WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 43/2016 - page 5

Wohnungsbau bestimmt Diskussionen bei traditioneller Fachtagung in Reit
im Winkl
Reit im Winkl – Vom 10. bis 12. Oktober 2016 veranstaltete der Verband bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW Bay­
ern) seine traditionelle Herbstfachtagung „VdW im Dialog“ in Reit im Winkl. Der Vorsitzende des Gesamtvorstandes, Ma­
rio Dalla Torre, konnte rund 500 Teilnehmer begrüßen. Am „politischen Montag“ standen neben dem Wohnungsbau auch
die Perspektiven der Digitalisierung und Europa auf der Tagesordnung.
AUS DEN VERBÄNDEN
Investitionen in Höhe von 1,33 Milliarden
Euro, 2.144 neue bezahlbare Miet- und
Genossenschaftswohnungen, „eine starke
Leistung einer starken Truppe“ – so fasste
der VdW-Verbandsvorsitzende
Mario
Dalla Torre
die Leistungen der Verbands-
mitglieder aus dem Jahr 2015 bei seiner
Begrüßung zusammen. Aber dennoch
dürfe man sich von diesen Zahlen nicht
blenden lassen, der Sozialwohnungsbe-
stand in Bayern habe sich in den letzten
15 Jahren nahezu halbiert – dabei sei die
Nachfrage gewachsen. Die großen Heraus-
forderungen des Wohnungsbaus standen
deshalb im Zentrum der Fachtagung.
Ein Jahr vor der Bundestagswahl –
Was erwartet die Branche?
„Das Thema Wohnen wird eine wichtige
Rolle in den Wahlprogrammen aller Par-
teien spielen“, diese positive Nachricht
stellte
Axel Gedaschko
, Präsident des
Spitzenverbandes GdW, seinem Vortrag
über die nahende Bundestagswahl und die
möglichen Folgen für die Branche voraus.
Die Politik verfolge beim Thema Wohnen
vor allem zwei Ziele: die Eigentumsbildung
und die Stärkung des Mietwohnens, wor-
unter auch das Mietrecht fällt. Die Her-
ausforderung der Wohnungswirtschaft
liege nun darin, die eigenen Interessen in
den Wahlkampf einzubringen. Damit kam
Gedaschko gleich zu einem Thema, dass
sich in den Wahlprogrammen von Bünd-
nis 90/Die Grünen und der Linken befin-
det: „Die neue Wohnungsgemeinnützig-
keit“. Dahinter stehe imWesentlichen eine
stärkere staatliche Förderung des Baus von
bezahlbaren Wohnungen, so der GdW-
Präsident. Also von einem Geschäftsmo-
dell, das ohnehin von kommunalen Woh-
nungsunternehmen und Genossenschaften
praktiziert werde. Eine neue Wohnungs-
gemeinnützigkeit würde laut Gedaschko
die Gefahr mit sich bringen, dass dann nur
noch Unternehmen Fördermittel erhalten,
die sich diesem System unterwerfen. „Die
Handlungsfreiheit der Wohnungsunter-
nehmen ist bedroht“, sagte der GdW-Prä-
sident. Für Gedaschko ist die ganze Dis-
kussion nur eine Ablenkung von den vom
Bündnis für bezahlbares Wohnen und
Bauen erarbeiteten Maßnahmen. Anstelle
diese zügig umzusetzen, werde nun unnö-
tig ein neuer Schauplatz aufgemacht. Deut-
lich zu machen, dass es bereits zahlreiche,
abgestimmte Empfehlungen für bezahl-
baren Wohnungsbau gibt, werde eine der
Hauptaufgaben imWahlkampf sein. Dane-
ben gelte es, eine Verschärfung der Miet-
preisbremse zu verhindern. Denn die Mit-
glieder der deutschen Wohnungswirtschaft
seien hier die falschen Adressaten.
