Seite 26 - CONTROLLER_Magazin_1995_01

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Controller magazin
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In der kameralislischen Denkweise werden für ein
genehmigtes mehrjähriges Projekt Finanzmittel aus
den genehmigten Haushaltsplänen bereitgestellt und
nach der Auftragserteilung "festgelegt". Damit sind
die Finanzmittel als "Projektbudget" für das Projekt
(exklusiv) reserviert. Die Kostensteuerung des Pro–
jektes orientiert sich in der konventionellen kamerali-
stischen 'Mittelbewirtschaftung" nun weitgehend
einseitig an der Einhaltung dieses rechtmäßigen
"Projektbudgets" ('Topfdenken"). Vom Kosten–
steuerungssystem wird hier über die "Ausgabe" als
Beobachtungs- und Steuergröße das Projekt gesteu–
ert ("MittelabflußkontroUe" ä la "Wasserstandsmelde-
verfahren").
Eine weitergehende Beobachtung von Termin- und
Zielerfolgsbeobachtung ist systemisch bei der
kameralislischen "Mittelbewirtschaftung" nicht
vorgesehen. Damit wird jedoch ein wesentliches
Kriterium für die Beurteilung des wirtschaftlichen
Ressourceneinsatzes völlig außer Acht gelassen.
Denn verspäteter oder nicht zielgerechter Projekt–
abschluß hat für die Projekt-Effizienz und die
Projektkosten eine hohe Bedeutung. Insbesondere
für marktorientierte Untemehmen kann das "timing"
gerade das entscheidende Kriterium für eine Wirt–
schaftlichkeitsbeurteilung des Projektes sein. Es gibt
nichts teureres als ein in seiner Funktion einge–
schränktes bzw. seiner Zielsetzung verfehltes oder
überflüssiges Projekt.
Vorschläge zu einem effizienten Projektcontrolling
Bei der Formuliemng eines Systems zum "Projekt–
controlling' sollte daher auf eine projektbegleitende
Zielsteuemng geachtet werden, die Koslen- und
Terminsleuemng integriert.
Hierzu sind im Prinzip die aus dem Controlling be–
kannten Verfahren der analytischen Kostenplanung
und der Abweichungsanalyse auf die besonderen
Abläufe eines Projektes zu übertragen.
Man unterteilt ein geplantes Projekt in erkenn- und
bewertbare Zwischenstadien ("Meilensteine") und
plant und bewertet für alle "Meilensteine" integrierte
Koslen- und Terminziele (Kosten- und Termin-
tupel).
Bei der Projektsteuerung ist darauf zu achten, daß
die Abweichungsanalyse jedes erreichten "Meilen–
steines" sich sowohl auf die Kosteneinhaltung als
auch die Termineinhaltung erstreckt. Denn nicht nur
Plankostenüberschreitungen des jeweiligen "Meilen–
steines" erhöhen die Gesamtprojektkosten, sondem
auch die Planterminüberschreitungen können
erhebliche kostenrelevante negative Auswirkungen
auf das Gesamlprojekt haben. Hierbei sind die durch
längere Projektlaufzeit bedingten höheren Kapital–
kosten und die Deckungsbeitragsausfälle durch
verspätete Projektferligslellung nur die
quanlifizierbaren Kosten.
Auf strategische Gesichtspunkte, die eine "Projekt–
verspätung" bei im Markt handelnden Unternehmen
bewirken, sei nur am Rande verwiesen. So kann ggf.
eine solche "Projektverspätung" den Nutzen bzw.
den Erfolg des Gesamtprojektes insgesamt in Frage
stellen (z. B. wenn die "Creation" des Projektes
"Badekleidung" statt im Hochsommer im Winter
endet). Damit wird die Bedeutung einer begleiten–
d e n u n d S t e u e r a d e n
Projeklerwartungsrechnung
besonders deutlich, da auch immer von "Meilenstein"
zu "Meilenstein" eine strategische Zielerfolgsab–
schätzung vorgenommen werden sollte. Denn in ein
frühzeitig als nicht zu den erwarteten Marktkondi-
lionen vermarktbar erkanntes Projekt kann man sich
jede weitere Investition ersparen. Hier ist allerdings
der Mut der Entscheidungsträger gefordert, ggf.
"Fehlinvestitionen" frühzeitig als solche zu erkennen,
wahrzunehmen und zu handeln. Dies zeigt aber auch
umso deutlicher, welche wichtige Bedeutung inner–
halb der Unternehmenssteuemng einem weitgehend
von Sachzwängen unabhängigen Controlling
zukommt und welche Komplexität der Controller bei
seinen Analysen zu berücksichtigen hat.
Eine zum Projektstart erstmalig vorgenommene
"Meilensteinplanung' des Projektes sollte mindestens
bei jedem "Meilenstein" konsequent hinsichtlich
Kosten und Termine bis zum Projektabschluß über-
art)eitet werden. Hierbei sollten die zum jeweiligen
"Meilenstein" faktischen Kosten- und Termin–
abweichungen einer umfassenden Ursachenanalyse
unterzogen werden, um Rückschlüsse und abgesi–
cherte Einschätzungen auf den zukünftigen Projekt–
verlauf bzw. die nachfolgenden "Meilensteine"
ziehen zu können.
Die gesamte Projektsteuemng kann damit bis zum
Projektabschluß als ein kognitiver Prozeß verstanden
werden. " Aus dieser erkenntnisvermittelnden
Bedeutung der Ursachenanalyse ergibt sich auch der
hohe Informationswert eines möglichst authenti–
schen Projektberichtswesens bzw. einer begleitenden
zeitnahen Projektdokumentation.
Exemplarisch zeigt Abb.
1
(Wochenbericht) einen
Formularvorschlag für
d i e
Gestaltung
e i n e s
projektbegleitenden Wochenberichtes.
Mindestens bei jedem "Meilenstein" sollte auch für
den Projektcontroller resp. die Projektleitung die
Gelegenheit zu einer "Projektzielüb>erprüfung'
wahrgenommen werden. Während die Überarbei–
tung der Kosten und Termine künftiger "Meilenstei–
ne" eine quantifizierbare und mehr oder minder
leicht verifizierbare und ggf. standardisierbare
Aufgabe ist, erfordert eine "Projektzielüberprüfung"
i. d. R. höhere Ansprüche an das Erkenntnisvermö–
gen des Beurteilers.
Zusammenfassende Melhodendiskussion zur
Meilensteinplanung
Durch die Meilensteinplanung erfolgt eine ereignis–
orientierte Projektplanung, bei der Termin- und
" Oder um es mit den Worten des Philosophen Karl Rai–
mund Popper zu sagen, "es gibt keine endgültige Erkennt–
nis der Wahrheit". Diese Aussage Poppers für die ""Logik
der Forschung" gilt auch für jedes Projekt, insb>esondere
dann, wenn Neuland betreten wird. Genauso wie jedes
Forschungsergebnis vorläufig ist und durch neue Beobach–
tungen in Frage gestellt werden kann bzw. sich in Frage
stellen muß, ist jeder '"Meilenstein" eines Projektes nur ein
vorläufiges erkenntnisvermitfelndes "Etappenergebnis"',
welches erst bei zielgerechter Projekterfüllung (innerhalb
Funktion, Kosten, Termin) seiner Bedeutung gerecht wird.
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