Wohnungspolitische Informationen 20/2018 - page 2

BUNDESPOLITIK
auch auf den Rückzug privater Investoren
aus dem Bau und Betrieb von Wohnungen
zurückzuführen. Neue Werkswohnungen
wurden in den letzten Jahren kaum gebaut.
Hier sind mit den Unternehmen der priva­
ten Wirtschaft wichtige Wohnungsbauak­
teure teilweise vollständig weggebrochen.
Die neue Studie des Verbändebündnisses
zeigt nun: Das Thema betrieblich gestell­
ter Wohnungen für Mitarbeiter erfährt der­
zeit eine Wiederbelebung – allerdings noch
nicht als flächenhaftes Phänomen. Eine
erste Studie von RegioKontext war bereits
im Jahr 2016 vorgelegt worden.
Sicherheit des Wohnens als relevanter
Standortfaktor
Was lange als Selbstverständlichkeit ange­
sehen wurde, nämlich die Sicherheit des
Wohnens für Beschäftigte, ist in einigen
Regionen für die Unternehmen heute zu
einem relevanten Standortfaktor gewor­
den. Vor dem Hintergrund einer wach­
senden Fachkräfteknappheit gewinnen
auch nicht-monetäre Leistungen bei der
Entscheidung für einen Arbeitgeber an
Bedeutung, und zwar – das zeigen auch
die untersuchten Praxisbeispiele in der Stu­
die – in völlig unterschiedlichen Lohn- und
Gehaltsgruppen. Der Wohnungsmarkt wird
zunehmend zum relevanten Standortfak­
tor, entsprechend beginnt sich die Per­
sonal- und Standortpolitik gewerblicher
Unternehmen neu auszurichten.
Ein möglicher Weg: Kooperation mit
wohnungswirtschaftlichem Partner
Drei in der neuen Studie dargestellte ideal­
typische Organisationsmodelle zeigen die
Bandbreite an Lösungswegen in der Frage
des Mitarbeiterwohnens auf. Zwei der drei
skizzierten Organisationsmodelle basie­
ren auf einer mehr oder weniger starken
Kooperation mit einem externen Partner.
Die Art der Kooperation beeinflusst dabei
vor allem Risiko und Aufwand, aber auch
mögliche Renditepotenziale und Gestal­
tungsmöglichkeiten, die beim Bau von
Unternehmenswohnungen entstehen. Gibt
es unternehmensinterne Flächen, die für
eine Bebauung in Frage kommen, hat auch
das großen Einfluss auf die Ausgestaltung
des Bauvorhabens und kann sich stark auf
die spätere Miethöhe auswirken, wie kalku­
latorische Beispielrechnungen zeigen.
Mitarbeiterwohnen ist zu bezahlba-
ren Mieten realisierbar
Dort, wo es besonders benötigt wird, näm­
lich vor allem in Ballungsräumen und unter
angespannten Wohnungsmarktbedingun­
gen, kann das Mitarbeiterwohnen zu ver­
tretbaren Mieten realisiert werden. Insbe­
sondere dann, wenn unternehmensseitig
eigener Baugrund eingebracht wird. Das ent­
sprechende Wohnungsangebot bringt damit
Voraussetzungen zum bezahlbaren Wohnen
für mittlere Einkommensgruppen mit – und
dies für Wohnungen nach aktuellsten ener­
getischen und sonstigen Standards.
Reine Lohnzulagen ändern nichts am
Wohnungsangebot
Auch über das direkte Verhältnis von Arbeit­
geber und Beschäftigten hinaus können
Aktivitäten zum Mitarbeiterwohnen einen
wichtigen Beitrag bei der Entlastung ange­
spannter Wohnungsmärkte leisten – anders
als reine Lohnzulagen, die zwar dazu beitra­
gen, die Folgen eines angespannten Woh­
nungsmarktes für den einzelnen Mitarbeiter
abzumildern. Sie sind jedoch unter Umstän­
den dauerhaft kostenwirksam für das Unter­
nehmen – und sie ändern nichts an der
bestehenden Angebotsknappheit auf dem
Wohnungsmarkt. Zwar werden die jeweili­
gen Beschäftigten durch die Lohnzulagen im
Wettbewerb um Wohnraum bessergestellt.
Nachhaltig preisdämpfend wirkt jedoch nur
die Ausweitung des Wohnungsangebots
durch den Bau neuer Wohnungen. Mitar­
beiterwohnen trägt damit insgesamt zur Ent­
lastung angespannter Wohnungsmärkte bei.
