Seite 61 - CONTROLLER_Magazin_1995_01

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magazin 1/95
zwischenmenschliche Chemie auch bei der Kommu–
nikation die eigentlich ausschlaggebende Rolle
spiele, ob Menschen miteinander reden oder über–
haupt miteinander 'können' oder nicht, gibt Schulz
von Thun eine ebenso freimütige wie eindeutige
Antwort: "Mit der Chemie sieht meine Lebenserfah–
rung so aus: Bei etwa 10 -15 % der Gesprächspartner
klappt es auf Anhieb, da geht es vital und reibungs–
los hin und her, wie von selbst. Bei weiteren 10-15 %
geht es gar nicht, da kann man sich, wie Sie so bild–
haft sagen, 'auf den Kopf stellen'. Bei den restlichen
70 - 80 % will der gute Kontakt erst kunstfertig eta–
bliert und bewahrt sein, hier hilft eine kommuni–
kationspsychologisch verinnerlichte Professionalität
im Umgang mit den eigenen Impulsen und den
Lebensäußerungen der Gesprächspartner!"
Darunter versteht Schulz von Thun:
^ Sensibilisierung für die Selbstwahrnehmung
mit den Schlüsselfragen
Wie verhalte ich mich in Wortwahl, Lautstärke,
TonfaU, Gestik und Mimik?
Wie
wirke
ich dadurch auf andere?
Was
bewirke
ich mit dieser Wirkung?
Sensibilisierung für die Wahrnehmung des
anderen mit den Schlüsselfragen
Was sagt mir der andere in der Gesamtheit
seines Kommunikahonsverhaltens, also verbal
und nonverbal?
Was löse ich mit meinem gesamten Kommuni–
kationsverhalten (s. o.)
bei
und
in
dem anderen
aus?
Geschäftskontakten einen beiläufigen Charakter
haben. Sonst besteht die Gefahr, daß Menschen
anfangen, genau das zu tun, was man ihnen in
Trainingskursen beigebracht hat: genauestens darauf
zu achten, wie der andere die Finger spreizt und in
welche Richtung er die Augen verdreht, um daraus
angeblich schlaue Schlüsse zu ziehen. Menschen, die
mangelnde innere Souveränität durch derartige
'Oberhandsicherungs-Techniken' auszugleichen
hoffen, sind begeisterte Konsumenten solcher Bücher
und Kurse!"
"Wenn der andere sich ebenfalls auf diese Art von
(pseudo-)professionelle Kontaktgestaltung speziali–
siert hat", verdeutlicht Schulz von Thun die Proble–
matik, "schleichen die Gesprächspartner wie Detekti–
ve umeinander herum - und was den Kontakt
eigentlich verbessern sollte, hat ihn auf skurile Art
ruiniert. Dies ist ein Teil dessen, was ich 'das Elend
der Geschulten' genannt habe. Von daher ist es
wichtig, von welchem Sinn und Geist Bücher zur
nonverbalen Kommunikation sind. Meines Erachtens
empfehlenswert: Otto Schober: Körpersprache -
Schlüssel zum Verhalten (Heyne Ratgeber 08/9212,
Heyne Verlag, München).
Lesenswert auch Michael Argyle: Körpersprache und
Kommunikation (Junfermann Verlag, Paderborn).
Christiane Tramitz, Verhaltensforscherin an der
Forschungsstelle für Humanethologie in der Max-
Planck-Gesellschaft in Andechs bei München, hat
unter einem ganz speziellen Blickwinkel ein Buch
zur nonverbalen Kommunikation veröffentlicht:
'Irren ist männlich - Weibliche Körpersprache und
ihre Wirkung auf Männer' (Bertelsmann Verlag,
München).
Eine weitere wichtige Schlüsselfrage zur Verbesse–
rung des eigenen Kommunikationsverhaltens lautet:
Was sagen mir meine kommunikativen An–
sprüche an andere für mein eigenes
Kommunikationsverhalten? Die alte Lebens–
weisheit "Was du nicht willst, das man dir tu,
das füg auch keinem anderen zu!" ist also auch
ein wesentlicher Schlüssel zu einem verbesserten
Kommunikationsverhalten.
So bedeutsam und so notwendig die Anstrengungen
zur Verbesserung des Umgangs mit dem Wort für
eine geglückte Kommunikation auch sind, es sollte
aber nicht übersehen werden, daß Menschen nicht
mit Worten allein, sondem mit ihrem ganzen
Körper kommunizieren. Die nonverbale Kommuni–
kation ist ein nicht unwesentlicher Kommunikations–
baustein. Allerdings auch ein nicht ungefährlicher,
wie Schulz von Thun sehr deutlich zum Ausdmck
bringt. Für ihn ist die Schulung in nonverbaler
Kommunikation mit einer großen Chance und einer
großen Gefahr verbunden.
Die Chance: im Kontakt mit dem Gesprächspartner
achtsam zu werden auf das, was der Körper an
Begleitsignalen gibt, "so daß ich nicht 'über seinen
Körper hinwegrede''. Die Gefahr: "Diese Achtsam–
keit," so Schulz von Thun, "sollte aber in Sach- und
Bleibt die Frage nach dem Schlußwort. Schulz von
Thuns abschließende Äußerung stimmt sehr nach–
denklich: "Was das heutige Leben auf dem Erdball so
gefährlich macht, ist das gigantische Auseinander–
klaffen zwischen technologischem Vermögen und
zwischenmenschlichem Unvermögen. Es ist
dringend geboten (wenn nicht schon zu spät), in der
Fähigkeit zur Verständigung aufzuholen!"
Zuordnung CM-Themen-Tableau
0 5
0 6
16
G
P
vgl. Beitrag
Kommunikation
des
Controller-KoUegen-Teams
aus den
Arbeitskreisen
des Controller
Verein eV
in Nr. 6/94.
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