BUNDESPOLITIK
auch auf den Rückzug privater Investoren
aus dem Bau und Betrieb von Wohnungen
zurückzuführen. Neue Werkswohnungen
wurden in den letzten Jahren kaum gebaut.
Hier sind mit den Unternehmen der priva
ten Wirtschaft wichtige Wohnungsbauak
teure teilweise vollständig weggebrochen.
Die neue Studie des Verbändebündnisses
zeigt nun: Das Thema betrieblich gestell
ter Wohnungen für Mitarbeiter erfährt der
zeit eine Wiederbelebung – allerdings noch
nicht als flächenhaftes Phänomen. Eine
erste Studie von RegioKontext war bereits
im Jahr 2016 vorgelegt worden.
Sicherheit des Wohnens als relevanter
Standortfaktor
Was lange als Selbstverständlichkeit ange
sehen wurde, nämlich die Sicherheit des
Wohnens für Beschäftigte, ist in einigen
Regionen für die Unternehmen heute zu
einem relevanten Standortfaktor gewor
den. Vor dem Hintergrund einer wach
senden Fachkräfteknappheit gewinnen
auch nicht-monetäre Leistungen bei der
Entscheidung für einen Arbeitgeber an
Bedeutung, und zwar – das zeigen auch
die untersuchten Praxisbeispiele in der Stu
die – in völlig unterschiedlichen Lohn- und
Gehaltsgruppen. Der Wohnungsmarkt wird
zunehmend zum relevanten Standortfak
tor, entsprechend beginnt sich die Per
sonal- und Standortpolitik gewerblicher
Unternehmen neu auszurichten.
Ein möglicher Weg: Kooperation mit
wohnungswirtschaftlichem Partner
Drei in der neuen Studie dargestellte ideal
typische Organisationsmodelle zeigen die
Bandbreite an Lösungswegen in der Frage
des Mitarbeiterwohnens auf. Zwei der drei
skizzierten Organisationsmodelle basie
ren auf einer mehr oder weniger starken
Kooperation mit einem externen Partner.
Die Art der Kooperation beeinflusst dabei
vor allem Risiko und Aufwand, aber auch
mögliche Renditepotenziale und Gestal
tungsmöglichkeiten, die beim Bau von
Unternehmenswohnungen entstehen. Gibt
es unternehmensinterne Flächen, die für
eine Bebauung in Frage kommen, hat auch
das großen Einfluss auf die Ausgestaltung
des Bauvorhabens und kann sich stark auf
die spätere Miethöhe auswirken, wie kalku
latorische Beispielrechnungen zeigen.
Mitarbeiterwohnen ist zu bezahlba-
ren Mieten realisierbar
Dort, wo es besonders benötigt wird, näm
lich vor allem in Ballungsräumen und unter
angespannten Wohnungsmarktbedingun
gen, kann das Mitarbeiterwohnen zu ver
tretbaren Mieten realisiert werden. Insbe
sondere dann, wenn unternehmensseitig
eigener Baugrund eingebracht wird. Das ent
sprechende Wohnungsangebot bringt damit
Voraussetzungen zum bezahlbaren Wohnen
für mittlere Einkommensgruppen mit – und
dies für Wohnungen nach aktuellsten ener
getischen und sonstigen Standards.
Reine Lohnzulagen ändern nichts am
Wohnungsangebot
Auch über das direkte Verhältnis von Arbeit
geber und Beschäftigten hinaus können
Aktivitäten zum Mitarbeiterwohnen einen
wichtigen Beitrag bei der Entlastung ange
spannter Wohnungsmärkte leisten – anders
als reine Lohnzulagen, die zwar dazu beitra
gen, die Folgen eines angespannten Woh
nungsmarktes für den einzelnen Mitarbeiter
abzumildern. Sie sind jedoch unter Umstän
den dauerhaft kostenwirksam für das Unter
nehmen – und sie ändern nichts an der
bestehenden Angebotsknappheit auf dem
Wohnungsmarkt. Zwar werden die jeweili
gen Beschäftigten durch die Lohnzulagen im
Wettbewerb um Wohnraum bessergestellt.
Nachhaltig preisdämpfend wirkt jedoch nur
die Ausweitung des Wohnungsangebots
durch den Bau neuer Wohnungen. Mitar
beiterwohnen trägt damit insgesamt zur Ent
lastung angespannter Wohnungsmärkte bei.
