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personal- und organisationsentwicklung
26
wirtschaft + weiterbildung
01_2013
der Top-Arbeitgeber in Deutschland. Die
besonderen Entstehungsumstände des
Unternehmens erforderten ein schnelles
und entschlossenes Handeln von selbst-
verantwortlichen Angestellten. Viel Frei-
raum und Vertrauen in die Fähigkeiten
der Manager und Mitarbeiter war dabei
eine von der Konzernspitze ausgegebene
Handlungsmaxime.
Diese Maxime hat sich auch in dem
Verständnis der Personalarbeit des Kon-
zerns niedergeschlagen. Statt ausgefeilter
Führungsleitlinien und Verhaltensvor-
schriften oder bürokratischer Prozesse,
die Führungskräfte in ein bestimmtes
Schema pressen, wollte Lanxess ein
Rahmenkonzept des ganzheitlichen Füh-
rens bieten. Die erfolgreiche Führungs-
persönlichkeit wäre somit in der Lage,
ihr Handeln jedem Kontext anzupassen
und könnte in einer globalen, wachsen-
den und sich schnell verändernden Welt
stets mit Verstand, Herz und Mut agieren.
Dieser vom Unternehmen avisierte ganz-
heitliche Ansatz findet sich in der von der
Beratungsgesellschaft Oliver Wymann
entwickelten Leitlinie „Head, Heart and
Guts“ wieder. Sie wurde gemeinsam mit
dem Bereich „Human Resources Execu-
tive Development“ auf die Strategie und
die Bedürfnisse von Lanxess angepasst
und ausgebaut. Darauf beruht auch das
Konzept des nationalen Lanxess-Füh-
rungskräfteprogramms namens „Start to
Lead“, das zusammen mit dem Büro für
Coaching und Organisationsentwicklung
(BCO Köln) erstellt wurde. Dabei waren
insgesamt vier Annahmen in Anlehnung
an die Lanxess-Führungsphilosophie lei-
tend für die Ausgestaltung.
1 Führungskräfte brauchen
keinen Lehrer
Die erste Annahme ist, dass die jungen
Führungskräfte moderativ begleitet wer-
den sollen, statt in Führungstechniken
unterrichtet zu werden. Hinter dem Ge-
danken, den Trainer durch einen Prozess-
begleiter zu ersetzen, steckt die Idee, den
Teilnehmern einen geschützten Raum zur
ersten Selbsterfahrung anzubieten. So
wird ein Austausch über vertrauliche und
persönliche Erfahrungen in der Gruppe
stimuliert. Das Coaching mit Experten
und Teilnehmern vertieft das Prinzip der
gleichen Augenhöhe.
Das Programm ist daher auf fünf Mo-
dule ausgelegt, die jeweils unter einem
anderen thematischen Schwerpunkt ste-
hen. Der Nutzen liegt in der Begleitung
der jungen Führungskräfte über einen
Zeitraum von mindestens einem halben
Jahr und der immer wiederkehrenden Re-
flexion des eigenen Führungsverhaltens.
Die Themen der Module gleichen denen
anderer Führungsprogramme und umfas-
sen Kommunikation und Konflikt, Füh-
rungsphilosophie und -techniken, Team-
führung und Motivation, die Führungs-
kraft als Coach und das Abschlussmodul.
Erfolgreiche globale Unternehmen müs-
sen sich immer größeren Wettbewerben
aussetzen. Führungskräfte und Mitar-
beiter handeln in immer komplexer wer-
denden Kontexten. Nicht zu vergessen
sind die unangekündigten Krisen. Füh-
rungspersönlichkeiten mit Initiative, Mut
und Überzeugungskraft sind die künfti-
gen Erfolgsgaranten.
Wie aber sieht ein Führungskräftepro-
gramm aus, das diesen Herausforde-
rungen gerecht wird? Und: Wie setzt man
ein Führungskräfteprogramm auf, wenn
es im Unternehmen keine eindeutigen
Führungsgrundsätze gibt? Diese zentra-
len Fragen standen am Anfang eines Pro-
gramms für Nachwuchsführungskräfte
bei der Lanxess AG, die mittlerweile ihre
eigenen Antworten gefunden hat.
Lanxess wurde im Jahr 2004 aus einem
anderen traditionsreichen Chemiekon-
zern ausgegründet und musste gleich am
Anfang mit einem jährlich dreistelligen
Millionenumsatz im Minus um das eigene
Überleben kämpfen. Dieser Kraftakt ist
gelungen, heute gehört Lanxess mit welt-
weit zirka 15.000 Mitarbeitern zu einem
Damit die Chemie stimmt
PRAXIS.
Wer Führungskräfte entwickelt, arbeitet sich dabei meist an den un­ter­neh­mens­
eige­nen Führungsleitlinien ab. Nicht so Lanxess. Der Chemiekonzern setzt auf eine
Führungsphilosophie aus Freiraum und Vertrauen – statt auf festgeschriebene Leitsätze.
Der Nachwuchs wird anhand von Selbstreflexion und Coaching individuell gestärkt.
Foto: Lanxess
Christina Schiffer
leitete vier Jahre
den Bereich „HR
Executive Develop­
ment“ bei Lanxess.
Seit Anfang 2012 arbeitet sie selbst­
ständig als Senior Business Coach und
Beraterin für Talentmanagement und
Persönlichkeitsentwicklung.
Tel. 0163 3991699
Autoren
Jörg Middendorf
ist Leiter des Büros
für Coaching und
Organisat ionsbe­
ratung (BCO Köln).
Berufserfahrung sammelte er zuvor
unter anderem als Psychologe im Per­
sonalwesen der Bayer AG und als inter­
ner Coach bei McKinsey & Company.
Tel. 02234 9335191