Controller magazin 1
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Dieser Trend wird dadurch verstärkt, daß vor allem
in den sog. "indirekten Leistungsbereichen" in vielen
Untemehmen ein steigender Anteil von Gemeinko–
sten festzustellen ist. Im Vordergmnd steht die
Be–
arbeitung von Informationen
zwecks Erstellen, Ko–
ordination und Verwertung der primären betriebli–
chen Leistungen (der Produkte). Der
Zuwachs an
administrativen Tätigkeiten
umfaßt im einzelnen
"vorbereitende, koordinierende, planende, steuem-
de, üt)erwachende Funktionen in Forschung und
Entwicklung, Beschaffung, Logistik, Arbeitsvorberei–
tung und Programmiemng, Produktionsplanung
und -steuemng, Instandhaltung, Qualitätssichemng,
Auftragsabwicklung, Vertrieb, Rechnungswesen",
Personalentwicklung und
- V e r w a l t u n g ,
inteme Re–
vision,
Controlling, Organisationsentwicklung, um
nur die wichtigsten zu nennen (Armin Müller). Es ist
davon auszugehen, daß sich die Verändemng der
Kostenstmkturen auch in Zukunft fortsetzen
wird.
Diese stmkturellen Verändemngen sind nicht neu.
Neu sind das abgeflachte Wachstum, die Stagnation
der Märkte sowie der
Dmck der "emerging mar–
kets".
Solange die Unternehmungen auf stetiges
Wachstum ausgerichtet waren, konnten sie die
stei–
genden Kosten an ihre Kunden weitergeben. Wenn
die Kunden mit den gelieferten Leistungen nicht
zufrieden waren, gab es oft kaum eine andere Be–
zugsquelle. Wenn der Innovationsprozeß langsam
war, haben die Kunden geduldig auf die neuen
Produkte und Dienstleistungen gewartet. Aufgmnd
des stärkeren internationalen Wettbewerbdmckes in
stagnierenden Industriezweigen hat sich das Umfeld
für die chemischen Unternehmungen drastisch
geändert,
die Kosten können nur teilweise oder
überhaupt nicht mehr an die Abnehmer weilerge–
geben werden.
Ein Phänomen - welches gerne übersehen wird und
das ganz besonders
für die Schweizer Wirtschaft
zutrifft - ist, daß ein Volk von mehrheitlich freien
Handwerkern, Kleinst- und gewerblichen Unterneh–
mern (Bauern und Handwerkern) sich zu einem
Volk von weitgehend abhängigen Angestellten
gewandelt hat. Die Denk- und Handlungsweisen
von Beamten und Angestellten sind fundamental
anders als die von eigenständigen Kleingewerblem
und mittelständisch orientierten Unternehmern.
Dieser gesellschaftliche Stmkturwandel verstärkt
zusehends die oben aufgeführten Trends. Das
untemehmerische Denken und Handeln ist abhan–
den gekommen.
Während in den fünfziger Jahren in der Bundesrepu–
blik Deutschland noch 25 bis 35 % der
"Mit"-arbeiter
in
"Gemeinkostenbereichen" beschäftigt waren, ist
dieser Anteil inzwischen auf ca. 50 bis 55 % im
Industriedurchschnitt angestiegen. Der Anteil der
Gemeinkosten an der Wertschöpfung hat inzwischen
ungefähr 80 % erreicht, während der Anteil der
Fertigungslöhne in den Betrieben auf 20 % gesunken
ist. In Japan, dem stärksten Konkurrenten auf den
Exportmärkten, liegt der vergleichbare Anteil der
Gemeinkosten an der Wertschöpfung 20 %
tiefer, d.
h. bei "nur" 60 %.
Ein großer Anteil der Stmkturkosten (Fix- bzw. der
Gemeinkosten) stellen Personalkoslen dar, inst)eson-
dere Gehälter und Gehaltsnebenkosten für Ange–
stellte. Absolute Fixkosten sind die Stillstandskosten,
die durch die Existenz des Betriebes entstehen ohne
Rücksicht darauf, ob er produziert oder nicht:
Kapitalkosten, insbesondere Abschreibungen und
Zinsen.
Stmkturkosten-Management (Fixkosten- bzw.
Gemeinkosten-Management) ist umfassend als
Gewinnschwellen-Management zu sehen, mit dessen
Hilfe die Gewinnschwelle (Break-even) möglichst
niedrig gehalten wird. Wir haben oben bereits darauf
hingewiesen, daß die Infrastmktur, das Overhead-
Package oder, wie Deyhle es nennt, das 'Bemüh–
paket' nicht als bloßer Gemeinkostenvemrsacher
gesehen werden darf, sondern vielmehr eine Basis-
Bereitschaft gewährleistet und zukunftsorientiert
eine (Juelle von Wettbewerbsvorteilen darstellt. Im
Mittelpunkt der Betrachtung geht es um die gesunde
Optimiemng des Unternehmens bzw. dessen
Bereiche hinsichtlich der dazugehörenden Kosten-/
Nutzenverhältnisse.
C. INSTRUMENTARIEN ZUR SCHAFFUNG
FLEXIBLERER STRUKTUREN
Vor dem Hintergmnd eines international sich
verhärtenden Konkurrenzkampfes, im Umfeld von
lokalen und intemationalen Krisen und dem Zusam-
menschluß von Nationen zu mächtigen Wirtschafts–
blöcken hat die chemische Industrie t)ereits in den
80er Jahren pragmatisch den steigenden Kosten
gegengesteuert. So haben praktisch alle Schweizer
Chemie-Großunternehmungen globale Mitarbeiter-
Plafoniemng, globale obere Limiten für die jährliche
Budgeterstellung und/oder Vorgaben für Budget–
reduktionen verordnet. Diesen
Dmck von oben
haben die verschiedenen Geschäftsbereiche und
funktionalen Organisationseinheiten individuell mit
verschiedenen Aktionen proaktiv und methodisch
beantwortet. Zu nennen sind vor allem die Anwen–
dung der
"Zero-Base-Planung",
die "Gemeinkosten-
Wertanalyse-Verfahren" und die ersten Erprobungen
der
"Prozeßkostenrechnungs
-Methoden".
1.
Pragmatische Kostenbremse "von oben" /
Personalstopp-Methode
Zu den pragmatischen Ansätzen der Stmkturkosten-
Begrenzung gehören u. a. die Begrenzung der Mit–
arbeiteranzahl nach Geschäfts- und Funktionsberei–
chen durch entsprechende Vorgaben des Manage–
ments und/oder globale restriktive Personal- und
Kosten-Budgetvorgaben bzw. die Durchsetzung von
Budgetkürzungen bei gleichzeitigem, strategischem
Kurs
auf weitere Expansion.
Als Konsequenz dieser Plafoniemng bzw. restrikti–
ven Planvorgaben erfolgt - oft auch unter dem
Druck der vorgegebenen Rekmtierungs-
begrenzungen - ein Verdrängen von administrati–
ven Stellen zugunsten der Einstellung von
"Professionals"". Gleichzeitig werden administrative
Stellen funktional aufgewertet. Vor allem weiblichen
Arbeitskräften diverser Bemfskategorien wurde z. B.
in der schweizerischen chemischen Industrie die