Seite 56 - 1999-02

Basic HTML-Version

Controller magazin
2/99
KOSTGÄNGER ODER
NUTZENSTIFTER
Reflexion zur Funktion
des Controllers
Polarisierende Semantik / Wissensmanagement durch In–
formationskontrolle / KonTraG stärkt Controllerfunktion /
Schwachstellen identifizieren und beseitigen
von Dipl.-Kfm. Walter
Wiemer,
Frankfurt am Main
Walter Wiemer, Jg. 1959, Dipl.-Kfm. und Dipl.-
Betriebswirt, ist nach Controller-Stationen in der
Computer-und ft^ineralölindustrie seit 1997fürdie
EntwicidungmodemerSteuenjngs-undPlanungs–
werkzeuge im Immobilienbereich einer Finanz-
und Dienstleistungs-Holding verantwortlich
Was machen Controller? In Gütersloh beispielsweise sollen sie auf jedem Baum sitzen. Zumindest will Helmut
Thoma,
ausgeschiedener
Chef der Bertelsmann-Tochtergesellschaft
RTL dies laut einem Bericht in der Süddeutschen Zeitung (v. 17. 10.
98) festgestellt haben. Andere Zeitgenossen sehen in ihnen Erbsenzähler (vgl. Handelsblatt v. 24. 5. 1996) - die vielleicht dabei
sogar noch in Baumkronen thronen. Für Helmut Werner hingegen, den erfolgreichen Ex-Vorstandsvorsitzenden
von Mercedes,
ist der Controller ein wichtiger Schlüssel zum Unternehmenserfolg,
wenn er konstatiert (vgl. WIRTSCHAFTS WOCHE Nr 43/1997):
Jch habe dafür gesorgt, immer den härtesten Controller neben mir zu haben, den ich finden konnte."
Scheinbare Janusköpfigkeit des
Controllers
Bei aller Widersprüchl ichkeit haben die
aufgeführten Statements einen gemein–
samen Nenner. Sie zeigen, daß die mit
dem Begriff Controller verbundenen As–
soziationen eine nicht unerhebl iche Po–
larisierung hervorrufen können. Für man–
chen scheint der Control ler schlicht eine
Reizfigur zu sein - im guten wie im weni –
ger guten Sinne.
Klopft man das von Thoma gezeichnet
Control lerbi ld, das in seiner lächerlichen
Absurdi tät kaum noch steigerbar ist, auf
seinen Kern ab, wi rkt es schon gar nicht
mehr so lustig. Das Lachen bleibt einem
spr ichwört l ich im Halse stecken, wenn
der Controller, der kraft Profession das
Postulat der Wirtschaftlichkeit in Rein–
kultur verkörpern soll, selbst als Proto–
t yp der Ineffizienz dargestellt wi rd. Ein
Typ also, der, statt die Betriebsabläufe zu
schmieren, selbst noch Sand ins Getriebe
streut. Der Controller als Ant i t yp - als
Saboteur Thomas Control lerbi ld ist so–
mit um Lichtjahre von dem Helmut Wer–
ners entfernt. Werner sieht
den har ten
Cont rol ler als Mo t o r der Produkt i v i täL
Sein
Cont rol ler stiftet Nut zen .
Derjeni–
ge, der die Wirtschaftlichkeit überwachen
soll, arbeitet - anders als bei Thoma -
selbst wirtschaftl ich. Statt abschreckend
wi rkt er vorbi ldhaft .
Die scheinbare lanusköpfigkeit - Kost–
gänger und Nutzenstifter - , die viele im
Controller sehen, ist zwar schillernd, wirkt
aber alles andere als vertrauensstiftend.
Das Control lerimage als Reizfigur wi rd
lediglich bestätigt. Dies ist umso bedau–
erlicher, als schon viele rein semantisch
den Controller für einen Kontrolleur hal–
ten. Kontrolleure aber liebt man nicht.
Sie werden bestenfalls geduldet. Con–
trolling verstanden als Kontrolle ist zu–
dem eine Mogelpackung. Kontrolle ga–
rantiert alles, aber zugleich auch nichts.
Der best immt nicht auf zu wenig Kontrol–
le zurückzuführende Zusammenbruch
der DDR hat dies anschaul ich gezeigt.
Selektive Wahrnehmung: Controlling
gleich Kontrolle
Daß Control l ing sehr häufig immer noch
mit dem Terminus Kontrolle gleichgesetzt
wi rd,
sol lte gerade uns Cont rol ler zu r
Selbst ref lexion veranlassen.
Aus dem
Marketing wissen wir, daß der Kunde nur
das als Qual ität ansieht, was er auch als
solche subjektiv wahrnimmt .
Das v o n
seinen Produkteigenschaf ten her be–
ste Produkt w i r d z um Flop, we n n es
n i cht richtig kommun i z i er t w i r d .
Das
beste Control l ingkonzept ist zum Schei–
tern verurtei lt, wenn die Mit-Betroffenen
durch Denkschablonen - Control l ing =
Kontrolle - und Vorurteile blockiert sind.
Um mit Thoma zu sprechen: Viele Con–
troller müssen zunächst mal von ihren
Bäumen hemnterkommen. Nur wer per–
manent in Augenhöhe mit dem vom Con–
trolling Betroffenen kommuniziert, kennt
deren Einstel lungen, Bedürfnisse und
Wünsche und weiß folglich „wo der Schuh
drückt". Von der Problemlösungskompe–
tenz des Controllers hängt es dann ganz
alleine ab, ob die „Druckstel len" beseitigt
werden. Ein so verstandenes Controller–
verhalten kann zudem jedem Qualitäts–
scheck (Stichwort „KonTYaG") gelassen
entgegen sehen.
Professionelles Informationsmanage–
ment kontert Informationsflut
statt über den Terminus Kontrolle
nä–
her t man s ich dem Tun des Control lers
besser mi t dem Begriff Informat ion.
144