Seite 24 - wirtschaft_und_weiterbildung_2014_02

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wirtschaft + weiterbildung
02_2014
titelthema
Beratungsprojekt richtig einschätzt und
welche Preise wir nehmen können, weil
unser Rat von den Auftraggebern ausge-
sprochen wertgeschätzt wurde und wir
eindrucksvolle Referenzschreiben erhiel-
ten. Heute handeln wir mit manchen Auf-
traggebern ein Honorar mit einem fixen
und einem variablen Bestandteil aus.
Die variable Vergütung hängt zum Bei-
spiel davon ab, welchen Mehrgewinn der
Kunde im ersten Jahr durch unsere Bera-
tung realisieren kann. Das grundsätzliche
Problem bei dieser Art von Value-Pricing
besteht darin, im Vorfeld den Maßstab für
„Mehrgewinn“ festzulegen.
Sie waren von 1985 bis 1988 Direktor
des legendären Universitätsseminars
der Wirtschaft (USW) Schloss Gracht.
Das sechswöchige General Management
Seminar kostete damals rund 50.000
D-Mark pro Teilnehmer und wurde von
Konzernen gebucht. Wie hätten Sie als
Verkäufer einen Mittelständler davon
überzeugt, so viel Geld für die Ausbildung
des Nachwuchses auszugeben?
Simon:
Das Hauptargument wäre si-
cherlich gewesen, dass der Führungs-
nachwuchs aus dem Mittelstand sich
mit rund 30 angehenden Top-Managern
aus der Wirtschaft hätte vernetzen kön-
nen. Schließlich lebten und lernten alle
Teilnehmer sechs Wochen lang unter
Klausurbedingungen in einem Schloss
zusammen. Einem mittelständischen Zu-
lieferer hätte ich das Programm als große
Chance auf lebenslange, persönliche Kon-
takte verkauft – abgesehen davon, dass
die Inhalte des General-Management-
Programms besonders für Ingenieure und
Juristen sehr nützlich waren.
Wie kann ein freiberuflicher Trainer sein
Honorar erhöhen?
Simon:
Er sollte sich zuerst einmal fra-
gen, warum der Unterschied zwischen
einem billigen und einem teuren Trainer
beim Faktor acht bis zehn liegt. Er wird
schnell zu der Erkenntnis kommen, dass
sein Preis durch die individuelle Reputa-
tion bestimmt wird. Die Grundregel lautet
also: Nur wer sein Renommee verbessert,
wird auch besser bezahlt. Die Qualitäts-
unterschiede zu anderen Trainern sind
letztlich das entscheidende Kriterium,
wenn man mit einem Unternehmen
verhandelt. Die Frage ist natürlich, wie
man seine Reputation hochschraubt. Ich
denke, Publikationen von Fachbüchern
Als Sie 1985 zusammen mit Dr. Eckhard
Kucher und Dr. Karl-Heinz Sebastian
Ihre Beratungsfirma gegründet haben,
wie haben Sie da Ihre Beraterhonorare
kalkuliert?
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hermann Simon:
Ich erinnere mich an eine ziemliche Ra-
terei. Bei unseren ersten Beratungspro-
jekten konnten wir nur ungefähr abschät-
zen, wie viele Tage wir brauchen würden.
Da wir nicht lange auf unsere ersten Kun-
den warten wollten, haben wir so güns-
tig wie es ging kalkuliert - aber eigentlich
war es mehr ein Stochern im Nebel.
Das hört sich nun aber nicht gerade
vorbildlich an …
Simon:
Immerhin haben wir sehr schnell
gelernt, wie man den Zeitaufwand für ein
„Der Preis wird durch die indivi-
duelle Reputation bestimmt“
INTERVIEW.
Professor Hermann Simon gründete 1985 ein Beratungsunternehmen,
das sich auf Preisfindung spezialisierte und das heute mit 690 Mitarbeitern
Weltmarktführer bei diesem Thema ist. Weiterbildungsakademien empfiehlt Simon,
einmal über das Preismodell „Bahncard“ nachzudenken.
Hermann Simon.
„Der“ Pricing-
Professor wurde
auch durch seine
Forschungen über
mittelständische
Weltmarktführer
(Hidden Champi-
ons) bekannt.
Foto: Simon-Kucher&Partner