Seite 22 - wirtschaft_und_weiterbildung_2013_02

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wirtschaft + weiterbildung
02_2013
titelthema
ßerdem haben sie uns auf der Basis ihrer
Befragungen zurückgemeldet, wie Pati-
enten, Bürger und die Politiker damals
über unser Krankenhaus redeten. Da war
uns klar: Es muss sich etwas ändern und
alle waren durchaus neugierig, welchen
Weg die beiden Trainer uns vorschlagen
wollten. Außerdem haben die Trainer
sehr schnell erklärt, dass alle Gegen-
stände einen symbolischen Wert haben:
Die Kerze steht dafür, dass bei uns da-
mals Finsternis herrschte und die Arbeit
im Workshop Licht ins Dunkel bringen
sollte. Die Delfine stehen für vorbildliche
Kommunikation und Kooperation – das
waren auch Dinge, die uns fehlten und
die wir uns dann zum Beispiel durch die
Beschäftigung mit den Strategien der Del-
fine erarbeitet haben.
Erinnern Sie sich an eine Übung oder
eine Simulation, die für Sie besonders
beeindruckend war?
Zantl:
Es gab viele spannende Team-
Übungen mit nachhaltigen Aha-Effekten.
Mich hat eine eher unspektakuläre Übung
beeindruckt, die darin bestand, dass
wir nach der Einführungsrede der Trai-
ner jeweils zu zweit einen Spaziergang
gemacht haben – und zwar mit einem
Partner, mit dem wir noch über unsere
Rolle in der aktuellen Situation der Kli-
nik zu sprechen hatten. Ziel war es, mit
ehrlichem Interesse unsere eigenen An-
liegen zu erkunden. Das mag für Außen-
stehende banal klingen, aber ich hätte
nicht gedacht, dass diese parallel stattfin-
denden Gespräche unsere Gedanken und
unser Verhalten derart für den Workshop
öffnen würden.
An einem Wochenende im November
2011 trafen sich die Leiter des Klinikums
Konstanz (Geschäftsführer, ärztlicher
Direktor, Pflegedienstleiter und Perso-
nalleiter) und 18 Chefärzte zu einem
Konfliktklärungsworkshop. Als sie den
Tagungsraum betraten, sahen sie Ker-
zen, Blumen, Jonglierbälle, Stoffdelfine
und Ähnliches. Wie reagierten die Teil-
nehmer?
Dr. Niko Zantl:
Unsere beiden Trainer hat-
ten im Vorfeld viel Zeit aufgebracht, um
den Teilnehmern die Scheu vor einem
gemeinsamen Workshop zu nehmen.
Wir wussten zumindest, dass da etwas
anderes auf uns zukommen würde, als
wir es von bisherigen Tagungen her kann-
ten. Uns war klar, dass wir zum Beispiel
unsere Art der Kommunikation würden
ändern müssen und dass dazu auch au-
ßergewöhnliche Trainingsmethoden nötig
sein würden. Aber zu Beginn gab es dann
doch Irritationen. Einer sagte, wenn er
seinen Namen tanzen müsse, dann gehe
er wieder. Im Grunde zeigen solche Be-
merkungen aber nur die Angst der Men-
schen, sich öffnen zu sollen. Die Trainer
haben mildes Lächeln und deftigen Spott
gelassen ertragen. Das habe ich bewun-
dert.
Wie haben es die Trainer geschafft,
dass keiner gleich wieder nach Hause
gefahren ist?
Zantl:
Der Auftakt bestand darin, dass
uns die Trainer einen Lagebericht ge-
geben haben. Sie erzählten, was sie im
Krankenhaus alles an Missstimmung,
Misstrauen, Konkurrenzneid und Gra-
benkämpfen beobachtetet hatten. Au-
„Wir nennen es den Geist
von Heiligenberg“
interview.
Privatdozent Dr. Niko Zantl, Chefarzt der Urologie und ärztlicher Direktor
des Klinikums Konstanz, berichtet über seine Erfahrungen mit dem Konflikt­lösungs­
workshop aus unserer Titelgeschichte (ab Seite 16) und die Erfolge, die das Klinikum
Konstanz mit der Bearbeitung alter Grabenkämpfe hatte.
Dr. Niko Zantl
ist seit 2011 der ärztliche
Direktor des Klinikums Konstanz. Es wer­
den rund 900 Mitarbeiter beschäftigt.