Seite 37 - wirtschaft_und_weiterbildung_2013_01

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01_2013
wirtschaft + weiterbildung
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Kollegen, und dann werfen sie das Geld
für Trainings raus.“ Doch diese Stimmen
wurden immer leiser, unter anderem,
weil die Belegschaft registrierte: Die Ge-
schäftsführung betreibt kein blindes Cost
Cutting. Sie arbeitet vielmehr gezielt
daran, das Modehaus Tlapa zukunftsfit
zu machen. Und in dieser Zukunft haben
offensichtlich auch wir einen Platz – wes-
halb das Unternehmen in unsere Weiter-
bildung investiert. Diese Erkenntnis reifte
bei der Belegschaft auch, weil die ergrif-
fenen Maßnahmen erste Erfolge zeigten:
Mitte 2009 war der Umsatzrückgang ge-
stoppt und das Unternehmen schrieb wie-
der schwarze Zahlen.
Lohn der Arbeit:
Endlich fit für die Zukunft
Parallel zu den Umstrukturierungs- und
Personalentwicklungsmaßnahmen ar-
beitete die Geschäftsführung daran, ein
Zukunftsbild für Tlapa zu entwerfen. In
regelmäßigen Treffen mit Berater Dessel
analysierten Disper und Zwenig die Stär-
ken und Schwächen des Unternehmens,
um die Kernkompetenz des Modehauses
zu ermitteln. Heraus kam unter anderem:
Das Unternehmen Tlapa ist und bleibt ein
Modehaus. Außerdem: Es unterscheidet
sich traditionell primär dadurch von sei-
nen Mitbewerbern, wie es den persön-
lichen Kontakt mit den Kunden gestaltet.
Des Weiteren: Die Kernzielgruppe von
Tlapa sind Männer und Frauen, die mit-
ten im Leben stehen und in der Regel 35
Jahre und älter sind.
Aus diesen Erkenntnissen leitete die Ge-
schäftsführung die Mission „Wir machen
Menschen schön“ ab und entwickelte
hierauf aufbauend eine Vision sowie ein
Leitbild für das Unternehmen. Deren Ent-
wurf wurde im Spätherbst 2010 in Work-
shops zunächst mit den Führungskräften
und dann mit den Mitarbeitern diskutiert.
Gewisse Änderungen wurden integriert,
bevor die Vision und das Leitbild verab-
schiedet wurden. Sie dienten fortan als
Grundlage für die weiteren strategischen
Schritte sowie Veränderungsmaßnahmen.
So fragten sich die Geschäftsführung und
der Steuerungskreis zum Beispiel: Wie
muss das Modehaus Tlapa gestaltet sein,
damit dies seiner Mission und Vision
entspricht? Wie sollten die Schaufenster
aussehen? Welchen Ersteindruck müssen
die Besucher beim Betreten des Hauses
haben? Wie sollte die Ware präsentiert
werden? Entsprechend wurden der Innen-
und Außenauftritt umgestaltet.
Überarbeitet wurde auch das Marketing-
konzept. Unter anderem, weil die Verant-
wortlichen erkannten: Tlapa ist zwar ein
alteingesessenes Unternehmen in Wien.
Das bedeutet aber nicht, dass jeder Wie-
ner das Modehaus kennt und mit ihm ein
positives Einkaufserlebnis verbindet. Und
schon gar nicht bedeutet es, dass jemand,
der zum Einkaufen in die Stadt geht, au-
tomatisch bei Tlapa vorbeischaut – zumal
das Modehaus nicht in einer 1A-Lage
liegt. Deshalb genügt es nicht, wie bis-
her nur die Stammkundschaft regelmäßig
über das, was sich bei Tlapa tut, zu infor-
mieren. Das Modehaus muss offensiver
am Markt agieren – und einen „Schuss
frecher“, wenn es auch eine jüngere Kli-
entel für sich interessieren möchte. Des-
halb schaltet Tlapa Zeitungsanzeigen
mit Texten wie: „Mode ist keine Frage
des Alters! Inge (64) und Sonja (30) tra-
gen Basler – dressed by Melinda Heiner,
TLAPA-Modeberater.“ Dieser Anzeigen-
text, versehen mit passenden Fotomoti-
ven, zeigt was Tlapa wichtig ist: der Dia-
log mit dem Kunden. Er zeigt aber auch,
welche zentrale Rolle die Mitarbeiter für
den Erfolg des Unternehmens spielen.
Deshalb werden sie auch jetzt noch top-
down geschult. Zudem fragen sie sich bei
ihren Meetings regelmäßig: „Was können
wir wie noch besser machen?“. Qualität
entsteht eben nicht zufällig.
Aufgrund der vielen Maßnahmen hat sich
die Kultur von Tlapa radikal gewandelt.
Sie zeichnet sich heute durch eine „of-
fene, direkte und ehrliche Kommunika-
tion“ aus. Die Besucher werden wie Gäste
behandelt, und die Verkäufer kommuni-
zieren mit ihnen auf Augenhöhe. Das ho-
norieren die Kunden, was die gestiegene
Besucherfrequenz und der gestiegene
Umsatz beweisen.
Bernhard Schrammel
Norbert Disper,
Geschäftsführer des
Wiener Modehauses Tlapa.
Workshop:
Mitarbeiter des Modehauses Tlapa sind an der Entwicklung einer
Vision beteiligt und erarbeiten gemeinsam Umsetzungsschritte.
Fotos: Tlapa