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Controller magazin 4/98
somit der Einfluß von bilanzpolitischen
Maßnahmen - ausschüttungs- bzw.
steuerlastorientiert - vergleichsweise
schwach ist. Bilanzpolitische Überlegun–
gen und Tendenzen zur Ergebnisglättung
(sog. dividend smoothing) verzerren in–
des den Einblick in die tatsächlich gege–
benen wirtschaftlichen Verhältnisse.
Während z. B. in Deutschland die Ab–
schreibungsdauern tendenziell kurz an–
gesetzt werden, basieren die Regeln in
den USA auf den tatsächlich zu erwarten–
den wirtschaftlichen Nutzungsdauern.
Letztere Vorgehensweise deckt sich mit
dem kostenrechnerischen Kalkül. Um die
Substanzerhaltung zu gewährleisten, hat
die deutsche Praxis im internen Rech–
nungswesen zum Beispiel den Ansatz
kalkulatorischer Abschreibungen ge–
wählt. International haben sich die Grund–
lagen des deutschen internen Rechnungs–
wesens (z. B. Unterscheidung zwischen
Aufwand und Kosten, Aufbau der Ergeb–
nisrechnung nach dem Gesamtkosten–
verfahren) jedoch nicht durchgesetzt.
2.2. Kritik an der Konvergenz
Das Risiko bei Anwendung des Umsatz–
kostenverfahrens wird darin gesehen,
daß die Differenz zwischen Umsatz und
den costs of sales nicht identisch ist mit
dem klassischen Deckungsbeitrag I aus
der Kostenrechnung. Denn die Position
„Herstellungskosten der zur Erzielung der
Umsatzerlöse erbrachten Leistungen"
beinhaltet nach deutschen und US ame–
rikanischen Vorschriften auch anteilige
Gemeinkosten und geht damit über den
kostenrechnerischen Begriff der Herstell–
kosten hinaus. Dem ist zu entgegnen,
daß die Bedeutung solch filigraner Unter–
scheidungen tendenziell abnimmt, wenn
derverbleibende Kostenblock funktions-
weise aufgeteilt wird und diese Restgrö–
ße als zu deckende Residuale gilt. Denn
einerseits ist die Ausgangsgröße der vor–
gegebene Marktpreis und andererseits
gewährleistet die Methode des "target
costing" ein prozeßorientiertes Kosten–
management.
Bei Anwendung des Umsatzkostenver–
fahrens herrscht ein grundlegend ande–
res Controlling-Konzept: jede Änderung
im (Umsatz- oder Kosten-jAnteil einer
Funktion ist nur zu Lasten oder zu Gun–
sten einer anderen Funktion möglich (sog.
funktionales Controlling). Die mühseligen
Verteilungsdiskussionen bezüglich der
Gemeinkosten werden erheblich ver–
kürzt, weil eine durchgängige Kostenver–
antwortung und ein prozeßorientiertes
und damit funktionsübergreifendes Ko–
stenverständnis besteht. In einer produkt–
orientierten Organisationsstruktur gibt
es einen Verantwortlichen für jede Funk–
tion, so daß ein unmittelbarer Bezug
zwischen Verantwortung und Aufbau der
Ergebnisrechnung besteht. Dagegen
stellt
die Selbstkostenrechnung die Kostenar–
ten - vor allem die Gemein- oder auch als
Strukturkostenarten bezeichnet - in den
Mittelpunkt des Interesses. Den einzel–
nen Kostenarten können jedoch nur teil–
weise Verantwortliche zugeordnet wer–
den. Es existieren „Controlling-freie" Zo–
nen. Aber auch die mehrstufige Betriebs–
ergebnisrechnung ist nicht unumstritten.
Das Produktranking nach Kalkulation
deckt sich häufig nicht mit demjenigen
nach Deckungsbeiträgen. Ursache ist,
daß aufgrund der (in der Regel stark diffe–
renzierten) Zuschlagsbasis von Ferti–
gungsmaterial und Fertigungslohn die
material und lohnintensiven Produkte
mit einem vergleichsweise hohen Fix–
kostenblock belastet werden. Der in den
letzten lahren überproportional zuneh–
mende Anteil der Vorleistungskosten (z.
