Controller magazin
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we nd i g e K n o w - H o w e i ner S y s t em–
implementierung, auf die Beratungsge–
sellschaften konzentriert, dann stellt sich
im Zeitverlauf regelmäßig die Situation
ein, daß verschiedene Beratungen mit
der Bitte um Vor lage eines Exposes bzw.
einer Methodenpräsentat ion angespro–
chen werden. Damit verbunden ist die
Folgefrage, inwiefern die ve r sch i edenen
Ansät ze de r Beratungsgesel l schaf ten
die eigenen Anforderungen erfüllen bzw.
welche methodische Vol lständigkeit sie
aufweisen.
Nachfolgende Prüfsteine wurden vor die–
sem Hintergrund zusammengestellt und
erheben folglich keinen Anspruch auf eine
wissenschaftliche Exaktheit, ihre Anfor–
de r ungen beschränken s i ch darauf ,
Orientierungspunkte für eine erste Bewer–
tung unterschiedlicher Ansätze zu geben.
Allerdings kann sich ihr Einsatz auch ex
post anbieten, wenn die Beurteilung ei–
nes bereits implementierten Performance
Measurement-Systems ansteht.
1.
Prüfstein: Konsequente Orientie–
rungander strategischen Zielsetzung
Zentrale Aufgabenstel lung eines Perfor–
mance Measurement -Systems ist es, die
verabschiedete strategische Ausrichtung
zu kommunizieren und über die definier–
ten Leistungsgrößen eine Steuerungs–
basis bereitzustellen. Der Entwicklung
einer strategischen Aussage kommt ein
hoher indi v iduel ler En twi ck l ungsan –
spruch zu ; entsprechend hat sich ein
Performance Measurement -System die–
ser Qua l i tät s f orderung anzupas sen .
Selbst eine sehr generelle Aussage in
Fo rm v o n „Wi r wo l l en den Un t e r –
nehmenswert steigern" kann z. B. einer–
seits einen Schwerpunkt der Akt ivi täten
bei einer Verbessemng der Kundentreue
(prof i tabi l i tät ) bedeuten, andererseits
aber bei einem Markenartikler auf eine
verbesserte Entwicklung bzw. Steuerung
der Markenwer te abzielen.
Die Übe r l e i t ung einer s t rateg i schen
Aussage i n operat i ona l e Le i s tungs –
g r ößen führ t im Rahmen der Ident i f i –
z i erung u n d En twi ck l ung aussagekräf –
t iger Le i s tungsgrößen z u einer intens i –
v e n Beansp r uchung v o n Ressourcen,
worüber sich alle Beteiligten frühzeitig
bewußt sein sol lten. Dieses Bewußtsein
bedeutet auch die Bereitschaft dazu, ent–
sprechende Zei tressourcen zur Ver fü–
gung zu stellen. Vielleicht noch stärker
als bei anderen Themen ist hier die um–
fassende Anpassungsberei tschaf t der
Berater gefordert. Zusammen mit dem
Kunden müssen sie nach den unter–
nehmen s s pe z i f i s c hen
Le i s t ungs –
strukturen und -großen suchen. Ob diese
Einsatzbereitschaft gegeben ist, können
u. a. (anonymisierte) Referenzbeispiele
anzeigen. Bei den bisher eher selten ver–
öffentlichten Beispielen stellt sich dieser
Eindruck nicht immer ein.
