Controller magazin
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Zuordnung CM-Themen-Tableau
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CONTROLLINGUND
SHAREHOLDER-VALUE:
GETRENNTE WELTEN ?
von Dipl.-Kfm. Norbert
Knorren
und
Prof. Dr. Jürgen
Weber,
Vallendar
Dipl.-Kfm. Norbert Knorren und Prof Dr Jürgen Weber, Wissensctiaftlicfie Hocfi-
scfiule für Untemehmensfüfirung (WHU) - Otto-Beisheim-Hoct)schule - Lehrstut)l
für Betriebswirtsct)aftslet)re, insbes. Controlling und Logistik, Vallendar
1
. Shareholder-Value-eine neue Leit–
idee
Das Bekenntnis zum Shareholder-Value
ist in den letzten lahren zum „Muß" für
die Untemehmensführung geworden.
Nicht nur alle großen Aktiengesellschaf–
ten postulieren heute das Ziel der Steige–
rung des Unternehmenswertes. Auch für
mittlere und kleinere Unternehmen ge–
winnt das Thema an Bedeutung, denn
auch deren Eigentümer fordern in Zeiten
globaler Kapitalmärkte eine angemesse–
ne Rendite ihres Kapitaleinsatzes.
Im Mittelpunkt der Shareholder-Value-
Orientierung steht die Überlegung, daß
das Ziel eines Unternehmens die
Wert–
schaffung für die Eigentümer ist.
Dabei
bedeutet dies
keineswegs, die Interes–
sen anderer Beteiligter (Stakeholder) zu
vernachlässigen, denn motivierte Ar–
beitnehmer, engagierte Lieferanten,
dem Untemehmen gegenüber aufge–
schlossene Kommunen
etc. sind wichti–
ge Erfolgsfaktoren zur Erreichung des
Ziels.
Wertschaffung als Leitidee bedeutet, das
Unternehmen primär aus der Fterspekti-
ve der Eigentümer zu betrachten:
Welche
Strategien muß das Management verfol–
gen, welche Maßnahmen ergreifen, um
die Erwartung der Eigentümer zu erfül–
len? Zwei grundsätzliche Hebel stehen
hierzu zur Verfügung:
Zum einen muß
das Untemehmen jenes Kapital an die
Eigentümer zurückgeben, das nicht
wertschaffend eingesetzt werden kann
(Ausschüttung). Zum anderen muß das
Unternehmen versuchen, den Unterneh–
menswert für das verbleibende Kapital
zu steigern (Wertsteigerung).
Grundlage für die aktive Nutzung beider
Hebel sind die richtigen Informationen
über den Wert des Unternehmens und
die Möglichkeiten der Wertschaffung.
Traditionelle Erfolgsgrößen (Gewinn, Be–
triebsergebnis) im Handgepäck des Ac–
countant zählen hierzu nicht. Vier Pro–
blembereiche sind dafür maßgebend:
• Dem Gewinn fehlt die CashOrientie-
rung.
• Der Gewinn ist eine periodische Größe.
• Der Gewinn mißachtet die Zeitpräfe–
renzen.
• Der Gewinn betrachtet nicht die Eigen–
kapitalkosten (nur in diesem Punkt ist
das Betriebsergebnis dem Gewinn in
seiner Aussagekraft überlegen: kalku
latorische Zinsen!)
Diese Schwächen des traditionellen Ge–
winn-Konzepts finden sich folglich auch
in allen auf dem Gewinn aufbauenden
traditionellen Kennzahlen wie dem Re–
turn-on-lnvestment (ROI) oder dem Re-
turn-on-Equity (ROE) wieder.
Die im Rahmen der Überlegungen zum
Shareholder-Value entwickelten Metho–
den der Wertberechnung und wertorien–
tierten Kennzahlen setzen an den genann–
ten Problembereichen an. Charakteri–
stisch für diese Konzepte ist (zumeist) ein
starker
Fokus auf Cash- oder cash-ähn-
liche Größen,
eine
überperiodische Be–
trachtung,
ein Einbezug der Zeitpräfe–
renz durch eine Diskontierung zukünfti–
ger Zahlungen und eine Betrachtung der
gesamten Kapitalkosten. Bekannte und
bewährte
Verfahren der Investitions–
rechnung werden durch diese Betrach–
tungsweise auf das Untemehmen als
Betrachtungsobjekt übertragen.
Die Erfolgsgröße ist dabei der Unterneh–
menswert. Ob diese Neuorientierung als
Rückbesinnung auf (alte) betriebswirt–
schaftliche Uigenden oder als eine grund–
legende Innovation verstanden wird, ist
für die Praxis irrelevant. Das starke Inter–
esse der Unternehmen an Methoden und
Instrumenten zur Steuerung des Share–
holder-Value zeigt, daß es sich bei dieser
Sichtweise um eine neue Leitidee han–
delt, die für die Untemehmensführung
mehr und mehr an Gewicht gewinnt.
2. Wertorientierte Planung und
Kontrolle
Das Bekenntnis zum Ziel der Wertsteige–
rung ist notwendig, aber nicht hinrei–
chend - um eine Wertsteigerung für die
Kapitalgeber umzusetzen, muß die ge–
samte Untemehmensführung korrespon–
dierend gestaltet sein.'
Wichtiger Baustein dabei ist die wert–
orientierte Gestaltung der Planung und
Kontrolle des Unternehmens. Eine wert-
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