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10_2014
wirtschaft + weiterbildung
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Interne Talente sind mittlerweile mit Gold
aufzuwiegen, und in absehbarer Zeit
vermutlich mit Diamanten. Die Gründe
dafür, warum Unternehmen immer mehr
Anstrengungen in Kauf nehmen, um ihre
internen Talente zu identifizieren, zu för-
dern, zu entwickeln und so an sich zu
binden, sind vielfältig und gemeinhin be-
kannt, wie etwa der demografische Wan-
del, der Fachkräftemangel und der daraus
resultierende War for Talents.
Um im Betrieb für ein gezieltes Talent
Management zu sorgen, setzen viele
Unternehmen schon Development- oder
Entwicklungs-Center ein: Über einen
oder mehrere Tage hinweg durchlaufen
die Mitarbeiter verschiedene Phasen und
Übungen, die es den Beobachtern erlau-
ben, individuelle Kompetenzen, Poten-
ziale, Stärken und Entwicklungsfelder
sowie Entwicklungsempfehlungen für
jeden Teilnehmer aufzuzeigen.
Doch nicht nur die Teilnehmer eines De-
velopment Centers entwickeln sich, son-
dern auch die Konzepte der Development
Center selbst: HR- und Unternehmens-
Trends beeinflussen, wie Firmen auf ihre
internen Talente blicken, welche Ansätze
sie für deren Entwicklung wählen und
mit welchen Methoden sie sie fördern.
Den Trends, die Development Center
heute und künftig beeinflussen, möchten
wir uns in diesem Beitrag widmen. Am
Beispiel des Airbus Development Centre
for Project Management Professionals
stellen wir dar, wie ein Unternehmen
diese Trends und Entwicklungen erfolg-
reich in die Praxis transferiert.
Trends und Entwicklungen im
Bereich Development Center
Über die vergangenen Jahre hinweg
haben sich mit dem gesteigerten Be-
wusstsein für die Identifikation und Ent-
wicklung interner Talente die Methoden
der Development Center in der Vielfalt
erweitert und wurden um digitale Tech-
nologien und immer neue Innovationen
ergänzt. Langfristig beobachten wir im
Talent Management zudem eine zuneh-
mende Professionalisierung, Internatio-
nalisierung und Dynamisierung.
Doch wie geht es weiter? Aus unserer
Sicht liegen Chancen darin, die Verfah-
ren noch stärker an die Bedürfnisse der
internen Talente anzupassen und die De-
velopment Center zu echten Zentren der
Entwicklung zu machen.
Im Folgenden beschreiben wir, wie diese
unserer Einschätzung nach künftig ausse-
hen werden:
•
maßgefertigt:
Eine Befragung des Ar-
beitskreises Assessment Center zeigt: Nur
etwa drei Prozent der Unternehmen ver-
lassen sich noch auf Standardverfahren
der Diagnostik, mit sinkendem Trend.
Immer mehr spiegeln Development Cen-
ter künftige Herausforderungen, Stra-
tegien und Anforderungen. Innovative
Development Center werden künftig in-
dividuell für das Unternehmen, dessen
Werte und die Zielgruppe angepasst oder
maßgefertigt.
•
entwicklungsorientiert:
Die Entwick-
lung der Teilnehmer steht im Mittelpunkt.
Dazu werden Diagnostik und Develop-
ment zunehmend vereint. Feedback,
innovative Übungsdesigns und Reflexi-
onsmomente regen verschiedene Lern-
formen an; Entwicklung findet bereits im
Verfahren statt. Die Teilnehmer können
ihre Fähigkeiten ausprobieren, erhalten
Feedback, Coachings oder Trainings be-
reits im Development Center und können
ihr Verhalten direkt dort verändern. Sie
werden zu Eigeninitiative und Selbstrefle-
xion angeregt, damit sie ihre Entwicklung
selbstständig vorantreiben.
•
dynamisch:
Elemente innovativer De-
velopment Center, Übungen und Mit-
wirkende passen sich während des Ver-
fahrens an und wecken Agilität in Teil-
nehmern und Beobachtern. So bauen
moderne Übungen etwa auf vorausge-
gangenen Information auf, schlagen je
nach Teilnehmer unterschiedliche Wege
ein und die Beobachter beteiligen sich in-
teraktiv. Dabei liegt die Herausforderung
in der Balance zwischen Standardisierung
und Dynamisierung, um bei einem agilen
Design die Gütekriterien zu erfüllen.
•
multimethodal:
Die Methoden neuar-
tiger Development Center sind verschie-
denartig und dienen neben der Beobach-
tung von Kompetenzen auch anderen
Zwecken wie dem Teambuilding, der
Reflexion, der Anregung von unterschied-
lichen Lernmustern und der sofortigen
Entwicklung. Klassische Präsenzübungen
werden gemischt mit digitalen, neuarti-
gen und/oder unbeobachteten Übungen.
Diese werden in Hybridformen kombi-
niert oder als neuartige Designs gestaltet.
•
digital:
Unterlagen innovativer Deve-
lopment Center sind kompakt, interaktiv
und oftmals digital. Digitale Medien wie
Videos und Online-Tests unterstützen den
Prozess mehr und mehr.
•
funktional:
Development Center richten
sich mehr und mehr an ganz spezifische
Funktionen, Profile oder Rollenanforde-
rungen. Neben Führungskompetenzen
nimmt die Betrachtung funktionaler Skills
an Bedeutung zu; innovative Inhalte de-
cken die Realität dieser Aufgaben ab und
bauen auf Input aus der Praxis auf.
•
eingebettet:
Innovative Development
Center docken nahtlos an Talent-Manage-
ment-Systeme an oder gehören zu Deve-
lopment-Curricula. Der Transfer in die
Praxis wird bereits im Verfahren unter-
stützt, Prozesse zur Qualitäts- und Trans-
fersicherung sind integrierter Bestandteil,
etwa durch die Konkretisierung von indi-
viduellen, nachgelagerten Entwicklungs-
plänen bereits im Development Center.
Entwicklung des Development
Centers bei Airbus
Für die Airbus Group könnte man durch-
aus die vielen Programm- und Projekt-
manager als die Diamanten der Organi-
sation bezeichnen: Sie konzipieren und
entwickeln fortschrittliche Produkte der
Luftfahrt, Raumfahrt, Verteidigung und
die dazugehörigen Dienstleistungen, ma-
nagen Schnittstellen, koordinieren Pro-
duktpläne, Zeitleisten, Kundenwünsche
sowie die Arbeit der Ingenieure. Das 2008
bei Airbus gegründete „Centre of Compe-
tence (CoC) Project and Programme Ma-
nagement” dient der Aufgabe, die dafür
notwendigen Kompetenzen zu fördern
und weiterzuentwickeln. Seit Jahren ist
das Development Center daher Bestand-
teil der Projektmanagement-Laufbahn.
Im Jahr 2014 galt es für Airbus und das
Beratungsunternehmen Kienbaum, das
„Development Centre für Project Ma-
nagement Professionals“ (DCPM) neu zu
erschaffen. Herausgekommen ist dabei
in einem mehrmonatigen Entstehungs-
prozess ein zweitägiges Verfahren mit je
zwölf Teilnehmern, zwölf internen und
externen Beobachtern und rund zwölf
aktiven Elementen, die ein Teilnehmer
Foto: Airbus