2. Prüfstein: Kreativität bei der Struk–
tur- und Indikatorenentwicklung
Die Auseinanderset zung im Entwick-
l u n g s p r o z e ß
eines
Pe r f o rmance
Measurement -Systems beinhaltet nicht
nur den Umfang und die Ausr ichtung der
aufzunehmenden Dimensionen sowie
eine t ransparente, leistungsbezogene
Darstel lung der Organisat ionsebenen,
sondern gleichfalls eine intensive, kreati–
ve Beschäftigung mit den zu identifizie–
renden Le i s tungsgrößen . Dieser An –
spruch umfaßt dabei sehr unterschiedl i –
che Aspekte, die deutl ich über einen un–
mittelbaren Bezug von Leistungsgrößen
zu Leistungst rägern/verantwor t l ichen
hinausgehen. Insbesondere sind dies:
• Gute Kommunizierbarkeit
Leistungsgrößen weisen einen gerin–
gen Erläuterungsbedarf auf
•
Beeinflußbarkeit
Übereinst immung von Gestaltungs–
mög l i c hke i t
u n d
Le i s t ungs –
verantwor tung
•
Impulsgeber
Unter s tüt zung der Ablei tung v on
Maßnahmen zur Verbesserung des
Leistungsergebnisses
•
Teamverantwor tung
Teamzuständigkeit wi rd durch team–
bezogene Leistungsgrößen forciert
• Vermeidung von Dysfunktionalitäten
Keine Abweichung von formaler Ziel–
e r f ü l l ung
de r
v o r g e g e b e n e n
Leistungsgrößen und Erreichungs–
grad des angestrebten Zustandes.
3. Prüfstein: „Balanced-Anspruch"
Mi t dem Begriff „Balanced Scorecard"
wi rd mehrheitl ich ein Steuerungsansatz
verbunden, wie er von Kaplan/Norton
vorgelegt worden ist. Der „Balanced-An–
spruch" (Ausgewogenheit) bezieht sich
hierbei auf die Berücksichtigung von
• monetären und n i cht -monetären
Größen,
• internen und externen Perspektiven
sowie
• vor laufenden (Leistungstreiber) und
nachlaufenden Größen (Ergebnisse).
Zw i s c h e n z e i t l i c h l i egen a l l e r d i ngs
Steuerungssysteme vor, die gleichfal ls
den Ansp r uch der Ausgewogenhei t (ba–
lanced) e r heben , gegenüber Kaplan/
Norton diesen Zustand aber abweichend
begründen. Hier gilt es, frühzeitig eine
entsprechende begriffliche Absprache
vorzunehmen. Sie weist an dieser Stelle
nicht den Charakter einer unnöt igen aka–
demischen Eigenheit auf, sondern den
einer unverzichtbaren Abst immung zur
Vermeidung von späteren Mißverständ-
nissen im Hinbl ick auf die grundlegende
Orientierung.
4. Prüfstein: Systematische Bewer–
tung der Stakeholder-Interessen
Als Informationsempfänger eines Perfor–
mance Measurement -Systems wi rd in
den bisherigen Ansätzen nahezu aus–
schl ießl ich die Unternehmensführung
gesehen. Für die Gesamtheit der bereit–
gestellten Informationen ist dies sicher–
lich zutreffend, jedoch ist eine ausschließ–
liche Ausr ichtung auf diesen Empfänger–
kreis insbesondere aus zwei Gründen ri –
sikoreich:
• Aufsichtsräte und Finanzanalysten
zeigen ein verstärktes Interesse an
den Ergebnissen.
• Internat ionale Entwi cklungen des
externen Rechnungswesens thema–
tisieren zunehmend die Aufnahme
v o n n i ch t -mone t ä r en Le i s tungs –
größen, die es entsprechend zu steu–
ern gilt.
Liegt eine derartige Konstellation und/
oder der berecht igte Informat ionsan–
spruch weiterer Stakeholder vor, so gilt
es, eine pragmat isch methodische Vor–
gehensweise festzulegen, von der eine
Vorgabe erfolgt, wie ein Ausgleich der
Informationsinteressen erreicht werden
kann. Basis dieses Ausgleichs wi rd dabei
regelmäßig eine Bewertung der Macht –
position gegenüber dem Unternehmen
sein, die sich wiederum im Umfang, aber
auch in der Struktur der aufzunehmen–
den Dimensionen äußern kann.
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