„Viel wichtiger ist es, den Neubau voran-
zubringen“, forderte Gedaschko. Dafür
müsse dringend die Vergabe von Bauland
beschleunigt werden. Darüber hinaus sollte
Wohnbebauung nach § 34 Baugesetzbuch
im Innenbereich von Städten erleichtert
werden. „Um den Wohnungsbau wirklich
anzukurbeln, brauchen wir endlich auch
bessere steuerliche Bedingungen für den
Wohnungsbau“, so Gedaschko. Dafür sei
eine Erhöhung der linearen Abschreibung
für Abnutzung (AfA) von zwei auf mindes-
tens drei Prozent sowie eine Investitionszu-
lage für den Wohnungsneubau notwendig.
Mehr Wohnungsbau für Bayern
Bayerns Innen- und Bauminister
Joa­
chim Herrmann
zog eine positive erste
Zwischenbilanz zum im Oktober 2015
geschlossenen „Wohnungspakt Bayern“.
„Der Wohnungspakt Bayern, für den wir
bis 2019 rund 2,6 Milliarden Euro bereit-
stellen, ist sehr gut angelaufen“, erklärte
Herrmann. „Der Freistaat, die Gemeinden,
die Kirchen und insbesondere die Woh-
nungswirtschaft ziehen bei der Wohn-
raumförderung an einem Strang.“ Das sei
ein wichtiger Schritt zu mehr bezahlbarem
Wohnraum für Menschen mit geringeren
Einkommen. Ziel seien bis zu 28.000 neue
staatliche und staatlich geförderte Woh-
nungen in Bayern. Herrmann stellte aber
auch klar, dass sozialer Wohnungsbau
allein kein Allheilmittel für den stark stei-
genden Bedarf an Wohnraum sein kann.
„Der Großteil der benötigten Wohnungen
muss von privaten Investoren und Woh-
nungsunternehmen gebaut und frei finan-
ziert werden. Dazu muss der Bund endlich
politische Vorfahrt für den Wohnungsbau
geben. Deutschland braucht eine Agenda
2020 für den Wohnungsbau!“ Nach Herr-
manns Worten hat der Bund dafür genü-
gend Kompetenzen. „Von der Bauleitpla-
nung bis zum Steuerrecht muss der Bund
jetzt die Weichen auf Wohnungsbau stel-
len. Da ist genug zu tun, anstatt sich in
Zuständigkeitsdiskussionen von vorgestern
zu verzetteln.“ Herrmann kritisierte, dass
Bundesbauministerin Barbara Hendricks
eine Diskussion über Zuständigkeiten ange-
stoßen habe und am liebsten die Födera-
lismusreform bei der sozialen Wohnraum-
förderung wieder zurückdrehen wolle.
„Wir lehnen die Überlegungen strikt ab,
hier Kompetenzen an den Bund abzuge-
ben“, stellte Herrmann unmissverständlich
fest und sieht hier auch den VdW Bayern
an seiner Seite. „Wo der Bund zuständig
ist, kommen nicht unbedingt mehr Woh-
nungen heraus.“ Das zeige sich neben
der Bauleitplanung und dem Steuerrecht
etwa beim Energieeinsparrecht. "Wo
dagegen Bayern zuständig ist, da ist die
Wohnungswirtschaft in besten Händen",
sagte Herrmann. Beispielsweise habe Bay-
ern zusammen mit Sachsen mit 3,5 Pro-
zent bundesweit die niedrigste Grunder-
werbssteuer. "Das ist so und das bleibt so",
sicherte der Minister zu.
Ein Jahr Wohnungspakt Bayern aus
Sicht der Wohnungswirtschaft
„Die Wohnungswirtschaft nimmt ihr
Kernthema Mietwohnungsbau ernst“,
sagte VdW-Verbandsdirektor
Xaver Kro­
ner
. Durch die langen Bauzeiten könne
Bayerns Innen- und Bauminister Joachim Herr-
mann mit VdW-Verbandsdirektor Xaver Kroner
(v. l.)
Fotos: Klaus D. Wolf
GdW-Präsident Axel Gedaschko
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