Seite 22 - wirtschaft_und_weiterbildung_2014_02

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wirtschaft + weiterbildung
02_2014
Qualität verbessert und von den Mitbe-
werbern abhebt.
• Der Anbieter muss den Wert kommu-
nizieren. Das gelingt ihm, wenn er in
der Lage ist, die Produktbestandteile
als Kundennutzen auszudrücken und
wenn er eine Marke aufbaut.
• Der Anbieter muss den Wert erhalten.
Er sollte dauerhaften Service bieten.
Ohne Betreuung nach dem Kauf, sinkt
die Bereitschaft, einen hohen Preis zu
zahlen.
Trainer sind in der Regel überzeugt
davon, dass sie etwas zu bieten haben.
Aber nur der vom Kunden wahrgenom-
mene Wert erzeugt Preisbereitschaft. Hier
klafft im Trainingsbereich eine Lücke,
weil der geldwerte Nutzen eines Seminars
oft nur grob geschätzt werden kann. Man
müsste zum Beispiel schon eine arbeits-
medizinische Studie in Auftrag geben, um
herauszufinden, dass durch das Erlernen
von Entspannungstechniken Arbeitsun-
fälle und der Krankenstand reduziert wer-
den können und dass der Nutzen in Euro
deutlich über den Kosten eines Meditati-
onsseminars liegt.
Wenn Trainer so von ihrem Angebot
überzeugt sind, warum stellen sie es
dem Auftraggeber dann nicht einfach
frei, nach einem Seminar genau den Be-
trag zu bezahlen, der ihm angemessen
erscheint? Von solchen Angeboten nach
dem Motto „Pay what you want“ hält
Simon überhaupt nichts. Angestellte Ma-
nager müssten sich nämlich im Sinne der
Kapitaleigner immer fragen: „Sind wir
verpflichtet, zu zahlen?“. Wenn dann laut
Vertrag keine Verpflichtung besteht, dürf-
ten Angestellte kein Geld ausgeben.
Ein Alleinunternehmer könnte zwar
entscheiden, dass er freiwillig für etwas
bezahlt, was ihm gefallen hat. „Aber ich
würde dringend davon abraten, auf ir-
gendeine Art von Spendenbereitschaft zu
vertrauen“, betont der Pricing-Experte.
Der Anbieter begibt sich preislich völlig
in die Hände des Kunden und laut Simon
(„Mir ist kein Fall bekannt, in dem ein
solches Modell dauerhaft funktionierte!“)
muss man damit rechnen, dass Menschen
die Situation ausnutzen.
„Als Trainer würde ich das Modell eines
Fixbetrags plus variabler Honorierung be-
vorzugen“, rät Simon. Dieses sogenannte
„zweidimensionale Preismodell“ hat aus
Sicht des Kunden den Vorteil, dass er
(verglichen mit dem normalen Tagessatz)
zunächst einmal ein niedrigeres Honorar
zu zahlen hat. Wenn dann aufgrund des
Seminars oder des Workshops ein vorher
definiertes Ergebnis erreicht wird, wird
ein zusätzlicher Betrag in Form eines Er-
folgshonorars fällig. Diesen variablen An-
teil bezahlt man gerne, weil ihm schließ-
lich ein Erfolg zugrunde liegt. Dabei wird
der variable Anteil oft als Staffelbetrag
vereinbart – etwa in der Form, dass bei
Umsatzsteigerungen von einer, zwei oder
drei Millionen ein Bonus von 3.000, 6.000
oder 9.000 Euro fällig wird.
Als potenzieller Konfliktherd muss laut
Simon eine Vereinbarung angesehen wer-
den, bei der der Trainer prozentual am
Erfolg beteiligt wird. Gelegentlich ergeben
sich nach Trainingsmaßnahmen zufällig
extreme Umsatz- oder Produktivitätsstei-
gerungen. Wenn dann ein Externer auch
nur mit fünf Prozent am Erfolg beteiligt
ist, kann das leicht Sonderzahlungen von
mehreren zehntausend Euro auslösen,
die beim Auftraggeber für Missgunst und
böses Blut sorgen.
5 Reputations-Effekt
Wenn es um den Wert geht, den der
Kunde sehr subjektiv wahrnimmt, dann
muss beim Einkauf von Trainingslei-
stungen auch die Persönlichkeit und
die Reputation des Trainers als Teil des
Produkts gesehen werden. Nur wer sein
Renommee verbessert, wird auch besser
bezahlt. Trainer wissen worauf es an-
kommt: gute Weiterbildungen absolvie-
ren, Fachbücher und Fachartikel schrei-
ben, Vorträge halten, Awards abstauben
und weiterempfohlen werden.
Aber können die Weiterbildungsprofessi-
onals ihren Wert auch gut kommunizie-
ren? Die Beratungsgesellschaft Simon-
Kucher zeigt wie es geht: Alle Unterlagen
enden mit vier Grafiken: 1. der (rasanten)
Umsatzentwicklung seit Gründung, 2.
einer Erläuterung des eigenen Alleinstel-
lungsmerkmals, 3. eines Rankings (!) des
Manager-Magazins, das Simon-Kucher
auf dem ersten Platz der kompetentesten
Marketingberater Deutschlands zeigt und
4. einer Sammlung prominenter Empfeh-
lungen (Tenor: „Sie bieten Dinge, die kein
anderer kann.“).
6 Macht-Effekt
Wer über Preispsychologie schreibt, darf
das Wort „Macht“ nicht vergessen. „Bei
der Festlegung eines Preises geht es um
einen Machtkampf zwischen Anbieter
und Nachfrager“, sagt Simon. Wenn ein
Anbieter einen Auftrag dringend braucht,
um seine Existenz zu sichern, wird er den
Kampf verlieren. Und wenn auf einem
Markt ein Überangebot herrscht, dann
verlieren alle Anbieter beim Versuch,
gute Preise durchzusetzen. „Überkapazi-
täten sind für mich der größte Preisver-
nichter“, warnt Simon.
Der Einzelne kann sich nur schützen,
indem er selbst darauf achtet, dass er
sich nicht zu hohe Fixkosten auflädt. So
lassen sich Durststrecken überleben. Wer
wirtschaftlich (noch) gut dasteht, soll das
den Kunden signalisieren, um so deutlich
zu machen, dass er nicht erpressbar ist.
Eine Machtquelle bleibt guten Anbietern
immer. Simon nennt es die „Risikoreduk-
tion“: Wenn der Kunde einen billigeren
Dienstleister gefunden hat, sollte zum
Beispiel ein Trainer mit Stolz zum Einkäu-
fer sagen können: „Seit fünf Jahren haben
wir zusammen jedes Change-Projekt zum
Erfolg geführt und jetzt wollen sie mich
wegen zehn Prozent Preisunterschied
rauswerfen? Sind sie sich im Klaren darü-
ber, welches Risiko sie eingehen?“
Martin Pichler
R
Hermann Simon:
Preisheiten. Alles was
Sie über Preise wissen müsen. Campus
Verlag, 2013, 287 Seiten, 29,99 Euro