Seite 69 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2014_12

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Was ist der Deutsche Nachhaltigkeitskodex?
Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) ist ein
Transparenzstandard, der einfach, robust und
pragmatisch an strategisches Nachhaltigkeitsma-
nagement heranführt. Nur was getan wird, kann
auch berichtet werden. Das vermeidet Greenwa-
shing und heile Welten.
Unternehmen, die gut, zukunftsorientiert und
verlässlich wirtschaften, sollten das unbedingt
darlegen. Einerseits aus purem Eigeninteresse,
weil damit imWettbewerb zunehmend gepunktet
werden kann. Andererseits aber auch, um andere
Wettbewerber unter Druck zu setzen, gleichzu-
ziehen.
Ein gesunder Wettbewerb um Nachhaltigkeit ist
wichtig. Eine allzu einsame Poleposition kann
dazu führen, dass die Exzellenz außer Konkurrenz
läuft. Das ist nicht das Ziel. Das Ziel ist vielmehr,
den Markt insgesamt auf Nachhaltigkeit auszu-
richten, weil große Herausforderungen vor uns
liegen, die nicht von der Politik alleine gelöst
werden können: der demografische Wandel mit
der alternden Gesellschaft in Industriestaaten
und der global wachsenden Bevölkerung auf der
anderen Seite. Das bringt enormen Druck auf
die Ressourcenverteilung und erfordert Res-
sourceneffizienz. Wer nachhaltig wirtschaftet,
kann im besten Sinne für die Kunden und die
eigene Wettbewerbsfähigkeit unternehmerisch
tätig sein und hilft obendrein, wichtige gesell-
schaftliche Ziele zu erreichen. Das verdient An-
erkennung!
Welche Bedeutung hat die Branchenergän-
zung durch die Wohnungswirtschaft für die
Wirtschaft in Deutschland?
Die Branchenergänzung durch die Wohnungs-
wirtschaft ist ein wichtiges Signal. Ihre Branche
steht im Kunden- und Investorenkontakt, ist auf
vorausschauende Politik und verlässliche Rah-
menbedingungen angewiesen. Gleichzeitigmuss
sie sich steigenden Rohstoff- und Energiepreisen
stellen. Und vor allem: Die Menschen erfahren
hautnah, was gemacht oder auch nicht gemacht
wird. Die Wohnungswirtschaft ist politisch he-
rausgefordert, wenn in unseren Städten neuer
Wohnraum zu machbaren Preisen gefragt ist.
Dann müssen Ökonomie, Energieeffizienz und
Biodiversität sowie das soziale Anliegen in Über-
einstimmung gebracht werden. Das ist für Vorrei-
ter zu Nachhaltigkeitsthemen wichtig: Was hier
funktioniert, funktioniert als Managementansatz
auch in Ihrer Lieferkette und kann von den Bür-
gern nachvollzogen werden. Ich bin gespannt,
wie Sie das Thema Nachhaltigkeit zukünftig vor-
antreiben und freuemich, wenn andere Branchen
von Ihnen lernen.
Die Wohnungswirtschaft ist die erste
Branche, die den DNK auf ihre Bedürfnisse
angepasst hat. Gibt es weitere Branchen, die
das derzeit planen?
Angeregt durch die neue EU-Richtlinie zur nicht-
finanziellen Berichterstattung, die bis 2016 in
nationales Recht umgesetzt werden soll, regen
sich die Banken und Versicherungen. Der Banken-
verband etwa hat Ende September einen Leitfaden
zu Nachhaltigkeitsmanagement veröffentlicht,
aus dem sich nun eine konkrete Zusammenarbeit
mit dem Nachhaltigkeitsrat ergibt. Den Nachhal-
tigkeitskodex wenden Unternehmen aus vielen
sehr verschiedenen Branchen an.
Wie steht es um den DNK im internationalen
Vergleich? Ist er ein Exportschlager?
Exportschlager wäre etwas zu viel gesagt. Das In-
teresse allerdings ist groß: International wird der
„Sustainability Code“ stark beachtet und auch ge-
nutzt, umder wachsenden Berichtspflicht nachzu-
kommen. Unsere Argumente und die praktischen
Erfahrungen in der Anwendung finden offenbar
ihren Weg.
Setzt der Rat für Nachhaltige Entwicklung
mit seinem Nachhaltigkeitskodex weiter auf
Freiwilligkeit? Oder sind hier Verpflichtun-
gen für die Unternehmen geplant?
Der Nachhaltigkeitsrat setzt auf die Implemen-
tierung auf freiwilliger Basis, weil wir auf die
Lernfähigkeit des Marktes und seiner Akteure
bauen. Sicher, Nachhaltigkeit ist ein komplexes
Thema und es ist nicht ganz einfach abzugren-
zen, wo man anfangen und wo man aufhören
sollte. Der Nachhaltigkeitskodex zeigt, welche
Themen in Betracht gezogen werden müssen.
Diese Information ist für Anwender in Unter-
nehmen wichtig, aber sicher auch für Kunden,
Beschaffer und Investoren. Nachhaltigkeit im
Marktmechanismus bedeutet, dass die Marktak-
teure verbindliche und zuverlässige Informatio-
nen brauchen. Nach dem Staat zu rufen, ist die
zweitbeste Idee. Die Güte des ehrbaren Kauf-
manns in moderner Form zu interpretieren, ist
sicherlich besser.
Vielen Dank für das Interview!
Das Gespräch führte Katharina Burkardt.
Interview mit Prof. Dr. Günther Bachmann
„Unternehmen, die gut, zukunfts-
orientiert und verlässlich wirtschaften,
sollten das unbedingt darlegen.“
Quelle: RNE
Prof. Dr. Günther Bachmann ist seit 2007
Generalsekretär des Rats für Nachhaltige
Entwicklung. Der promovierte Land-
schaftsplaner arbeitete u. a. als Fachge-
bietsleiter im Umweltbundesamt, für den
Wissenschaftlichen Beirat Bodenschutz
beim BMU und forschte im europäischen
und amerikanischen Ausland. Seit 2001
leitete er die RNE-Geschäftsstelle, seit
Februar 2014 ist er Honorarprofessor an
der Leuphana Universität Lüneburg.
PORTRÄT
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12|2014