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PERSONALRISIKEN
TITEL
05 / 12 personalmagazin
punkte gezielte Maßnahmen entwickelt,
die geeignet sind, Risiken zu verhindern
oder zu reduzieren. Amwirkungsvollsten
sind in der Regel präventive Ansätze.
Die Prioritäten sind entsprechend der
Risiko-Evaluation im einzelnen Unter-
nehmen zu setzen. Steuerungsansätze
sind dementsprechend immer unter-
nehmensspezifisch und können nicht
verallgemeinert werden.
Die Risikoüberwachung schließt den
Kreis des Risikozyklus. Sie knüpft an
die Risikomessung an und verfolgt die
Entwicklung der Risiken mit den Instru-
menten des Personal-Controllings.
Das Engpassrisiko identifizieren
An ein paar Beispielen lässt sich erläu-
tern, wie Unternehmen ihre Personalri-
siken identifizieren können. So äußerte
kürzlich der CEO von Siemens, er sehe
bis zum Jahr 2020 eine Lücke von 14.000
Mitarbeitern – vor allem Ingenieure –
in seinem Unternehmen. Qualifizierte
Mitarbeiter bestimmen gerade vor dem
demografischen Hintergrund oft die
Grenzen von Leistungsfähigkeit und
Wachstum des Unternehmens. Der CEO
hat also ein klassisches Engpassrisiko
erkannt.
Weitere Hinweise darauf, dass das Un-
ternehmen auf einen Engpass zusteuert,
sind eine mangelnde Arbeitgeberat-
traktivität und ein unklares Employer
Branding: Die Konkurrenz um die qua-
lifiziertesten Leute wächst. Um sie muss
in Zukunft richtig geworben werden.
Gestützt auf eine Arbeitgebermarke wer-
den Unternehmen vermehrt versuchen,
„Employer of Choice“ zu werden.
Zudem sind im Feld des Engpassrisi-
kos auch die Auswahlentscheide unter
die Lupe zu nehmen. Sie sind besonders
risikobehaftet, weil sie die Zukunft des
Unternehmens langfristig prägen und
schwer korrigierbar sind. Die Kosten von
Fehlbesetzungen werden unterschätzt.
Jede Einstellung ist eine große Investi-
tion, und Kompromisse in der Auswahl
rächen sich. Wenn die Falschen ausge-
wählt wurden, ist es schwierig, nachträg-
lich fehlende Fähigkeiten entwickeln zu
wollen, vor allem, wenn sie den persön-
lichen oder sozialen Bereich betreffen.
Das Austrittsrisiko identifizieren
Auch ein Austrittsrisiko kann schwer
wiegen, wenn man es nicht frühzeitig
erkennt. Das zeigt schon ein kurzes
Beispiel: Ein amerikanisches Software-
Unternehmen verlor einen führenden
Software-Spezialisten an die Konkurrenz
zu einem Zeitpunkt, in dem das Unter-
nehmen große Gewinne schrieb. Der
Software-Chef warb 34 weitere Schlüs-
selpersonen ab. Ein Jahr später war aus
dem Gewinn ein ähnlich hoher Verlust
geworden.
Besonders kritisch betrachten muss
man also die Hinweise darauf, dass
Schlüsselpersonen und Leistungsträger
ausfallen. Kleinere und mittlere Unter-
nehmen können beimplötzlichen Ausfall
solcher Personen rasch in eine existenz-
bedrohende Situation geraten.
AmerikanischeUntersuchungenhaben
einen klaren Zusammenhang zwischen
geringer Fluktuation und Wachstum be-
ziehungsweise „Return On Investment“
aufgezeigt. Für die Mitarbeiterbindung
gilt wie für die Kundenbindung: Die Si-
cherung aktueller Mitarbeiter ist weit
weniger aufwendig als die Investition
in neue. Meistens sind sich die Füh-
rungskräfte aber nicht bewusst, was die
Fluktuation kostet. Eine Berechnung der
Fluktuationskosten zeigt, dass die ver-
loren gegangene Produktivität in der
Kündigungs- und Einarbeitungsphase
weit bedeutsamer ist, als die Personal-
suchkosten. Tatsächlich erfolgt der erste
Beispiel für ein Personalrisikomodell
Die Abbildung zeigt ein Beispiel, wie ein großes Verkehrsunternehmen die Risikofelder
und den Zyklus der Risikoidentifikation, -messung, -steuerung und -überwachung
systematisch festgelegt hat.
Integritätsrisiko
(nicht integre
Mitarbeiter)
Motivationsrisiko
(zurückgehaltene
Leistung)
Führungs- und
HRM-Risiken
Engpassrisiko
(fehlende
Leistungsträger)
Austrittsrisiko
(gefährdete
Leistungsträger)
Anpassungsrisiko
(falsch qualifizierte
Mitarbeiter)
Quel le: J. M. Kobi & Partner
Risikosteuerung
Risikoüberwachung
Risikoidentifikation
Risikomessung