Controller magazin 2/99
PROZESSKOSTENMANAGEMENT
ERFOLGREICH EINFÜHREN
Empfehlungen auf Basis einer empirischen Untersuchung
in Deutschland
von Dipl.-Kfm. Dr. Roman
Stol,
Lehrstuhl Controlling
der Universität Stuttgart, Stuttgart
E-Mail:
Das vorliegende praktische Wissen zum Prozeßkostenmanagement
basierte bisher allein auf den Erfahrun–
gen weniger Unternehmen und Autoren. Durch diesen Mangel an empirisch gesicherter Erkenntnis war die
Beurteilung des Nutzens von Prozeßkostenmanagementsystemen
für die Praxis und die Ableitung von
Handlungsempfehlungen
zu deren EinfiJhrung, Gestaltung und Anwendung nur eingeschränkt möglich. Im
Rahmen der Stuttgarter Studie zu neuen Entwicklungen im Controlling und Kostenmanagement
wurde
erstmals eine breite empirische Untersuchung zum Prozeßkostenmanagement
in Deutschland
durchge–
führt. Der Beitrag von Roman Stoi charakterisiert die in deutschen Großunternehmen
implementierten
Prozeßkostenmanagementsysteme
und gibt auf Basis der empirischen Ergebnisse
Handlungsempfehlungen
für deren erfolgreiche Einführung.
Die emp i r i s c he U n t e r s u c h u n g des
Prozeßkostenmanagements warTei l der
sog.
Stut tgarter Studie,
einem umfas–
senden Forschungsprogramm
des Lehr –
stuhls Cont rol l ing der Uni vers i tät Stutt–
g a r t
z u neuen E n t w i c k l u n g e n im
Control l ing und Kostenmanagement. Ne–
ben der Untersuchung des Prozeßkosten–
managements fanden Studien zum Tar–
get Costing, zum Performance Measure–
ment und zum Control l ing bewegl icher
Strukturen statt (vgl.
Horväth
et al. 1999
undArnaouf e ta l . 1997). Untersuchungs–
objekt waren Großunternehmen aller
Branchen mit Sitz in der Bundesrepubl ik
Deutschland. In einer ersten Erhebungs–
stufe wurden im September 1997 alle
Unternehmen mit mehr als 1000 Mitar–
beitern bezügl ich ihres Interesses an ei–
ner Tei lnahme angeschrieben. Von den
2490 kontaktierten Unternehmen mach–
ten 268 Angaben zu den eingesetzten
Control l inginstrumenten. 125 Unterneh–
men wurde daraufhin ein Fragebogen
zum Prozeßkostenmanagement zuge–
schickt, wovon 86 Unternehmen bis März
1998 einen auswertbaren Fragebogen
zurücksenden konnten.
Bei der Un t e r suchung wu r d e n aus–
s ch l i eß l i ch A n w e n d e r des Pr ozeß –
kostenmanagements
befragt. Die Teil–
nehmer zahl v on 86 Anwenderunter –
nehmen übersteigt vergleichbare bishe–
rige Studien um ein Vielfaches (vgl . z. B.
Raubach
1996,/nnes
md Mitchell
1990,
1995,
Kennedy
1997). Der Stellenwert
der
vor l iegenden Ergebnisse ist deshalb,
auch vor dem Hintergrund des sehr um–
fangreichen Fragebogens, sowohl für die
Fo r s chung als auch
für die
Un t e r –
nehmenspraxis als hoch einzuschätzen.
Die Untersuchung gliederte sich in zwei
Bereiche: Zum einen sollte die Implemen-
t i e r ung und die Ges t a l t ung der
Prozeßkostenmanagementsysteme be–
stimmt werden. Zum anderen war aber
auch die Anwendung dieser Systeme und
die dadurch erzielten Auswi rkungen Ge–
genstand der Befragung. Im folgenden
werden einige zentrale Ergebnisse zur
Implementierung und Gestaltung von
P r o z eßkos t enmanagemen t s y s t emen
vorgestellt, auf deren Basis abschl ießend
Handlungsempfehlungen zur Vermei –
dung von Einführungsproblemen und zur
er f o l g re i chen Imp l emen t i e r ung des
Prozeßkostenmanagements abgeleitet
werden. Zur genauen Vorgehensweise,
den zugmndeliegenden Hypothesen, dem
Bezugsrahmen der Studie und weiter–
führenden analytischen Betrachtungen
sowie zur Untersuchung des Einsatzes
des Prozeßkostenmanagements sei auf
das Buch
„Prozeßor ient ier tes Kosten–
management in der deut schen Unter –
nehmensprax i s" (Stoi
1999)
verwiesen.
Prozeßkostenmanagementsysteme
in Deutschland
Bei der Einführung eines Prozeßkosten-
managementsystems sind die verfolgten
Zielsetzungen für die Systemgestaltung
entscheidend. Mi t Abstand das wichtig–
ste
Ziel der E i nführung
war die Erhö–
hung der Transparenz der Kosten und
Leistungen (vgl. Abb. 1). Hohe Bedeutung
hatten daneben die Verbesserung der
Produktkalkulation, die Optimierung der
Unternehmensprozesse und die Verbes–
serung der Ergebnisrechnung.
Die Frage nach der
Einsatzbrei te
ergab,
daß knapp ein Viertel der Unternehmen
(23 %; n = 86) das Prozeßkos ten –
management bereits im gesamten Unter–
nehmen (11,5 %) bzw. in einem gesam–
ten Werk oder einer gesamten Division
eines Konzerns (11,5 %) einsetzen. Der
überwiegende Teil der Befragten (77 %)
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