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Controller magazin 4/98
eine TVennungzwischen börsennotierten
und nicht börsennotierten Unternehmen
und andererseits zwischen Einzel- und
Konzernabschluß empfehlenswert.
Insbesondere Unternehmen mit einem
großen Umsatzanteil im Auslandsge–
schäft - allen voran die Großunterneh–
men der chemischen Industrie - haben
sehr früh die Möglichkeiten des HGB ge–
nutzt, um den international „üblichen"
Rechnungslegungsstandards möglichst
weitgehend zu entsprechen. Im Zuge die–
ser Entwicklung erfolgte die Umstellung
der Gewinn- und Verlustrechnung nach
dem bisher angewandten produktions–
orientierten Gesamtkostenverfahren auf
das im angelsächsichen Raum dominie–
rende marktorientierte Umsatzkosten–
verfahren. Durch die Umgliederung des
Kostenblocks von Aufwandsarten nach
Funktionsbereichen (z. B. Herstellung,
Absatz, Verwaltung) werden weitreichen–
de Umstellungen des internen Rech–
nungswesen erforderlich, um die bisheri–
gen Informationsanforderungen erfüllen
zu können.
Zur Vermeidung von Doppelarbeiten in
erheblichem Umfang aufgrund eines
zweigleisigen Berichtswesens wird seit
Ende der achtziger lahre die Thematik
Konvergenz von internem und externem
Rechnungswesen diskutiert. Die Vorteile
eines solchen Systems sind offensicht–
lich: einheitliche Datenbasis ermöglicht
eine leichter verständliche Kommunika–
tion (intern und extern) und benötigt
weniger personelle Verarbeitungskapa–
zitäten, Erhöhung der Prüfungssicherheit,
Verkürzung der Abschluß- und Analyse–
zeiten, Erweiterung/Ergänzung der ex–
ternen Berichterstattung. Der Weg dort–
hin führt über eine kritische Überprü–
fung der bisher gültigen Informationsan–
forderungen, um die tiefgreifenden Ver–
änderungen möglichst effizient zu verar–
beiten. Eines der ersten deutschen Groß–
unternehmen, das zugunsten des Um
Satzkostenverfahrens
auf die Fortführung
der seither angewandten mehrstufigen
internen Ergebnisrechnung verzichtet
hat, ist die Siemens AG. Mit Ausnahme
der kalkulatorischen Zinsen hat man den
Übergang auf ein geschlossenes System
vollzogen. Das Rechnen mit kalkulatori–
schen Zinsen berücksichtigt den An–
spruch, auf Eigenkapital nicht (opportu-
nitäts) kostenlos zurückgreifen zu kön–
nen. Das Rechnen mit Wiederbeschaf–
fungswerten wird durch den kalkulatori–
schen Ansatz von Marktzinssätzen er–
setzt. Die Substanzerhaltung ist somit
gewährleistet. Durch die Gliederung der
Kosten nach Funktionen ist auch das
Controlling funktionsbezogen. Wissen–
schaft und Praxis sind intensiv um eine
Konvergenz von externem und internem
Rechnungswesen bemüht. Hauptziel ist,
daß die Annäherung beider Rechenkrei–
se nicht zu Lasten der Aussagekraft und
Wertigkeit geht.
2. WORLD CLASS FINANCE: WELT–
WEITE HARMONISIERUNG DER EX–
TERNEN RECHNUNGSLEGUNG UND
EIN AUF DEM GLOBALEN KAPITAL–
MARKT WETTBEWERBSFÄHIGES
FINANZ- UND RECHNUNGSWESEN
Der externe jahresabschluß soll für den
"stakeholder" die Basis zur Beurteilung
der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage
des Unternehmens bieten. Dabei besteht
das Problem, daß die Daten des Jahres–
abschlusses Vergangenheitswerte dar–
stellen und zudem die gesetzlich ver–
gleichsweise eng gefaßten Ansatzkrite–
rien der Nachprüfbarkeit und Zuveriäs-
sigkeit erfüllen müssen. Somit ist der |ah
resabschluß in puncto Vollständigkeit
aller wesentlichen Ertragsquellen (z. B. in
bezug auf das immaterielle Vermögen)
alleine als Informationsquelle für die künf–
tige wirtschaftliche Entwicklung der Un–
ternehmung nur bedingt geeignet. Inter–
ne Rechenwerke unterliegen solchen Ein–
schränkungen nicht. Die Grenzen der
Aussagefähigkeit des internen Zahlen–
materials werden von der Zuverlässig–
keit der Daten und der Plausibilität der
Annahmen gesetzt.
