Controller magazin
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Zuordnung CM-Themen-Tableau
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MEHR ERGEBNISTRANSPARENZ
ERFORDERLICH
Weltweite Vergleich- und Verwertbarkeit der Rechnungs–
legungsdaten und Harmonisierung von internem und ex–
ternem Rechnungswesen zur Effizienzsteigerung im
Finanzbereich
von Dr. Michael
Schön,
Erbach
Dr. Michael Schön ist Prol(urist
beimBörsenverein des Deutschen
Buchhandels e. V.. Schwerpunkt
Finanzen und Controlling
I.PROBLEMSTELLUNG
Die
zunehmende Intemationalisierung
des
unternehmerischen Handelns - ins–
besondere die Präsenz in ausländischen
Märkten (durch Gründung über Übernah–
me) - verstärkt den Bedarf an internatio–
nal einheitlichen und dadurch zweifels–
frei verständlichen Berichtssystemen. In
den Bereichen internationales Beteili–
gungscontrolling und Weltabschluß sind
bislang aufwendige Anpassungsrechnun–
gen vorzunehmen, um die Voraussetzung
für eine sachgerechte Konsolidierung zu
schaffen. In einem globalen Markt, wie
ihn
der internationale Kapitalmarkt dar–
stellt, ist die Wettbewerbsfähigkeit der
Marktteilnehmer entscheidend davon
abhängig, daß deren Informationspolitik
den internationalen Ansprüchen gerecht
wird. Für einen Großteil der deutschen
Unternehmen bedeutet dies, daß deren
Jahresabschlüsse international vergleich–
bar werden müssen. Globale Märkte sind
von einer Anonymität geprägt, welche
die für Deutschland typischen, persönli–
chen Beziehungen zu Kapitalgebern und
teilweise auch zu Finanzanalysten nicht
kennt.
Diesen
Rahmenbedingungen entspre–
chend müssen die deutschen Unterneh–
men
ihre Informationspolitik umstel–
len:
eine internationale Finanzierungs–
strategie ist eher
auf die anlegerorien–
tierte „fair presentation"-Philosophie
und auf kurzfristigere Ausschüttungs–
interessen ausgerichtet, als auf den
Vorsichtsgedanken und Gläubiger–
schutz des „ordentlichen Kaufmanns"
deutscher bzw. kontinentaleuropäi–
scher Prägung.
Verschiedene empirische
Studien belegen, daß die Eigenkapital–
quoten von deutschen und US-amerika–
nischen Unternehmen ceteris paribus
aufgrund der unterschiedlichen Vorschrif–
ten (z. B. bei der Behandlung eines erwor–
benen Goodwill) um bis zu 5 Prozent
differieren. Dabei führen die US-amerika–
nischen „Generally Accepted Accounting
Principles (US-GAAP)"
tendenziell zu ei–
nem höheren Eigenkapital
als die An–
wendung der Vorschriften des deutschen
Handelsgesetzbuches (HGB) - sog. insti–
tutionell bedingte Unterschiede.
Aus Sicht
des
internationalen Kapital–
marktes erscheinen insoweit US-ameri–
kanische Unternehmen gegenüber deut–
schen Unternehmen als überlegene Inve–
stitionsobjekte. Die Unterschiede zwi–
schen den nationalen Rechnungslegungs–
standards
führen zu einer Fehlalloka–
tion des „intemationalen Geldes",
weil
die tatsächlichen wirtschaftlichen Ver–
hältnisse eines Unternehmens nach US-
amerikanischen Regeln grundsätzlich po–
sitiver dargestellt werden können als es
nach deutschen Vorschriften und Rah–
menbedingungen sinnvoll wäre. Die Fol–
ge sind unnötig höhere Kapitalkosten für
deutsche Unternehmen.
Um dies künftig zu verhindern und die
Vorteile eines globalen Kapitalmarktes
nutzen
zu können, sollten deutsche -
aber auch Unternehmen in anderen eu–
ropäischen Ländern - die Informations–
politik auf die Basis von internationalen
Rechnungslegungsstandards stellen. Die
international stark beachteten betriebs–
wirtschaftlichen Kennzahlen müssen sich
einfacher vergleichen lassen. Zu diesem
Zweck ist die Vereinheitlichung oder zu–
mindest stärkere Angleichung der Rech–
nungslegungsregeln anzustreben. Die
voraussichtlich zum
1.
[uli 1998 wirk–
sam werdende Befreiung, daß börsenno–
tierte Gesellschaften den Konzernab–
schluß mit befreiender Wirkung nach in–
ternational anerkannten Grundsätzen
aufstellen dürfen, Ist als erster Schritt
sehr begrüßenswert. Es kann an dieser
Stelle nicht die Diskussion über die Füh
rungsrolle zwischen „International Ac–
counting Standards (lAS)" des „Interna–
tional Accounting Standards Committee
(lASC)" und US-GAAP - oder über die
Bedeutung von dynamischer und stati–
scher Bilanzauffassung - wiedergegeben
werden
Meine persönliche Einschät–
zung ist, daß sich die US
-GAAP
auf–
grund der Dominanz des US-amerika–
nischen Kapitalmarktes als internatio–
naler Rechnungslegungsstandard -
eventuell unter dem Kleid von IAS-Nor-
men - durchsetzen werden.
Durch eine Öffnung des HGB in Richtung
US-GAAP würde die Berichterstattung
deutscher Unternehmen stärker anleger–
orientiert ausfallen, wodurch tendenziell
die Bilanzkennzahlen verbessert würden,
aber in Einzelfällen Verschlechterungen
nicht
ausgeschlossen sind. Worauf
es
entscheidend ankommt, ist jedoch, daß
die derzeit international gegebenen er–
heblichen Rechnungslegungsunterschie–
de wegfallen, so daß die Zahlen für den
global agierenden Kapitalgeber zuverläs–
sig und leicht vergleichbar sind. Für die
gebotene Umstellung der deutschen Rech–
nungslegungsvorschriften scheint vor al–
lem aufgrund der umgekehrten Maßgeb–
lichkeit (d. h. der steuerrechtlichen für die
handelsrechtliche Bilanzierung) einerseits
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