Seite 18 - wirtschaft_und_weiterbildung_2014_01

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titelthema
18
wirtschaft + weiterbildung
01_2014
Entscheidungen bleiben niemandem er-
spart. Als besonders schwierig gelten
Entscheidungen, wenn sich zwei Alterna-
tiven frontal gegenüberstehen („ja“ ver-
sus „nein“; „behalten“ versus „trennen“,
„annehmen“ versus „abweisen“). Egal
wie viele Pro-Argumente man für die eine
Seite entdeckt, für die andere Seite finden
sich genauso viele.
Jetzt steckt der „Entscheider“ in einer
Sackgasse. Man hat sich festgefahren, es
geht kaum noch etwas. Wie kommt man
hier wieder heraus? Was braucht es dazu?
Eine Methodenfusion! Eine Verschmel-
zung zweier klassischer Methoden der
Entscheidungsfindung zu einer einzigen
neuen Methode.
Diese Zusammenführung nennt sich
„Double-T-Methode“. Sie besteht aus
einer Kombination der Timeline-Methode
und der Tetralemma-Methode. Diese
Methoden werden buchstäblich mitei-
nander „verknüpft“. In ein Seil, das die
individuelle Zeitvorstellung (Timeline)
symbolisiert, werden verschiedene mög-
liche Entscheidungspositionen aus dem
Tetralemma „hineingeknotet“.
So funktioniert die
Tetralemma-Methode
Das Tetralemma (auch das „Urteilsvier-
kant“ genannt) als formale Entschei-
dungshilfe entstammt der mittelalter-
lichen indischen Logik und stellt die
grundsätzlichen Positionen dar, welche
ein Richter in einem Streitfall zwischen
zwei Parteien einnehmen konnte: 1. die
eine Seite hat recht, 2. die andere Seite
hat recht, 3. beide haben recht oder 4.
keine der beiden Seiten hat recht.
Diese grundsätzlichen Kategorien wur-
den dann im zweiten Jahrhundert nach
Christus von Nagarjuna, einem wichtigen
Denker und Gelehrten des Mahayana-
Buddhismus, einer der Hauptrichtungen
des Buddhismus, durch eine weitere
fünfte Position ergänzt. Diese Position
ist die „Nicht-Position“. Sie stellt die Ne-
gierung aller vorhergehenden vier Posi-
tionen dar. Daher spricht man vom ne-
gierten Tetralemma, wenn man alle fünf
Positionen verwendet.
Matthias Varga von Kibéd hat das aus-
führlich in seinem Buch „Ganz im Ge-
genteil“ (Carl-Auer, Heidelberg 2009)
beschrieben. Im buddhistischen Denken
geht es nicht darum, zu einer objektiven
Wahrheit im westlichen Sinne zu kom-
men, sondern das bestehende Denken
so aufzubrechen, dass der Mensch in die
Lage versetzt wird, zu einer möglichen
(neuen) Erkenntnis zu kommen. Das Te-
tralemma ist gerichtet auf die Auflösung
von Begrenzungen des Denkens. Diese
erweiterte Tetralemma-Methode erleich-
tert somit grundsätzlich auch eine Ent-
scheidung zwischen zwei diametralen
Möglichkeiten. Sie gilt generell als nütz-
lich, wenn es in einem Entscheidungspro-
zess an der Wahrnehmung von Alterna-
tiven mangelt. Die einzelnen Positionen
des Tetralemmas sind:
„Das eine“.
Dies ist ganz klassisch der eine Stand-
punkt, die eine Perspektive, welche als
Lösung eingenommen werden kann.
Frage: „Was liegt mir im Augenblick
spontan näher?“
„Das andere“.
Dies ist der gegenüberstehende Stand-
punkt, der andere Pol, der genauso gut
eingenommen werden kann angesichts
der vorliegenden Argumentation. Frage:
„Was ist die Alternative zum vorherigen
Standpunkt?“
Die übersehene Verbindung. Diese
Position heißt „Beides“.
In dieser Position wird nach der die Ge-
gensätze verbindenden Position gesucht.
Es geht um die mögliche, vielleicht über-
sehene Vereinbarkeit der Standpunkte in
einem „Sowohl-als-auch“. Dies beinhaltet
die Bildung eines neuen Rahmens für
die bereits vorhandenen Teile. Frage: „In
welcher Weise ist es möglich, sich etwas
Gemeinsames oder Verbindendes vorzu-
stellen, wenn es um beide Standpunkte
geht?“
Der übersehene Kontext. Diese Posi-
tion heißt „Keines von beiden“.
Diese Position geht davon aus, dass
weder die einzelnen Standpunkte noch
die Verbindung von beiden weiterführt,
sondern dass es um einen übersehenen
Kontext geht. Der bestehende Rahmen
wird um eine neue Möglichkeit erweitert.
Frage: „Wenn beides und auch nicht die
Verbindung von beiden infrage kommt,
was gibt es noch?“
Die Musterunterbrechung. Diese Po-
sition heißt „Etwas ganz anderes“.
Hier wird grundsätzlich die Haltung ein-
genommen, dass alle bisherigen Heran-
gehensweisen und Standpunkte noch
nicht das Ganze umfassen. Daher wird
alles Bisherige negiert und alle beste-
henden Ansätze werden unterbrochen.
Es wird sowohl über den Kontext hi-
nausgegangen als auch der Rahmen als
solcher überschritten, wobei weder die
bestehende (Entscheidungs-)Frage noch
der bisherige (Entscheidungs-)Impuls
als weiterhin leitend angesehen werden.
Diese paradoxe Position kann man auch
als „freies Element“ bezeichnen. Frage:
„Was macht im Leben eigentlich so rich-
tig Spaß?“ Ziel ist ein neuer, kreativer
Schritt, der das Ganze neu in den Blick
r
04.
... und nutzt diese positiven
Emotionen,
um die endgültige
Entscheidung zu verankern.
05.
Das Visuelle
der Methode
erleichtert die schnelle Doku-
mentation des Prozesses.
06.
Dank
übersichtlichen Aufbaus
können Teams in Entschei-
dungen eingebunden werden.