Seite 23 - wirtschaft_und_weiterbildung_2013_01

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wirtschaft + weiterbildung
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halten können, auch ihr Geld wert sind.
Momentan sind die Eventmanager ein-
fach verunsichert. Das ist eine ganz nor-
male Reaktion, wenn Märkte öffentlich
und transparenter werden.
Wieso sind prominente Politiker für einen
Eventveranstalter mehr wert als kluge,
aber unbekannte Wissenschaftler?
Haider:
Betrachten wir doch mal ein
einfaches Beispiel. Eine Bank eröffnet
in einer Stadt eine Filiale. Sie veran-
staltet aus diesem Anlass in den neuen
Räumen einen Informationsabend zum
Thema „Geldanlage“ für bestehende
und potenzielle Kunden. Wenn der Chef-
volkswirt der Bank als Referent auftritt,
abliefern zu können, das ist natürlich
die Grundvoraussetzung. Ein Mann wie
Steinbrück bringt Insiderwissen mit und
vermittelt Bürgern das Gefühl, einen Blick
hinter die politischen Kulissen werfen zu
können. Aber das hohe Honorar gibt’s
vor allem für die Bekanntheit. Bezahlt
wird für die Sogwirkung des Redners.
Viele Trainer wollen auch als Redner auf
Kongressen auftreten. Was raten Sie
ihnen?
Haider:
Wer als professioneller Kongress-
redner gebucht werden will, muss sich
zu einem bestimmten Thema positionie-
ren. Diese Positionierungsarbeit ist nicht
besonders schwer, aber sie ist mühsam.
Und diesen mühsamen Weg sind nicht
viele Menschen bereit zu gehen. Schon
gar nicht Trainer, weil sie in der Regel gut
davon leben können, dass sie von Trai-
ningskunde zu Trainingskunde einfach
weiterempfohlen werden und sie keinen
so großen Druck haben, in die Positio-
nierungsarbeit zu investieren. Im Red-
nerbusiness reicht diese Empfehlungs-
automatik nicht mehr aus. In meinen
Coachings erlebe ich es sehr häufig, dass
Trainer gerne Redner sein würden, aber
nicht bereit sind, ausreichend zu investie-
ren und den Preis für hohe Honorare und
Bekanntheit zu bezahlen.
Und wenn doch jemand in seine Entwick-
lung vom Trainer zum Speaker investie-
ren wollte, was käme dann auf ihn zu?
Haider:
Es gilt herauszufinden, welches
Thema zu einem Menschen passt und
wie er in der Öffentlichkeit und vor allem
von seiner Zielgruppe als „der“ Experte
für dieses bestimmte Thema wahrgenom-
men werden kann. Das ist ein sehr indi-
vidueller Prozess, der in der Regel zwei
bis fünf Jahre dauert. Die Positionierung
eines Redners ist außerdem nicht alles.
Zum Erfolg gehört auch, dass ein Redner
auf der Bühne eine gute Performance ab-
liefert. Auch das muss man erst lernen.
Aus meiner Coachingerfahrung heraus
kann ich sagen, dass ein guter, erfolg-
reicher Trainer trotz seiner Erfahrungen
noch etwa 25.000 bis 50.000 Euro in Un-
terstützung und gegebenenfalls Beratung
investieren muss, bis er als Speaker gut
gebucht wird.
Interview: Martin Pichler
Hintergrund.
Von 2009 bis 2012 hat Peer Steinbrück
für 89 Vorträge 1,25 Millionen Euro Honorar bekommen
(Durchschnitt: 14.065 Euro). In der Praxis haben sich nach
Auskunft unterschiedlicher Redneragenturen folgende
Preiskategorien herausgebildet:
·
Einsteiger.
Ein Einsteiger im Rednergeschäft kann mit
einem Honorar von 4.000 bis 5.000 Euro rechnen. Wer
weniger bekommt, hat hat starken Entwicklungsbedarf.
·
Fortgeschrittener.
Ein Fortgeschrittener bekommt 6.000
bis 7.000 Euro. Das sind Redner, die rhetorisch gut über-
zeugen, die aber noch unbekannt sind und kein oder nur
ein Buch geschrieben haben.
·
Profis.
Die Profiliga beginnt bei Honoraren von 8.000 bis
9.000 Euro. Über diese Redner wurde mehrfach in der
Presse berichtet. Sie haben mehrere Bücher geschrieben
und „Anhänger“ um sich geschart.
·
B-Klasse-Prominente.
In dieser Kategorie liegt das Honorar
im Bereich von 9.000 bis 12.000 Euro. Es handelt sich
um Politiker, TV-Moderatoren, Schauspieler, Unternehmer,
die eine große Öffentlichkeitswirkung haben.
·
A-Klasse-Prominente.
Die A-Promis können mit 12.000
bis 20.000 Euro Honorar rechnen. Diese Menschen sind
flächendeckend in Deutschland bekannt, werden bran-
chenübergreifend eingesetzt, haben eine große Expertise
und können über ihre Berufserfahrungen, die sie in höch-
sten Positionen gesammelt haben, reden.
·
Internationale Prominente.
Ganz oben auf der Einkom-
mensliste steht der internationale Promi. Die Bandbreite
reicht laut FAZ von rund 30.000 Euro für Hans-Dietrich
Genscher bis rund 250.000 US-Dollar für Bill Clinton.
Preiskategorien im Rednerzirkus
dann kommen vielleicht 100 Teilnehmer.
Wenn Steinbrück als Redner „in die Bütt
steigt“, drängen sich bestimmt 500 Leute
in der Eingangshalle. Das Honorar, das die
Bank an Steinbrück zahlt, lohnen sich,
weil er quasi Zugpferd für zusätzliche
400 Menschen ist, zu denen die Bank
mit etwas Geschick in den Monaten nach
dem Event eine Geschäftsbeziehung auf-
bauen kann. Die Bank überlegt sich alter-
nativ, was sie sonst investieren müsste,
um diese Kunden in ihre Filiale zu be-
kommen.
Es zählt nur die Popularität und die rheto-
rischen Qualitäten sind nicht so wichtig?
Haider:
Gute, emotionalisierende Reden