande ist.
Diese ve r t i ka l e Ve r t e i l ungs - ode r
Gerechtigkeitslücke, in der die Reichen
immer reicher und die Armen immer är–
mer werden, speist sich aus der zuneh–
menden Globalisierung der Märkte und
aus dem beschleunigten technischen Fort–
schritt. Gerade in den sehr reichen Län–
dern tritt dieser Spreizeffekt in extremem
Ausmaß zu Tage, wei l sich die Chancen
fiir die Neugierigen und Mobi len immer
mehr öffnen, während die Unmobi len,
die Schwachen und Ausgelaugten sich
dem Wettbewerb der Aufsteiger stellen
und beugen müssen. Die weniger qualifi–
zierten Mitarbeiter in einem Unterneh–
men erleiden Einkommensveriuste - und
zwar nicht nur relativ oder nominal , son–
dern absolut und real.
Aber in einem Führungsgremium eines
Unternehmens sollte es doch anders zu–
gehen, wi rd allgemein unterstellt. Wenn
es schon nicht allen Managern und Con-
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