Impulse geben und nachjustieren
1. Ruth Seliger („Das Dschungelbuch der Führung“, Carl-
Auer, 2008).
Führung kann über Face-to-Face-Kommunika-
tion gestaltet werden oder indirekt über Kommunikations-
settings. Zur direkten Einflussnahme gehört das Fragen
und das Feedbackgeben (insbesondere, wenn dadurch
andere nachdenklich gestimmt werden oder angeregt wer-
den). Zu den Kommunikationssettings gehört die Festle-
gung, wer mit wem in welchen Meetings regelmäßig zusam-
mentrifft. Abteilungsübergreifende Projektgruppen sowie
abteilungsübergreifende Workshops zu aktuellen Themen
gelten als wirkungsvolle Settings.
2. Rudolf Wimmer („Praktische Organisationswissen-
schaft“, Carl-Auer 2009).
Wimmer fordert sogar, Führung
müsse mit ihren Impulsen die Organisation „stören“, um
eine Stagnation im alten Trott zu verhindern. So neige zum
Beispiel eine Organisation im Laufe der Zeit zur Verschwen-
dung. Führung müsse das Thema Wirtschaftlichkeit anhand
von Kennzahlen (Veränderung von Aufwand und Ertrag) in
der gesamten Organisation regelmäßig zur Diskussion
stellen. Ein anderes Beispiel lautet: Da Organisationen
zur Binnenorientierung neigen, muss Führung an diesem
Punkt „stören“ und regelmäßig Projekte („Prüfstände“)
aufsetzen, die nach möglicherweise geeigneteren Organi-
sationsformen suchen, mit denen man schneller auf den
Markt reagieren könnte.
3. Gisela Osterhold („Veränderungsmanagement“, Gab-
ler 2002).
Für Osterhold heißt Kommunikation nicht nur
Informationsübermittlung, sondern kann auch „Kreativität,
die im Dialog entsteht“ bedeuten. Um Innovationen zu för-
dern, sollten deshalb Reflexion und Feedbackschleifen in
das Tagesgeschäft integriert werden. Besondere Impulse
Hintergrund.
Lebende Systeme haben die Eigenart, sich nicht „von oben“ steuern zu lassen.
„Wie können wir etwas steuern, was sich nicht steuern lässt“, fragen Führungskräfte.
Viele systemische Berater haben sich mit dem Thema auseinandergesetzt. Ein Überblick.
gehen laut Osterhold von neuen, plakativen Schlagworten
aus, die die Führung in Umlauf bringt. Eine wirkungsvolle
Metapher sei zum Beispiel die unternehmensintern vor-
und nachgelagerten Beziehungen als „Kunden-Lieferanten-
Beziehung“ zu definieren. Dieses Modewort leitete ein
Umdenken ein: Jeder in der Prozesskette verstand, dass
man aufeinander angewiesen war und sich nicht nur um
seine eigenen Probleme kümmern durfte.
4. Fritz B. Simon („Einführung in die systemische Organi-
sationstheorie“, Carl-Auer, 2007).
Simon untersucht aus-
führlich, wie Führung „zielgerichtet“ in das Kommunikati-
onssystem eingreifen kann. Oberste Bedingung ist, dass
man „Anschluss“ finden muss an die bestehenden Kom-
munikationsregeln. Anschließend gibt es drei strategische
Optionen: 1. Die bestehenden Regeln werden unterbro-
chen. 2. Es werden nach dem Motto Versuch und Irrtum
Varianten eingeführt. 3. Es werden neue Organisationsein-
heiten gegründet mit neuen Regeln.
Auf dem Kongress „X-Organisationen“ im Jahr 2005 in
Berlin hat Simon einen Workshop mit Andreas Bernstorff
durchgeführt, der als Kampagnen-Berater für Greenpeace
arbeitet. Greenpeace-Kampagnen sind kommunikative
Interventionen in größere soziale Systeme und können
deshalb Vorbildcharakter für das Business haben. Sowohl
Greenpeace als auch das Top-Management wollen mit Kom-
munikation ein Veränderungspotenzial aktivieren. Beide
nutzen dazu vorgegebene Kommunikationsstrukturen und
widersetzen sich gleichzeitig den offiziellen Spielregeln.
„Kampagnen zu fahren, ist die eigentliche Aufgabe einer
Geschäftsführung“, lautete Simons Fazit.
Martin Pichler