Cont ro l l er magaz i n 4/2000
DER SCHÖPFERISCHE AUFTRAG
DES CONTROLLERS DURCH DIE
GLOBALISIERUNG
von Dipl.-Voll<swirt Gertiard
Römer,
Hamburg
Gerhard Römer, Friedensweg 1
a,
22609 Hamburg
(Foto: Jens Kraglund)
Vor der Global i s ierung g ibt es eine
unbegreifbare Angst , dass das bewusste
Gestal ten der Unternehmensf i Jhrung
immer mehr erschwert werde. Dieser
An g s t v o r e iner En t äuße r un g u n d
Entindividual isierung zwischen Manager
und Controller gilt es entgegenzutreten.
Zu ihrer Aufhebung kann ein Innehalten
und Nachdenken zu Beginn des neuen
Mi l leniums über eine erneuerte Ar t und
VJeise
des Control l ingprozesses im wei –
teren Zeitablauf beitragen. Innerhalb die–
ses Zeitpfeiles, der aus der unmittelba–
ren Vergangenheit bis weit in die Zukunft
reichen soll, gibt es eine Fülle von An –
t r i eb s k r ä f t en ,
d i e
auf
den
Control l ingprozess einwirken und des–
halb hier erörtert werden sollen.
1.
Ein kurzer Rückblick auf die
Controller-Arbeit
Zum nachdenkl ichen Zurück- und Vor–
ausdenken gehört auch, dass man sich
an wesentl ichen Wegmarken des histori–
schen Control l ingprozesses erinnert. Der
Cont rol l ingprozess ist ein induzier ter
Anpassungsprozess. Der Wandel und die
Entwicklung neuer Cont rol l ing- Inst ru–
mente oder neuer Control l ing-Konzeptio–
nen wu r d e aus der ökonomi s c hen
Bedarfsnotwendigkeit geboren. Der Con–
troller agierte dabei als Interpret und
Visonär seiner Erkenntnisse und handel –
te nach einem selbstgestellten, schöpfe–
rischen Auftrag.
Mi t der Einführung des Control l ing in
Deutschland wurde auf operativer Ebene
die flexible Plankosten- und Deckungs–
beitragsrechnung übernommen. Im Zeit–
verlauf schloss sich eine strategische
Ausprägung mit der strategischen Un –
ternehmensplanung an. Mi t der wach–
senden Erkenntnis, dass der Antei l der
Proportionalkosten an den Gesamtkosten
immer weiter sinkt, wuchs der Bedarf,
eine Kostenrechnung zu finden, die die
Fb<- oder Gemeinkosten auch für den
unternehmer ischen Gestaltungsprozess
zu operationalisieren vermag. Mi t der
Prozesskostenrechnung wurde ein sol–
ches Rechenschema gehenden. Ein wei –
teres Schema, das sowohl alle Proportio–
nal- wie Gemeinkosten über die gesamte
Lebensdauer eines Projekts einschließt,
einschließlich seiner investiven Vorlauf–
kosten, wurde mit Zielkostenrechnung
konstruiert.
Für alle diese Rechenschemata gibt es im
Zeitablauf ein Auf und Ab ihrer Anwen–
dung. Diese wel lenförmige Aufschwung-
und Stockungsbewegung bei der Anwen–
dung der unter sch i ed l i chen Kosten–
rechnungssysteme ist mit der konjunk–
turel len Wel lenbewegung des makro–
ökonomischen Wi r tschaf tswachstums
vergleichbar Ob sich aber hinter diesen
We l l enbewegungen des Cont ro l l i ng –
prozesses Gesetzmäßigkeiten verbergen,
die in die Zukunft extrapol ierbar sind, ist
schwer vorherzusagen. Aber es scheint
mir immer wieder Impulse von außen zu
geben, die die Arbeit des Controllers in
Schwingung versetzen und bereichern.
Mich interessieren dabei nicht so sehr
diese Zyklen, als vielmehr die mittelfristi–
gen, trägen Trends und absehbaren Ver–
änderungen im institutionell festgefügten,
selbstorganisierten Control l ingprozess
zwischen Manager und Controller
2. Die guter- und finanzwirtschaft–
lichen Handelsströme im Widerstreit
In
der
volkswirtschaftl ichen Konjunktur–
lehre w i r d zw i s chen zwe i Hande l s –
st römen differenziert. Dabei sind der
güterwi r tschaf t l i che und der f inanz –
wirtschaftl iche Zyklus zum einen nicht
gleich lang, und zum anderen beginnen
sie auch nicht gleichzeitig. Dadurch sind
die empirischen Gründe für ihre spezifi–
schen Verlaufsursachen statistisch recht
schwer zu ermitteln.
In der untemehmenspol i t ischen Praxis
ist
etwas Anderes zu beobachten:
der
güterwirtschaftl iche Strom verliert merk–
l ich an Bedeutung und
de r f i nanz -
wi r tschaf t l i che erober t ni cht nu r zu –
nehmend die Aufmerksamkei t des Ma–
nagements,
sondern er löst sich von dem
güterwirtschaftl ichen Handelsstrom und
operiert auf einem eigenständigen Markt–
segment. Das hat Folgen für die Qual ität
und Dimens i on der Hande l ss t röme :
aus den reichen Ländern der Ersten und
Zweiten Welt wi rd die gütenA^irtschaftliche
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