Seite 16 - wirtschaft_und_weiterbildung_11_12_2011

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wirtschaft + weiterbildung
11/12_2011
Als 13-Jähriger wollte Marcel Kulz Geld verdienen und fing an,
mit einem Metalldetektor am Baggersee nach Geldstücken zu
suchen. Bald schon stieß er auf Münzen aus der Römerzeit,
entdeckte Flugzeugteile aus dem zweiten Weltkrieg und fand
Steigbügel alter Pferdesättel. Er war begeistert, suchte weiter
und begann irgendwann seine Fundstücke auszuwerten und
zu dokumentieren. Für seine erste Heimatausstellung anläss-
lich eines Dorffests baute er aus alten Fensterscheiben und
Holz Schaukästen. Das öffentliche Interesse wuchs von Jahr
zu Jahr, und auch die regionale Tageszeitung berichtete von
seinen Funden. In ihm festigte sich der Wunsch, seine For-
schungsergebnisse einer noch breiteren Öffentlichkeit zugäng-
lich zu machen.
Um das Handwerkszeug dafür zu lernen, meldete er sich mit
21 Jahren für den Fernlehrgang „Journalist“ an. Ein mutiger
Schritt, denn Kulz hat eine Lese-Rechtschreibschwäche. „Viele
Leute sprechen mich darauf an, ob Fernlernen mit Lese-Recht-
schreibschwäche überhaupt klappen kann“, berichtet Kulz.
„Das Wichtigste war, mich voll auf die Texte zu konzentrieren
und in meinem eigenen Tempo zu lesen. Da ist Fernlernen
genau richtig.“ Noch nie zuvor hatte Kulz so viel gelesen und
geschrieben wie in seinem ersten Fernlehrgang. „Das wirkte
sich natürlich positiv auf meine sprachlichen Fähigkeiten aus.“
Sein Ziel hat Kulz erreicht: Als freiberuflicher Journalist und
Bildjournalist veröffentlichte er unter anderem einen Bildband
über die Ergebnisse seiner Heimatforschung. Zurzeit schreibt er
ein Buch über seine Lebensgeschichte. Das Leben von Marcel
Kulz bietet Höhen und Tiefen. „Ärmliche und schwierige Kind-
heitsverhältnisse haben für mich in Richtung Arbeitslosigkeit
und Sackgasse gezeigt.“ Aus seinem Umfeld habe niemand er-
wartet, dass er jemals ohne Sozialhilfe Leben werde. „Doch ich
wollte eine Perspektive und habe mit Kreativität und eisernem
Willen für ein neues Leben gearbeitet. Ich wollte unbedingt
einen festen Job.“ Dabei haben Vorbilder für ihn immer eine
große Rolle gespielt: Ein toller Lehrer auf der Sprachförder-
schule, sein Ausbilder in der Lehre oder ein Gymnasiallehrer,
den er bei seinen Heimatforschungen kennenlernte. Sie alle
motivierten ihn, sein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und
weiterzulernen. Er schaffte den Hauptschulabschluss, seine
Ausbildung zum KFZ-Mechaniker bei Volkswagen und seinen
ersten Fernlehrgang.
Vorbilder spielten eine große Rolle
Doch dann kam ein herber Rückschlag: Sein Ausbildungsbe-
trieb konnte ihn nicht übernehmen. Kurzfristige Jobs und Ar-
beitslosigkeit wechselten sich ab. „Dies war eine schwierige
Phase, streckenweise war ich ohne feste Wohnung. Doch ich
ließ mich nicht unterkriegen und lernte weiter.“ Er entschloss
sich für den Fernlehrgang „Telekommunikationstechniker“,
denn Fachkräfte, die Telekommunikationsanlagen einrichten
und mit ihnen umgehen konnten, hatten damals gute Jobchan-
cen. Die Rechnung ging auf. Mit dem Abschluss bekam Kulz
eine Anstellung bei einer Zeitarbeitsfirma. Für über zwei Jahre
arbeitete er in unterschiedlichen Betrieben als KFZ-Mechaniker
und als Systemtechniker für Elektromotoren. „In dieser Zeit
Marcel Kulz
war seines
Glückes Schmied
LEBENSLEISTUNG.
Marcel Kulz (29) aus Dettenheim
bei Karlsruhe wurde vom Forum DistancE-Learning zum
„Fernlerner des Jahres 2011“ gekürt. Gewürdigt wurde
sein starker Wille, sich mit Weiterbildung neue Lebens-
perspektiven zu eröffnen. Er absolvierte insgesamt sechs
Lehrgänge bei der Studiengemeinschaft Darmstadt (SGD).
Fo
tos: Forum DistancE-Learning
Fernlerner
des Jahres Marcel Kulz (links),
zusammen mit Barbara Debold, Laudato-
rin der Studiengemeinschaft Darmstadt,
und Dr. Martin H. Kurz, Präsident des
Forum DistancE-Learning.