Für das Projekt „Wirtschaft macht Wohnen“
setzen sich folgende Verbände und Institu­
tionen ein: Bundesverband Deutscher Bau­
stoff-Fachhandel (BDB), Spitzenverband der
Wohnungswirtschaft GdW, Deutsche Gesell­
schaft für Mauerwerks- und Wohnungs­
bau (DGfM), Deutscher Mieterbund (DMB),
Industriegewerkschaft BauenAgrar-Umwelt
(IG BAU) und Zentralverband Deutsches Bau­
gewerbe (ZDB).
(ras/bid/schi)
Die Studie finden Sie hier:
Fortsetzung von Seite 1
Um Anreize für den Bau neuer Mitar­
beiterwohnungen zu setzen, muss eine
Reihe von Rahmenbedingungen verbes­
sert werden:
Verbilligten Überlassung einer Woh-
nung
Im Fall einer verbilligten Überlassung
einer Wohnung durch den Arbeitge­
ber an den Arbeitnehmer entsteht letz­
terem nach aktuellem Rechtsstand ein
geldwerter Vorteil, der lohnsteuer- und
sozialversicherungspflichtig ist. Der Wert
der verbilligten Überlassung einer Woh­
nung ist nach dem ortsüblichen Miet­
preis zu bemessen. Um das Modell des
bezahlbaren Mitarbeiterwohnens, das
auch für den Gesamt-Wohnungsmarkt
wichtige Entlastungseffekte bewirkt, zu
unterstützen, könnte an die Einführung
eines speziellen Freibetrages gedacht
werden – zum Beispiel 100 bis 150 Euro
im Monat.
Aktivierung von Grundstücken
Die Aktivierung von unternehmensei­
genen Grundstücken kann ein Problem
sein. Nicht jede Fläche kann unmittelbar
mit Wohnungsbau beplant werden. Da
aber gerade in diesem Fall zusätzliche
Bauflächen aktiviert würden, sollte die
neue planungsrechtliche Nutzungskate­
gorie „Urbanes Gebiet“ in der Geneh­
migungspraxis mit Priorität für unter­
nehmenseigene Flächen angewendet
werden, die für urbanes Wohnen geeig­
net sind.
Modell „Mitarbeiterwohnen“ und
soziale Wohnraumförderung
Neben der Setzung von Anreizen für das
Mitarbeiterwohnen durch neu gestaltete
Freibeträge ist auch eine Einbindung des
Baus neuer Mitarbeiterwohnungen in die
soziale Wohnraumförderung der Länder
denkbar. Sollte sich der Bund durch die
derzeit in Planung befindliche Grundge­
setzänderung auch künftig weiter finan­
ziell an der sozialen Wohnraumförderung
beteiligen können, sollte als eine Form der
zweckgebundenen Verwendung dieser
Mittel die Förderung des Neubaus von Mit­
arbeiterwohnungen vorgesehen werden.
Paragraph 7k Einkommenssteuerge-
setz wieder einführen
Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass ‚der
Bund für seine Beschäftigten […] ins­
besondere in Gebieten mit angespann­
ten Wohnungsmärkten die Wohnungs­
fürsorge verstärkt wahrnehmen‘ wird.
Das Modell des Mitarbeiterwohnens
sollte aber nicht nur für Bundesbediens­
tete sondern generell stärker unterstützt
werden. Durch die Wiedereinführung
des früheren Paragraphen 7k Einkom­
mensteuergesetz (EStG) könnten über
erhöhte Absetzungen für Wohnungen
mit freiwilliger Sozialbindung nachge­
dacht werden. Der ‚alte‘ Paragraph 7k
EStG sah solche erhöhten Absetzungen
über zehn Jahre vor, wenn sich der Inves­
tor für den 10-Jahreszeitraum verpflich­
tet hat, die Wohnung zur landesrechtlich
festgelegten Fördermiete an Berechtigte
des sozialen Wohnungsbaus, Wohnungs­
fürsorgeberechtigte oder Arbeitnehmer
zu vermieten. Neben diesen Forderun­
gen an Bund und Länder appellieren die
beteiligten Verbände und Institutionen
gleichzeitig an Bundes- und landeseigene
Unternehmen, Bahn und Post, Unterneh­
men und Institutionen des Gesundheits­
wesens, aber auch große Unternehmen
der privaten Wirtschaft, sich bei der
Schaffung von Mitarbeiterwohnungen
zu engagieren.
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