Seite 28 - 1999-02

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Controller magazin
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BALANCED SCORECARD -
Baustein zu einem
prozeßorientierten Controlling?
von Andreas
Krähe,
Grafing
Dr. Andreas Krähe. Projektcontroller bei der
Siemens AG. Bereich Halbleiter: für das Ent-
wicklungs- und Produktionscontrolling von
Speicherchip-Projekten der 256M-Generation
verantwortlich. Dies umfaßt neben dem Stan-
dard-Planungs- und Reportlng-Prozeß die
lebenszyklusonentierte Rentabilitäts–
betrachtung einzelner Produktvahanten. ver–
schiedene Wirtschaftlichkeitsvergleiche sowie
Ad-hoc-Auswertungen unterschiedlxhster Art
Als Anfang bis Mi tte der Neunziger jähre
- gepusht vor allem durch die Veröffent–
l ichung „Reengineering the Corporat ion"
von Hammer / Champy - die Unterneh–
men auf die Prozesse als unternehmeri –
schen Gestaltungsparameter aufmerk–
sam w^urden, herrschte einerseits große
Begeisterung über die Idee des Prozeß-
managements, andererseits große Unsi –
cherheit über Fragen wie:
• Wie finde ich heraus, was meine we–
sentlichen Geschäftsprozesse sind?
• Wie kann ich eine systematische ist-
analyse durchführen? Wie bringe ich
den momentanen Prozeßablauf zu
Papier?
• Wie verbessere ich bestehende Pro–
zesse systematisch? Gibt es zu verall–
gemeinernde Eigenschaf ten eines
guten Prozesses?
Diese Fragen waren Gegenstand der dann
einsetzenden Prozeßmanagement -Akt i -
v i täten in Reorgani sat ionsprojekten.
Kemprozesse wurden identifiziert, Pro-
zeß- F l ows gezeichnet, Prozesse umge–
staltet, P r oz eßowne r eingesetzt. In die–
sen Reorganisationsprojekten wurde die
Organisat ion vieler Unternehmen auf
"Prozeßkurs" gebracht. Viele Unterneh–
men haben sich gewandelt v o n einer
aufbauor ient ier ten Funkt i ona l organ i –
sat ion z u einer ablaufor ient ier ten Pro-
zeßorgani sat ion und dami t die Idee des
Prozeßmanagements in ihrer Organisa–
t ion abgebi ldet.
Doch für ein umfassendes Prozeßmana-
gement ist es nicht ausreichend, die Or–
ganisationsstrukturen anzupassen, auch
die Control l inginstrumente müssen ent–
sprechend angepaßt werden. Denn nur
was zahlenmäßig erfaßt wi rd, kann aktiv
gemanagt werden: "If you can' t measure
it you can't manage it." Diese notwen–
dige Anpassung der Control l inginstru–
mente ist aber großteils ausgebl ieben,
die Frage nach einem zum Prozeßmana-
gement kongruenten Control l inginstru–
ment noch nicht beantwortet .
Mi t dem Konzept der Balanced Score–
card hat ein Instrument Einzug in die
Managementdiskussion gehal ten, das
mögl icherweise geeignet ist, die Lücke
zwischen den Anforderungen des Pro–
zeßmanagements an die Control l ing–
instrumente und den Fähigkeiten der
etablierten Control l inginstrumente ein
Stück zu schl ießen.
Was ist eine Balanced Scorecard?
Eine Balanced Scorecard ist ein System
v o n Kennzah l en , i n dem die e i nze l nen
Kennzah l en übe r Ur sache -Wi rkungs -
Ket ten mi te i nander v e r bunden s i nd
Dieses System wi rd aufgestellt, indem
eine Geschäftstheorie entwickelt wi rd:
Die in der Geschäftsstrategie veranker–
ten Oberziele eines Unternehmens wer–
den in operationalen Kennzahlen ausge–
drückt . Davon ausgehend werden die in
der Geschäftsstrategie vorgesehenen
Mi ttel und Wege zum Erreichen dieser
Oberziele ebenfalls als operationale Kenn–
zahlen ausgedrückt. Die Verbindung zwi –
schen den Zielen und den Mi tteln zur
Erreichung dieser Ziele stellen die Ur–
sache-Wirkungs-Ketten da r
)e weiter man in dieser Ursache-Wirkungs-
Kette nach „unten" kommt , desto höher
wi rd der Antei l an Sachzielen und sach-
zielorientierten Kennzahlen im Vergleich
zu finanziellen Zielen und Kennzahlen,
die an der „Spitze" der Ursache-Wirkungs-
Kette dominieren.
Mi t dieser Integration von sachzielorien-
tierten Kennzahlen in das unternehmeri –
sche Kennzahlensystem wi rd der zuneh–
mend geforderten Langfrist- und Strate–
gieorientierung in der Unternehmensfüh–
rung Rechnung getragen, die durch kurz-
fr istor ient ierte Finanzkennzahlen wie
Quar talsergebnisse nicht unterstüt z t
werden kann.
Im Gegensatz zu bereits existierenden,
nicht finanziel len Leistungsmeßsyste-
men in der Produkt ion und im Vertrieb,
die lediglich eine isolierte Beurteilung ei–
nes kleinen operativen Ausschni tts des
Unternehmensgeschehensermögl ichen,
wi rd mit der Balanced Scorecard ein kla–
rer Bezug der operat iven Kenngrößen zu
den strategischen Unternehmenszielen
hergestellt.
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