Seite 39 - PERSONALquarterly_2013_03

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ausgegangen, dass Arbeitgeber eine soziale Kategorie darstel-
len, so ist anzunehmen, dass Bewerber mit der Anstellung bei
einem gesellschaftlich engagierten und damit für sie vermut-
lich attraktiven Unternehmen ein verbessertes Selbstkonzept
antizipieren (Albinger/Freeman, 2000). Eine Beschäftigung bei
einem gesellschaftlich verantwortlichen Unternehmen kann
potenziellen Arbeitnehmern dabei eine organisationale Identi-
fikationsbasis bieten, die als positiv distinkt von der anderer
Unternehmen empfunden wird. So könnte eine Betonung der
einzelnen CSR-Dimensionen einen entscheidenden Beitrag zu
einem verbesserten Selbstkonzept der potenziellen Arbeitneh-
mer leisten. Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen,
ist CSR als multidimensionales Konstrukt mit den Teilaspekten
Produkt-, Diversity-, Umwelt- und Mitarbeiter-Orientierung auf-
zufassen. Anhand der Untersuchung von Backhaus et al. kann
die Vermutung aufgestellt werden, dass die verschiedenen CSR-
Dimensionen die Organisationale Attraktivität im Einzelnen be-
einflussen (Backhaus et al., 2002).
Untersuchungsdesign
Da im Mittelpunkt des Interesses die Frage steht, auf welche
CSR-Kriterien sich die Beurteilung der potenziellen Arbeitneh-
mer tatsächlich stützt, wurde als Versuchsdesign der Policy Cap-
turing-Ansatz ausgewählt. Der Ansatz stellt ein ökonomisches
Verfahren dar, um zu erfassen, anhand welcher Kriterien Pro-
banden verschiedene Szenarien bewerten. Die Methode erlaubt
es, die Vorgehensweise bei Beurteilung von verschiedenen Hin-
weisreizen zu analysieren und hat insbesondere im Rahmen
der Arbeitgeberwahl mehrfach Anwendung gefunden. Mehrere
Hinweisreize ergeben zusammen das Versuchsmaterial, das die
Personen einschätzen müssen. Der Ansatz liefert statistische
Kennwerte für die Wichtigkeit, die den einzelnen Hinweisrei-
zen bei der Beurteilung zukommt. Für die vorliegende Studie
dienen in Anlehnung an Backhaus et al. die verwendeten CSR-
Dimensionen Produkt-, Umwelt-, Diversity- sowie Mitarbeiter-
Orientierung als Hinweisreize (Backhaus et al., 2002).
In Anlehnung an Backhaus et al. wurde eine Reihe von Situ-
ationsbeschreibungen (Unternehmensszenarien) anhand einer
verbalen Ausformulierung der einzelnen Kriterien Umwelt-, Pro-
dukt-, Diversity- und Mitarbeiter-Orientierung gebildet, die den
Probanden vorgelegt wurden (Backhaus et al., 2002). Die Varia-
blen Produkt-, Diversity-, Umwelt- und Mitarbeiter-Orientierung
wurden jeweils in zwei Stufen variiert (z. B.: „Das Unternehmen
stellt umweltfreundliche Produkte her“/„Das Unternehmen stellt
keine umweltfreundlichen Produkte her“). Es ergaben sich somit
insgesamt 2
4
= 16 Kombinationen. Im Folgenden findet sich bei-
spielhaft ein Unternehmensszenario, das mit jeweils einer hohen
Ausprägung der vier CSR-Dimensionen operationalisiert wurde.
Unternehmensszenario: Das Unternehmen stellt umwelt-
freundliche Produkte her. Das Unternehmen setzt sich stark für
die Einstellung und Förderung von Frauen und Minderheiten
ein. Das Unternehmen hat ein Qualitätsmanagementsystem
implementiert. Im Unternehmen existiert eine betriebliche Al-
tersvorsorge.
In Bezug auf die abhängige Variable Organisationale Attraktivi-
tät wurde der Definition von Turban/Keon gefolgt, wonach unter
der Organisationalen Attraktivität die generelle Organisationale
Attraktivität sowie die Bewerbungsbereitschaft verstanden wird
(Turban/Keon, 1993). Die Erfassung der Organisationalen Attrak-
tivität orientierte sich demnach an dem empirisch bewährten
Inventar von Turban/Keon(1993). Eine zusätzliche faktorenana-
lytische Prüfung der Variablen auf die entsprechenden Qualitäts-
kriterien mündete in sehr guten Ergebnissen (Lis, 2010).
CSR-Dimensionen haben unterschiedlichen Einfluss
Die empirische Untersuchung erfolgte mittels einer schriftlichen
Befragung von Studenten verschiedener Fachrichtungen an der
Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Innerhalb des Erhe-
bungszeitrahmens wurde bei insgesamt 300 zufällig ausgeteil-
ten Fragebögen eine Rücklaufquote von 78 % erreicht. An der
Befragung nahmen 51,8 % Frauen und 48,2 % Männer teil. Das
Durchschnittsalter lag bei 25 Jahren. Alle Teilnehmer befanden
sich zum Erhebungszeitpunkt im Hauptstudium. Ein Grund für
die starke Repräsentanz der Hauptstudiums-Studenten lag in der
dezidierten Fokussierung der Studie auf potenzielle Arbeitneh-
mer und damit einhergehend die Ausrichtung auf Absolventen.
Die Analyse zeigte einen direkten positiven Einfluss der ein-
zelnen CSR-Dimensionen auf die Organisationale Attraktivität.
Ein interessantes Ergebnis aus unternehmerischer Sicht ist im
Hinblick auf die Stärke des Einflusses der einzelnen CSR-Dimen-
sionen zu verzeichnen. Die Variablen Diversity- und Mitarbeiter-
Orientierung stellen hierbei die einflussreichsten Variablen dar.
Wenn Unternehmen die Organisationale Attraktivität poten-
zieller Arbeitnehmer stärken möchten, sollten sie eben diese
Faktoren im Rahmen einer CSR-Orientierung ansprechen. Die
stärkere Wirkung dieser beiden Faktoren könnte in Argumenta-
tion mit Backhaus et al. (2002) darauf zurückzuführen sein, dass
die Befragten beiden Formen eine höhere persönliche Bedeut-
samkeit beimessen. Beide Dimensionen entsprechen dieser For-
derung, denn sie betreffen maßgeblich das tägliche Arbeitsleben
eines Unternehmensmitarbeiters (Backhaus et al., 2002). Die Di-
mensionen Produkt- sowie Umwelt-Orientierung wurden von den
Untersuchungsteilnehmern hingegen als verhältnismäßig weni-
ger bedeutsam eingestuft. Dieses Ergebnis lässt sich vermutlich
darauf zurückführen, dass in Deutschland nur solche Produkte
und Dienstleistungen hergestellt und vertrieben werden, die den
in Deutschland geltenden hohen Sicherheitsstandards, DIN-Nor-
men sowie sonstigen gesetzlichen Anforderungen entsprechen.
So scheint stets ein Mindestmaß an Qualität gewährleistet.
Dies gilt ebenso für die Dimension Umwelt-Orientierung. Auch
hier ist Deutschland im Ländervergleich beispielhaft. Damit ein-
hergehend könnten potenzielle Mitarbeiter diese Dimension als