Seite 15 - wirtschaft_und_weiterbildung_2013_01

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01_2013
wirtschaft + weiterbildung
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ten. Ich gebe gern zu, dass wir es mit dem damaligen Hand-
werkszeug auch nicht schneller konnten. Heute nutzen wir
Methoden wie zum Beispiel die systemische Organisationsauf-
stellung, um bereits in eineinhalb Tagen mit einem Team Ideen
für neue Wege zu erarbeiten.
Was hat sich außerdem verändert?
Straub:
Vieles, was für uns früher schwierig zu vermitteln war,
ist heute breit anerkannt. Heute ist zumindest intellektuell klar,
dass Konflikte mit emotionaler Betroffenheit zusammenhängen
und sich in der Regel weit entfernt von der Sachfrage abspie-
len. Auch dass das Lernen Spaß machen und trotzdem seriös
sein kann, ist heute Allgemeingut. Mit diesen Botschaften
waren wir damals sehr missionierend unterwegs und wurden
häufig belächelt.
Glauben Sie, dass sich die deutschen Manager durch die Krise
des Jahres 2009 verändert haben?
Straub:
Verändert haben sich insbesondere jene Unterneh-
men und Manager, die auf einem umkämpften Markt erfolg-
reich sein müssen. Man sucht hier viel intensiver als früher
den Kontakt zu den Kunden. Bei den Themen „Führung“ oder
„Entscheidung“ hat sich nach meiner Beobachtung trotz Krise
nicht viel verändert. Dass man alle vorhandenen Kompetenzen
in einem Unternehmen wirklich nutzt, um bessere Entschei-
dungen zu treffen, das klappt auch nach der Krise immer noch
nicht. Dort wo es solche Beteiligungsprozesse gibt, existierten
sie in der Regel schon vor der Krise. Ansonsten haben die ein-
samen Entscheider überlebt.
Die Krise ist also als Lernchance vergeudet worden?
Straub:
Ich glaube, dass in der Krise durchaus gelernt wurde –
aber eher auf den Führungsebenen unterhalb des Vorstands.
An der Spitze der Unternehmen sind die Manager schnell zu-
rückgefallen in die alten Muster. Kein Wunder, denn ihre ganze
Aufmerksamkeit ist traditionell darauf fixiert, Ergebnisse zu er-
zielen. Ganz oben neigt man deshalb auch selten zur Selbstre-
flexion und hat weniger den Blick dafür, welche Rahmenbedin-
gungen die Mitarbeiter wirklich brauchen, um gute Ergebnisse
zu liefern. Die mangelnde Selbstreflexionsfähigkeit ist eine der
großen Schwächen deutscher Vorstände – abgesehen von einer
kleinen Speerspitze an Top-Managern.
Sie haben sich entschlossen, ab 2013 keine offenen
Seminare mehr durchzuführen. Wie kam es dazu?
Straub:
Mit dem Älterwerden entsteht der Wunsch, weniger
zu tun. Der zweite Aspekt ist, dass die Teilnehmer der offenen
Seminare inzwischen erheblich jünger sind als ich selbst. Und
ich finde es besser, wenn Trainer und Teilnehmende aus ver-
gleichbaren Lebenswelten kommen, denn jede Generation hat
ihre besonderen Themen.
Interview: Martin Pichler
Eigenes Seminarhotel.
Alle offenen Semi-
nare des ComTeams werden im eigenen
Tagungshotel in Gmund am Tegernsee
abgehalten. „Wir haben hier eine Atmo-
sphäre geschaffen, in der hervorragend
gearbeitet werden kann und auch der
Genuss nicht zu kurz kommt“, freut sich
ComTeam-Gründer Walter Straub (Foto).