Controller magazin
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INNOVATIVE TECHNOLOGIEN -
OBJEKTE DES CONTROLLERS
von Dipl.-Kfm. Thomas Mild, Nürnberg
Dipl.-Kfm. Tf)omas fAiiä ist Beteili–
gungscontroller der Diehl Stiftung &
Co., Abteilung Zentrales Controlling,
Stephanstr 49, 90478 Nürnberg
Bewältigung des technologischen
Wandels
Unternehmen, die inMärkten mit schnel–
lem technologischem Wandel agieren,
befinden sich in einer Situation, die durch
immer intensivere und aufwendigere
Entwicklungsvorhaben sowie sich ver–
kürzende Marktzyklen gekennzeichnet
ist. Insbesondere technische Neuentwick–
lungen gefährden fortwährend das Über–
leben. Der Forschung und Entwicklung
(FeE) als institutionell verankerte Innova–
tionstätigkeit kommt eine Schlüsselrolle
zu, um Wachstum und nachhaltige Er–
folge zu sichern (vgl. Hauschildt 1994,
S. 1017).
Der
Controller hat in einer derartigen,
dynamischen Umweltsituation die Auf–
gabe, selbst zum Innovator zu werden.
Seine
Methoden müssen sich mehr in
Richtung Frühwamindikatoren entwik-
keln
(vgl. PeemöIIer 1997, S. 41). Es ge–
nügt nicht, konventionelle betriebswirt–
schaftliche Instrumente einzusetzen. Die
Kosten- und Ljeistungsrechnung sowie die
klassischen Planungsrechnungen greifen
für die notwendige, aktive Steuerung
technologischer Zukunftspotentiale zu
kurz. Der Controller muß selbst Anstöße
geben können, die es dem Management
ermöglichen, im Wettbewerb, der sich
zunehmend auf die vormarktliche indu–
strielle FuE verlagert, zu bestehen. Dazu
werden neuartige betriebswirtschaftliche
Methoden benötigt, die neben den rein
quantitativen auch qualitative, an tech–
nologischen Potentialen orientierte Steue-
rungsgrößen enthalten.
In den folgenden Ausführungen wird zu–
nächst erläutert, welcher Zusammen–
hang zwischen neuen Technologien und
den Kosten eines Unternehmens besteht.
Dabei ist für den Controller insbesondere
von Bedeutung, daß bei einer kurzfristi–
gen, in den vorhandenen Kostenstruktu–
ren verhafteten Betrachtung eine bekann–
te Technologie die günstigere ist. Nur bei
einer Ausweitung der Betrachtung in die
Zukunft ist der strategische Vorteil neuer
Produkte und Verfahren auch von der
Kostenseite her belegbar In einem weite–
ren Schritt wird dann die Rolle des Con–
trollers in einer für eine derartige Betrach–
tung notwendige zukunftsorientierte,
qualitative Bewertung von Technologien
beispielhaft dargestellt. Abschließend
sollen betriebswirtschaftliche Instmmen–
te, die auf den Erkenntnissen der qualita–
tiven Technologiebewertung aufbauen
und sich größtenteils noch in der wissen–
schaftlichen Diskussion befinden, vorge–
stellt und ihr Nutzen für den praktischen
Gebrauch des Controllers kurz erläutert
werden.
Gefahr strategischer Fehl–
entscheidungen
Neue Produkte und Verfahren bedeuten
neben einer verbesserten technischen
Ijeistungsfähigkeit auch andere, bisher
so
nicht vorhandene Kostenstrukturen.
Es ist für den Controller wichtig, neben
den zu einem Zeitpunkt ermittelten Ko–
sten
auch die zukünftige Leistungsfä–
higkeit einer Technologie zu betrach–
ten.
Das Entwicklungspotential einer
neuen Technologie und damit die Kosten-
senkungs- bzw. Leistungssteigerungs–
möglichkeiten müssen in den Methoden
des Controllers erfaßt werden. Nur so
kann die Gefahr von strategischen Fehl–
entscheidungen minimiert werden.
Die Notwendigkeit des gleichzeitigen Er–
fassens von Kosten und technischer Lei–
stungsfähigkeit läßt sich am deutlich–
sten mit Hilfe des S- und Erfahrungskur–
venkonzeptes darstellen (vgl. Abb. 1 und
Hartmann 1997, S.
5 8 ) .
Die S-Kurve ver–
deutlicht das Verhältnis zwischen dem
Entwicklungsaufwand für die Verbesse–
rung von Produkten oder Verfahren und
der technologischen Leistungsfähigkeit,
die durch diese Aufwendungen erzielt
wird. Zur grafischen Darstellung wird
gewöhnlich eine idealtypische, s-förmi-
ge Linie gewählt (vgl. Foster 1986, S. 27).
Diese Darstellung ist eine Annähemng
an reale Gegebenheiten, die den komple–
xenZusammenhang zwischen Leistungs–
steigerung und FuE-Aufwand zeigt. Das
Erfahrungskurvenkonzept sagt aus, daß
mit einer Verdoppelung der kumulierten
Ausbringungsmenge eines Produktes die
Stückkosten potentiell um 20 bis 30 %
zurückgehen. Die kumulierte Menge wird
sozusagen als Erfahrung interpretiert
(Pfeiffer et al. 1991, S. 36).
Technologische Leistungsfähigkeit
und Kosten
Das obere Schaubild in Abbildung 1 zeigt
die S-Kurven zweier Technologien, wobei
die rechteS-Kurve (neueTechnologie) lang-
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