2 . 1 . Konvergenz von internem und
externem Rechnungswesen
Diemeisten Untenehmen haben ihr Rech–
nungswesen als Zweikreissystem aufge–
baut. Die jahresbezogene externe Rech–
nungslegung dient den Zwecken der han-
dels- und steuerrechtlichen Bilanzierung,
also einer vergangenheitsorientierten
Darstellung. Die Kalkulation erfüllt hinge–
gen eine zukunftsorientierte Aufgabe. Das
interne Rechnungswesen ist auf die er-
gebnisorientierteUnternehmensführung
ausgerichtet. Die Aufgabe des Systems
von Betriebsabrechnung und Kalkulati–
on besteht in der sachgerechten Zurech–
nung der angefallenen Kosten auf die
entsprechenden Kostenträger Dabei wer–
den die durch die Betriebsabrechnung
ermittelten Kostenansätze angewendet.
Darin führt die Kostenrechnung letztlich
zu einer differenzierenden Betriebsergeb–
nisrechnung. Der traditionelle Rechen–
zweck ist die Preispolitik und damit zen–
tral die Preiskalkulation. Das Mindestziel
stellt die Deckung der vollen Kosten dar
Daraus resultierte das Rechnen mit kal–
kulatorischen Anderskosten (Abschrei–
bungen, Wagnisse) und Zusatzkosten
(Unternehmeriohn, Eigenkapitalzinsen
und Eigenmieten).
Dieses Abweichen der kostenrechneri–
schen Ansätze von der bilanziellen Auf–
wandsrechnung führt zu einem Ausein–
anderklaffen von (interner) Betriebsergeb–
nisrechnung und (externer) Gewinn- und
Veriustrechnung. Für die Ergebnisüber–
leitung zwischen beiden Rechenwerken
ist eine sog. Abstimmbrücke erforder–
lich. Zudem unteriiegen Kostenelemen–
te, die nicht als Aufwand absetzbar sind,
der Ertragsteuerbelastung. Auf die ange–
setzten kalkulatorischen Zusatzkosten
(sog. Opportunitätskostendenken) - man
könnte auch von kalkulierten Gewinnen
sprechen - sind gedanklich Gewinnsteu–
ern zu veranschlagen. Um die beabsich–
tigten Nettogewinn-Effekte zu erzielen,
ist bei der Kalkulation demnach der Er–
tragsteueraufwand hinzuzurechnen.
Ohne Berücksichtigung der Steuerwir–
kung wird das Rechenziel verfehlt.
Die Anforderungen an die Kalkulation
haben sich auf den stark umkämpften
Märkten geändert: nicht mehr die kalku–
lierten Kosten bestimmen den Angebots–
preis, sondern der Marktpreis bestimmt,
welche Kosten ein Anbieter sich leisten
kann, der nachhaltig auf dem Markt ak–
tiv sein will (sog. target costing). Die Be–
deutung feinsinniger Kostenrechnungs–
systeme ist tendenziell fallend. Das zu–
kunftsbezogene Controlling stützt sich
auf operative und strategische Planungs–
systeme und systematische Abwei–
chungsanalysen. Der seit Beginn der acht–
ziger Jahre einsetzende Ttend zur Struk–
turierung von Großunternehmen in de–
zentrale, ergebnisverantwortlicheTeilein-
heilen hat dabei die Bedeutung der mehr–
stufigen Ergebnisrechnung erhöht. Ganz
anders ist die Situation in den USA, da
hier kein derart unmittelbarer Zusam–
menhang zwischen Handels- und Steu–
errecht wie in Deutschland existiert und
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