Controller magazin
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Bedingungen zu bestehen. ImArbeitsleben ist
es aber so, daß unter dieser Obhut natürlich
auch jeder nur verminderte Verantwortung
hatte. Denn alles Risiko, das irgendwo auftrat,
ist ja letztlich von der Gesellschaft getragen
worden. Und das hat ja auch letztlich zu ihrem
Zusammenbruch geführt.
Das Gleichheitssyndrom: Im Arbeitsleben
stehen hier vor allem bisher fehlende zuverläs–
sige Kriterien für die Leistung eines Unterneh–
mens. Das heißt, es war nicht möglich, exakt
einzuschätzen, was das Untemehmen bringt.
Dazu war das gesamte System der Leitung,
Planung, Bilanziemng, Abrechnung nicht
geeignet. Es ist aber auch ein Gleichheitssyn–
drom zu überwinden, das eine soziale Gleich–
schaltung beinhaltete, eine Nivelliemng der
Einkommens-Unterschiede. Und letzdich auch
eine Art kollektiver Beschränkung der Leistung
in diesem Arbeitskollektiv, da wo zusammen–
gearbeitet wurde. Wamm sollte man sich denn
engagieren? Was war denn das Motiv dafür? Es
war doch viel einfacher, in dieser gesicherten
und mhigen Gmppe zu sein und nicht aufzufal–
len. Die Anpassungslasten für die Menschen
sind hoch. Und finanzielle Anpassungshilfen
sind die eine Seite. Brücken zur Einbindung in
den Arbeitsprozeß und zur Überwindung der
Zweitklassigkeit die andere, mindest genauso
wichtige Seite.
Wenn wir dieses Spannungsfeld Markt und
Effizienz, Befindlichkeit der Menschen, staatli–
che Maßnahmen, aber auch Strategiekonzepte
betrachten, dann werden sie künftig noch
größere Brisanz haben. Die Strategie des Über–
gangs zur Marktwirtschaft, vor allem durch die
Treuhandanstalt verantwortet, setzt auf Eigen–
tumswandel. Dieser Prozeß des Eigentums–
wandels ist noch in vollem Gange. Der Status
der Unternehmen in den neuen Bundesländern
weist heute eine große Vielfalt auf. Und das hat
natürlich auch wieder Einfluß auf ihren Ent–
wicklungsstand, auf ihr Engagement, auf ihre
Tätigkeit. Wir hatten private Unternehmen. Sie
bestanden schon früher. Sie durften nur nicht
mehr als 10 Beschäftigte haben. Dann haben wir
jetzt re-privatisierte Unternehmen, die aus der
Enteignung von 72 hervorgehen. Wir haben neu
gegründete private Unternehmen und dann
haben wir Untemehmen, die ehemals volksei–
gen waren, privatisiert oder tcil-privatisiert
wurden. Und wir haben Unternehmen, die
ehemals volkseigen waren und ihre Privatisie-
mng betreiben. Bei den letzteren muß man
unterscheiden: effizient wirtschaftende, sanie-
mngsfähige und Unternehmen, die der Liquida–
tion bedürfen. Die Einstufung hierfür wird
durch die Treuhand mit Saniemngskonzepten
als Dokumente der Einstufung vorgenommen.
In diesem Umwandlungsprozeß zeigen sich die
größten Defizite im Management, im Marke–
ting und im Controlling. Das sind Defizite, die
aus der Verschiedenartigkeit der Systeme
resultieren. Das heißt, es sind - ich möchte mal
nur drei Probleme nennen: Zu erkennen, daß
Produktbesitz und Marktbesitz das Wichtigste
für ein Unternehmen ist, das ist jetzt erst ent–
standen. Denn Sie müssen davon ausgehen, die
Unternehmen bekamen beauf-lagte Produk–
tionssortimente, auch Umfange, es wurden ihre
Abnehmer festgelegt. Wollten Sie ein neues
Erzeugnis produzieren oder entwickeln, dann
mußten Sie dafür einen Antrag stellen. Sollte
das auslaufen, mußte das auch beantragt
werden. Nun stellen Sie sich vor, jetzt in diesem
Weltmeer als dieses kleine Schiff DDR-Unter–
nehmen zu schwimmen...
Das zweite Hauptproblem, das ich sehe, das
besteht darin, das Eigenkapital oder überhaupt
das
Kapital in seiner
Verwer tungsnotwendi gke i t
zu erkennen.
Volkseigentum war anonym. Da gab es Fonds,
die in einer Bilanz ausgewiesen wurden. Die
Bilanz unterscheidet sich in den Positionen
nicht wesentlich von der des HGB. Aber es war
eben kein Eigenkapital, das sich verwerten
mußte. Und damit ist also auch der Gewinn als
Vorsteuergröße der Rentabilität, der Liquidität
für die Potentiale nicht in seiner Bedeutung
erfaßt worden. Sie müssen davon ausgehen,
die
Rentabi l ität war immer der Planung unterge–
ordnet.
Das heißt, es ging immer dämm, mate–
rielle Bilanzen
zu
erfüllen und dann die Bilan–
ziemng - es waren ja 6000 Erzeugnisse und
das muß man als eine bestimmte Leistung
anerkennen, denn es ist ja so, daß gerade die
alte DDR imVergleich zu den anderen soziali–
stischen Ländem doch einiges erreicht hatte
und wir haben eben dann 6000 Erzeugnisse im
Aufkommen, in der Verwendung bilanziert.
Nun können Sie sich vorstellen, was das für ein
Umfang war und wenn das einigermaßen eine
Aussage haben sollte: ich glaube, wir müssen
nicht weitersprechen.
Wesentlich ist, daß
z.
B.
ke in Un t emehmen
insolvent werden konnte .
Es war immer eine
staatliche Finanziemng und eine zentral festge–
legte Entwicklung des Betriebes,
ich
wi l l
es
mal
so sagen, bis zur Ewigkeit da.
Ein drittes Problem, das ist die Frage der
Abführungsprakt ik.
Wir haben jetzt ein Steuer–
system, das auf Leistungsorientiemng aus
ist.
Abstriche sollte man hier nicht irgendwie in den
Vordergmnd stellen. Bisher gab es eine fast
totale Abfühmngsprax i s und zwar für Gewi nn
und Abschre ibungen.
Das heißt, diese drei
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