B. Entwicklung und Marktforschung) fällt
hingegen größtenteils unabhängig von
der tatsächlichen Fertigungsmenge an.
Folglich führt der Rückgang der Zu–
schlagsbasis Fertigungszeit und Ferti–
gungslohn zu ständig höheren Zu–
schlagssätzen bei der Verteilung der
Gemeinkosten.
DiesemTrend kann durch
den Einsatz einer Standardkostenrech–
nung begegnet werden, die das Bewußt–
sein für eine prozeßorientierte Kosten–
verursachung fördert. Generell kommt
dem Kostenmanagement in diesem sehr
frühen Stadium große Bedeutung zu. Ein
zukunftsorientiertes und vorausschau–
endes Berichtswesen ist erforderlich.
3. HÖHERE ANFORDERUNGEN AN
DIE MITARBEITER IM FINANZ–
BEREICH
Die sich ständig verschärfenden Markt–
anforderungen haben Auswirkungen auf
das Management und die Organisation
insgesamt. Die Verkürzung der Abschluß-
zeiten und die Erweiterung der externen
Berichterstattung (z. B. Segmentergebnis-
Darstellungen) erhöhen die Anforderun–
gen an die Qualifikation der Mitarbeiter
des Finanzbereichs. Künftig wird die star–
re Ti-ennung zwischen Belegerfassung und
Analyse nicht mehr aufrechtzuerhalten
sein. Der Mitarbeiter des Finanzbereichs
in der Funktion eines Prozeßmanagers
unter Anwendung der Methode des "tar–
get costing" wird in dem Sinne dominie–
ren, daß damit auch der Finanzbereich
an der Wertschöpfung teilnimmt. Eine
Verschmelzung der bisher organisatorisch
getrennten Bereiche Finanzbuchhaltung,
Kostenrechnung und Controlling scheint
naheliegend. Die KPMG Unternehmens-
beratung spricht in diesem Zusammen
hang von der „Transformation des Be–
reichs Finanzen vom Scorekeeper zum
Business Partner".
Die
rein technischen
Optimierungsreserven werden begleitet
durch eine Erweiterung des Aufgabenbe–
reichs der „Finanzleute" zu umfassend
kompetenten, internen Beratern und Ana–
lysten, die abteilungsübergreifend und
kundenorientiert arbeiten. Routinearbei–
ten werden verstärkt automatisiert oder
mittels Outsourcing aus dem betriebli–
chen Tagesgeschäft entfernt.
Durch
die
intensive Einbeziehung der
Kostenbeeinflusser in das Berichtswesen
wird eine effizienzsteigernde Sprach- und
Philosophiekompatibilität erzeugt. Die
gleiche Fachsprache und die gedank–
liche „Wellengleichheit"
ermöglichen
kostenstellen-, funktions- und disziplin–
übergreifende Teamarbeit. Kostenbe–
wußtsein und Marktnähe wird auf brei–
ter Front im Unternehmen realisiert. Da–
mit
ist insbesondere auf wettbewerbsin–
tensiven Märkten ein bedeutender Er–
folgsfaktor gegeben. Insoweit wird die
Finanz-Strategie zum Motor für Innova–
tionen. Diese Entwicklung der verkürz–
ten Abschluß- und Analyse-Erstellung
sowie einer permanenten Effizienzstei–
gerung der betrieblichen Prozesse hat
die Beratungsbranche aufgegriffen und
bietet speziell auf den Finanzbereich aus–
gerichtete Datenbanken zur Identifizie–
rung von Best Practice-Unternehmen und
-Prozesse an (sog. benchmarking). Darin
werden die jeweils besten Vorgehenswei–
sen und Methoden erfolgreicher Unter–
nehmen - auch aus nicht verwandten
Branchen - als vorbildlich ausgewählt
und an deren Einführung und Verbesse–
rung im eigenen Unternehmen gearbei–
tet. Der Mitarbeiter im Finanzbereich mit
heutigem Schwerpunkt Controlling wird
künftig mehr und mehr die Koordinie–
rungsfunktion im unternehmensweiten
Planungs-, Kontroll- und Abschlußerstel-
lungsprozeß übernehmen. Tendierte der
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