Seite 48 - wirtschaft_und_weiterbildung_2014_02

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training und coaching
48
wirtschaft + weiterbildung
02_2014
Strategien für Akademien mit „offenen“ Seminaren
Gastkommentar.
Der Trend, Seminare firmenintern („inhouse“) durchzuführen, führt zu der Frage:
Gibt es überhaupt noch eine Berechtigung für Akademien mit „offenen“ Seminaren?
Dr. Rolf Th. Stiefel, kritischer PE-Experte aus Scherzingen (Schweiz), beantwortet diese Frage mit
einem klaren „Ja“ – vorausgesetzt, die Akademien beachten acht zentrale Eckpunkte.
Dr. Rolf Th. Stiefel.
Der „Erfinder“ der strategieumsetzen-
den Personalentwicklung gilt als Vordenker der PE-Szene.
zu sehen, da Führung sehr unternehmenskulturbezogen
behandelt werden muss.
3.
Das offene Seminar als Weiterbildungsmaßnahme hat
dann eine Zukunft, wenn es als mehrstufige Veranstaltung
mit kleinen Teilnehmergruppen angeboten wird. Der beglei-
tende Trainer sollte dabei nicht nur über lehrinhaltliche
Kompetenz, sondern vor allem über eine entwicklungsbe-
gleitende Kompetenz verfügen.
4.
Wenn sich eine Akademie als fachlicher Weiterbildungs-
partner positioniert und in den Veranstaltungen „Leading-
Edge-Fachwissen“ (zum Beispiel aus dem Bereich „Pro-
jektmanagement“ oder „Globalisierung“) mit kleinen Teil-
nehmergruppen bearbeitet, das dann auch in der Praxis
umgesetzt werden kann, gibt es für das offene Seminar
eine unbestrittene langfristige Existenzberechtigung.
5.
Ein fachliches Veranstaltungsprogramm mit offenen
Seminaren ist dann für Unternehmen besonders attraktiv,
wenn der externe Partner ihm „inhouse“ ergänzende und
begleitende Maßnahmen bieten kann. Statt eindimensio-
naler Wertschöpfung sollte ein mehrdimensionales Wert-
schöpfungsangebot entwickelt werden.
6.
An oberster Stelle einer Kooperation mit Unternehmen
sollten externe Veranstalter über die Kompetenz zur Durch-
führung innerbetrieblicher Change-Projekte verfügen (nach-
dem Führungskräfte aus diesen Unternehmen an einem
offenen Seminar teilgenommen haben).
7.
Ein besonderes Konzept eines fachlichen Weiterbil-
dungsveranstalters könnte darin bestehen, dass er seine
offenen Seminare (eindeutig abgegrenzt) ebenen- und
zielgruppenspezifisch anbietet und anschließend in den
teilnehmerentsendenden Unternehmen ein Veränderungs-
programm (mit den Teilnehmern aus den unterschiedlichen
Seminaren) begleitet.
8.
Auch das Konzept eines externen PE-Partners für Mit-
telständler könnte ein externer Veranstalter verfolgen und
damit neben offenen Seminaren auch andere Maßnahmen
für die Klientenunternehmen anbieten.
Rolf Th. Stiefel
Hinweis.
Dr. Rolf Th. Stiefel publiziert seit 1997 den viertel-
jährlich erscheinenden Informationsdienst „Management-
Andragogik und Organisationsentwicklung“ (MAO), eine
Streitschrift für wirkungsvollere Personalentwicklung
Meine kritische Haltung gegenüber offenen Seminaren ist
bekannt. Das als Einzelmaßnahme durchgeführte, „freiste-
hende“ (offene) Seminar zu einem Führungsthema ist ten-
denzielles Entertainment, weil es die personellen Beson-
derheiten der Teilnehmer und die betrieblichen Besonder-
heiten der entsendenden Unternehmen unberücksichtigt
lässt.
Wenn dennoch „offene“ Führungsseminare in Anspruch
genommen werden, dann sind die Klienten zumeist Unter-
nehmen ohne besondere Personalentwicklungskompe-
tenz. Sie betreiben gegenüber ihren Mitarbeitern aktionis-
tische Placebo-Weiterbildung. Trotzdem glaube ich, dass
Management-Akademien seriöse Partner für Unternehmen
sein können. Folgendes gilt es dabei allerdings zu beach-
ten:
1.
Ein externer Veranstalter braucht eine klar fokussierte
Strategie, die ihn als Wertschöpfungspartner für Unterneh-
men auszeichnet. Ein „Bauchladenprogramm“ von interes-
santen Themen ist keine Strategie.
2.
Man muss als externer Veranstalter eine Einzigartigkeit
aufbauen, damit man für Unternehmen als „Partner für
Entwicklung“ attraktiv ist. Diese Einzigartigkeit ist nur aus-
nahmsweise in Führungsthemen (zum Beispiel in „Alpha-
betisierungsprogrammen“ für neu ernannte Manager)
Foto: Pichler