Controller
magazin 1/95
ZIELORIENTIERTES
PROJEKTCONTROLLING
IM DILEMMA STARREN
VERWALTUNGSHANDELNS
von Paul Jürgen
Sparwasser,
Bonn
Paul Jürgen Spanvasser,
Burgstraße 83. D-53177 Bonn,
Dipl.-Ing., Dipl.-Wirtsctiaftsing.
(FH), ist Referent im Fachbereicli
Kostencontrolling der General–
direktion Telekom in Bonn.
Gegenwärtiges Hauptaufgaben–
gebiet ist die Wirtschaftsplanung
im Aufwandsbereich und zentrale
Kostensteuerung.
Die Deutsche Bundespost Telekom befindet sich
gegenwärtig im Umbruch von einem Staatsunter–
nehmen mit Verwaltungsstruktur zu einem markt–
orientierten Untemehmen.
Besonders betroffen hiervon ist das Finanz- und
Rechnungswesen, welches bisher auf Gmndlage des
Haushaltsrechts ausgestaltet war. Insbesondere der
Bereich der Ziel- und Kostensteuemng wurde weit–
gehend aus einer Sichtweise der "kameralistischen"
Mittelbewirtschaftung betrachtet. Hierbei stand das
"Etatdenken" und die damit verbundene (auf
politischen Vorgaben bemhende) Sachzielerfüllung
(z. B. volle Bedarfsdeckung) im Vordergmnd.
Nach der Maßgabe des Haushaltsrechts ist wohl bei
der Sachzielerreichung ein möglichst "sparsamer und
wirtschaftlicher Einsatz der Finanzmittel" vorgege–
ben, jedoch fehlte instmmentell eine Verknüpfung
der Kostenseite mit der Leistungsseite (Ressourcen–
trägerrechnung). Ebenso fehlten entsprechende rasch
reagierende Mechanismen in der Unternehmens–
steuemng, um erkannte Kostenfehlentwicklungen
und ineffiziente Ressourceneinsätze zeitnah und vor
allem rechtzeitig auszuregeln.
Schwächen der Verwaltungskameralistik ("Mitlel-
bewirtschaftung")
Bei der Mittelbewirtschaftung werden über detail–
lierte Haushaltspläne, Haushaltsabschnitte, -kapitel
und -titel verwendungsbezogen Ressourceneinsätze
für das laufende Haushaltsjahr vorgegeben. Dieser
damit vorgegebene detaillierte Kostenartenstamm
gewährleistet jedoch nur den geforderten Recht–
mäßigkeitsnachweis aus der Haushaltsbudgetie-
rung (verbindliche Vorgabewerte mit Vergangen–
heitscharakter).
Eine effizienzorientierte Ressourcensteuemng
erfordert jedoch eine ständige Anpassung an die
tatsächliche betriebliche Kosten- und Leistungs–
situation. Die kameralistische Einnahmen-/Aus-
gabengrößenbetrachtung des Haushaltsrechts ist
hierzu völlig unzureichend und bedarf einer Ergän–
zung durch ein adäquates Kostenrechnungssystem,
welches Kosten- und Leistungsgrößen periodisiert.
Durch ein derartiges Kostenrechnungssystem wird
der tatsächliche Werteverzehr des Betriebes erst
erfaßbar und die fehlende Verbindung von Ressour–
cen- und Leistungsebene erst hergestellt.
Somit kann für ein wirtschaftliches und rechtmäßi–
ges Verwaltungshandeln nicht auf die obengenann–
ten ergänzenden Kostenrechnungssysteme verzichtet
werden, da sie erst im Sinne einer ergänzenden und
adaptiven "Feinsteuemng" die Betriebsrealitäten im
Gegensatz zum veranschlagten Haushaltsplan (als
Absicht und "Grobsteuemng") einfließen lassen.
Für ein im Markt handelndes und sich behauptendes
Unternehmen gilt dies umso mehr, ist eine solche
adaptive Kostensteuerung doch existenz–
bestimmend.
Als Schwachpunkt der Verwaltungskameralistik
bzw. der Philosophie der behördlichen "Mittel-
bewirtschaftung" kann somit die einseitige und
starre Fixitation auf die rechtmäßige Mittel–
verwendung gemäß Haushaltsplan und fehlende
systemische Flexibilität auf die Betriebswirklichkeit
und die Berücksichtigung von neuen Beobachtungen
und Erkenntnissen erkannt werden.
Die angedeutete Systemschwäche der Verwaltungs–
kameralistik soll am Beispiel der Projektsteuemng
verdeutlicht und vertieft werden.
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