Seite 13 - 1998-04

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Controller magazin
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im Rahmen der Immobilienbewertung
ist der Controllerfokus somit auf die sich
abzeichnenden strukturellen Verände–
rungen der nachhaltig zu realisierenden
Mieteinnahmen zu richten. Nachhaltig
veränderte Mieteinnahmen bewirken bei
unverändertem Diskontierungszinssatz
eine entsprechende Veränderung des
Ertragswertes („Barwertes") der Immobi–
lie. Eine im Zeitablauf zu konstatierende
veränderte Vorteilhaftigkeit einer Immo–
bilienanlage kann somit Handlungsbe–
darf in Form von Verkauf oder Zusatzin–
vestitionen signalisieren. |e frühzeitiger
der Controller ein solches Signal geben
kann, je vorausschauender er also die
den Immobilienwert verändernden Ein–
flüsse erkennt, desto rentierlicher wird
das Investment sein.
Finanzierung - die Projekteinnahmen
müssen stimmen
Das Risiko von Immobilieninvestitionen
resultiert maßgeblich aus der langfristi–
gen Bindung großer Kapitalbeträge. Ihre
sachgerechte Finanzierung ist ein wichti–
ger Erfolgsfaktor zur stabilen Wertent–
wicklung des Investments. Weniger die
Steuerungshinktion als vielmehr die
Überwachungs- und Kontrolihmktion
dominiert daher die Controlleraktivitä–
ten in der finanziellen Sphäre des Im–
mobilieninvestments. Eine sachgerech–
te Finanzierung erfordert,
(1) daß grundsätzlich die Kapitalbedie–
nung aus dem Einkommen der Im–
mobilie und die Besicherung aus dem
Wert der Immobilie erfolgen. Im Un–
terschied zum Unternehmenskredit,
der i. d. R. aus anderen Quellen als der
Investition bedient wird, soll sich die
Bedienung des Immobilienkredits
aus sich selbst nähren.
(2) daß die Grenzen der unter (1) skiz–
zierten klassischen Immobilienfinan–
zierung, die sich durch die Deckung
aus dem Einkommen und dem Wert
der Sicherheit ergeben, risikoadäquat
geschlossen werden. Dies bedeutet
für Gewerbeimmobilien, daß die bei
70-75 % der angemessenen Geste–
hungskosten liegende klassische Fi–
nanzierungsgrenze typischerweise
eine Finanzierung von 60 % durch
erststellige Hypotheken und durch
weitere 20 % durch Nachrangdarle-
hen erlaubt. Die nachrangige Finan–
zierung muß dabei häufig - zumin–
dest teilweise - aus anderen Quellen
als dem Immobilien-Projekt besichert
und bedient werden. Durch Eigen–
kapital des Investors sollten die ver–
bleibenden Zwischenfinanzierungs-
und Nebenkosten beglichen werden,
da diese Ausgaben den Wert des Im–
mobilienobjektes nicht erhöhen und
somit bei einer Liquidation nicht er–
zielt werden können.
(3)
daß bei der Immobilienentwicklung
klar getrennt wird, ob es sich um eine
Finanzierung des Objekts mit einer
entsprechenden Absicherung han–
delt, oder aber ob eine Beteiligung
an einem Objekt, mit entsprechend
erheblich höheren Risiken, vorliegt.
Gerade diese mangelnde Abgrenzung
hat in der Schneider-Pleite den Ban–
ken sicher nicht nur Peanutsverluste
beschert.
(4) daß Mitteleinsatz und Mittelverwen–
dung permanent kontrolliert wer–
den. Nur so kann verhindert werden,
daß nach dem Schneeballsystem Im–
mobilien konsequent überfinanziert
werden. Im Fall Schneider brach ein
solch angelegtes System zusammen,
als der Zufluß von fresh money ver–
stopfte und die noch in der Entwick–
lungsphase steckenden und immen–
se Verluste verursachenden Gebäude
nicht vollendet werden konnten.
(5) daß im Rahmen der Gestaltung der
Kapitalstruktur auch das Risiko der
Refinanzierung in angemessener
Weise berücksichtigt wird. So wird
die Anschlußfinanzierung gerade in
einer Hochzinsphase durch eine hohe
Fremdkapitalquote erheblich er–
schwert.
Controlling in der finanzwirtschaftlichen
Immobiliensphäre ist somit primär Pro–
jektcontrolling. Nur wenn die Gestehungs–
kosten - und die nachfolgenden Bewirt–
schaftungskosten - im Einklang mit den
Einnahmen aus dem Immobilienprojekt
stehen, ist die Finanzierung gesichert. Ist
dieser Einklang nicht gegeben, ermög–
licht auch keine noch so kreative Finan–
zierungslösung eine Quadratur des Krei–
ses. Im Rahmen seiner Überwachungs–
und Kontrollfunktion ist das frühzeitige
Erkennen von potentiellen finanziellen
Problembereichen die wichtigste Aufga–
be des Controllers. Mahner und Warner
zu sein - dies sind die Charaktere,
deren Persönlichkeitsprofil für den Con–
troller an dieser Stelle zum Erfolgsfak–
tor werden.
Trends erkennen
Potentielle Marktveränderungen recht–
zeitig zu antizipieren und in adäquate
Handlungsempfehlungen umsetzen, ist
für die langfristige Sicherung der immo–
bilienwirtschaftlichen Ertragspotentiale
unerläßlich. In seiner entscheidungsun-
terstützenden Servicefunktion sollte der
Controller-Dienst daher das Management
auf der Suche nach strukturellen Markt–
veränderungen assistieren und erkenn–
bare Strategieauswirkungen transparent
machen.
Neben einer konjunkturell bedingten
Marktbereinigung ist der Markt für Ge–
werbeimmobilien derzeit durch vielfälti–
ge strukturelle Veränderungen gekenn–
zeichnet. Zu nennen sind insbesondere:
(1)
die Reduzierung der Nutzungs–
kosten durch Optimierung der Be–
wirtschaftung
Die Nebenkosten haben mittlerweile
den Charakter einer zweiten Miete
angenommen. In Frankfurt (Main)
betrugen sie beispielsweise im jähr
1997 für vollklimatisierte Büroräu–
me 9,14 DM/ qm. Differenziert nach
Kostenblöcken (Energie, technischer
Service, öffentliche Abgaben, Haus–
dienste, Verwaltung und Versiche–
rung) ergeben sich dabei unterschied–
liche Grade ihrer Beeinflußbarkeit.
Nicht beeinflußbar sind die öffent–
lichen Abgaben für Grundsteuer,
Wasser, Abwasser und Müllbeseiti–
gung. Geht es allerdings um die
Dienstleistungen, steigt die Bandbrei–
te bei der Höhe der Nebenkosten an.
Durch Ausnutzung der derzeit bei den
Servicetätigkeiten (Hausdienste, Rei–
nigung, technischer Service) zu beob–
achtenden stagnierenden Preise las–
sen sich bei gleicher Qualität z. T.
wesentlich günstigere Anbieter fin–
den. Attraktive Nebenkosten tragen
immer mehr zur Entscheidung für
oder gegen einen Vertragsabschluß
bei. Die effiziente Flächenbewirt–
schaftung hat sich daher in jüng–
ster Zeit - unter dem Begriff Facility
Management - zu einem Wachs–
tumsmarkt in der Immobilienwirt–
schaft entwickelt.
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