Für das Projekt „Wirtschaft macht Wohnen“
setzen sich folgende Verbände und Institu
tionen ein: Bundesverband Deutscher Bau
stoff-Fachhandel (BDB), Spitzenverband der
Wohnungswirtschaft GdW, Deutsche Gesell
schaft für Mauerwerks- und Wohnungs
bau (DGfM), Deutscher Mieterbund (DMB),
Industriegewerkschaft BauenAgrar-Umwelt
(IG BAU) und Zentralverband Deutsches Bau
gewerbe (ZDB).
(ras/bid/schi)
Die Studie finden Sie hier:
Fortsetzung von Seite 1
Um Anreize für den Bau neuer Mitar
beiterwohnungen zu setzen, muss eine
Reihe von Rahmenbedingungen verbes
sert werden:
Verbilligten Überlassung einer Woh-
nung
Im Fall einer verbilligten Überlassung
einer Wohnung durch den Arbeitge
ber an den Arbeitnehmer entsteht letz
terem nach aktuellem Rechtsstand ein
geldwerter Vorteil, der lohnsteuer- und
sozialversicherungspflichtig ist. Der Wert
der verbilligten Überlassung einer Woh
nung ist nach dem ortsüblichen Miet
preis zu bemessen. Um das Modell des
bezahlbaren Mitarbeiterwohnens, das
auch für den Gesamt-Wohnungsmarkt
wichtige Entlastungseffekte bewirkt, zu
unterstützen, könnte an die Einführung
eines speziellen Freibetrages gedacht
werden – zum Beispiel 100 bis 150 Euro
im Monat.
Aktivierung von Grundstücken
Die Aktivierung von unternehmensei
genen Grundstücken kann ein Problem
sein. Nicht jede Fläche kann unmittelbar
mit Wohnungsbau beplant werden. Da
aber gerade in diesem Fall zusätzliche
Bauflächen aktiviert würden, sollte die
neue planungsrechtliche Nutzungskate
gorie „Urbanes Gebiet“ in der Geneh
migungspraxis mit Priorität für unter
nehmenseigene Flächen angewendet
werden, die für urbanes Wohnen geeig
net sind.
Modell „Mitarbeiterwohnen“ und
soziale Wohnraumförderung
Neben der Setzung von Anreizen für das
Mitarbeiterwohnen durch neu gestaltete
Freibeträge ist auch eine Einbindung des
Baus neuer Mitarbeiterwohnungen in die
soziale Wohnraumförderung der Länder
denkbar. Sollte sich der Bund durch die
derzeit in Planung befindliche Grundge
setzänderung auch künftig weiter finan
ziell an der sozialen Wohnraumförderung
beteiligen können, sollte als eine Form der
zweckgebundenen Verwendung dieser
Mittel die Förderung des Neubaus von Mit
arbeiterwohnungen vorgesehen werden.
Paragraph 7k Einkommenssteuerge-
setz wieder einführen
Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass ‚der
Bund für seine Beschäftigten […] ins
besondere in Gebieten mit angespann
ten Wohnungsmärkten die Wohnungs
fürsorge verstärkt wahrnehmen‘ wird.
Das Modell des Mitarbeiterwohnens
sollte aber nicht nur für Bundesbediens
tete sondern generell stärker unterstützt
werden. Durch die Wiedereinführung
des früheren Paragraphen 7k Einkom
mensteuergesetz (EStG) könnten über
erhöhte Absetzungen für Wohnungen
mit freiwilliger Sozialbindung nachge
dacht werden. Der ‚alte‘ Paragraph 7k
EStG sah solche erhöhten Absetzungen
über zehn Jahre vor, wenn sich der Inves
tor für den 10-Jahreszeitraum verpflich
tet hat, die Wohnung zur landesrechtlich
festgelegten Fördermiete an Berechtigte
des sozialen Wohnungsbaus, Wohnungs
fürsorgeberechtigte oder Arbeitnehmer
zu vermieten. Neben diesen Forderun
gen an Bund und Länder appellieren die
beteiligten Verbände und Institutionen
gleichzeitig an Bundes- und landeseigene
Unternehmen, Bahn und Post, Unterneh
men und Institutionen des Gesundheits
wesens, aber auch große Unternehmen
der privaten Wirtschaft, sich bei der
Schaffung von Mitarbeiterwohnungen
zu engagieren.
2
20/2018