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RECHT
_MINDESTLOHN
personalmagazin 01 / 15
P
raktikanten sind aus der heu-
tigen Arbeitswelt nicht wegzu-
denken. Neben den „echten“
Praktikanten, die ein sogenann-
tes studiums- oder ausbildungsbegleiten-
des Pflichtpraktikum absolvieren, gibt
es eine Vielzahl weiterer Formen. Durch
das neue Mindestlohngesetz (MiLoG)
wird sich insbesondere die Entlohnung
von Praktikanten ändern. Wollten die
Unternehmen bislang steigende Perso-
nalkosten vermeiden, wird das MiLoG
künftig in vielen Fällen dazu führen,
dass Praktikanten nur in einem redu-
zierten Umfang eingesetzt werden. Aber
nicht nur die Entlohnung ändert sich, auf
Unternehmen kommen durch das MiLoG
zudem gesteigerte Dokumentations- und
Nachweispflichten zu.
Erstmals enthalten die neuen Vor-
schriften in § 22 Abs. 1 Satz 3 eine
gesetzliche Definition des Praktikan-
tenbegriffs (siehe Kasten). Irrelevant
für die rechtliche Einordnung ist, ob das
Rechtsverhältnis als Praktikumsverhält-
nis bezeichnet wird. Entscheidend ist
vielmehr, wie das Vertragsverhältnis
ausgestaltet und durchgeführt wird.
Grundsätzlich haben Arbeitnehmer
Anspruch auf den Mindestlohn. Gemäß
§ 22 Abs. 1 MiLoG gelten auch Prakti-
kanten im Sinne des § 26 Berufsbil-
dungsgesetz (BBiG) als Arbeitnehmer
und können daher den Mindestlohn
verlangen. Zweck ist es, Praktikanten,
die nach Abschluss ihrer Ausbildung
ein nicht vorgeschriebenes Praktikum
leisten, insbesondere über längere Zeit
Von
Marco Ferme
oder wiederholt hintereinander, einen
Anspruch auf eine angemessene Vergü-
tung zu verschaffen.
Ernsthaftes Praktikum oder
verschleiertes Arbeitsverhältnis?
Auch wenn im allgemeinen Sprachge-
brauch ein Praktikant oft als günstige
„Arbeitskraft“ bezeichnet wird, liegt ein
Praktikantenverhältnis jedoch nur dann
vor, wenn es sich gerade nicht um ein
Arbeitsverhältnis handelt. Ein Prakti-
kantenverhältnis dient nämlich lediglich
dem Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fer-
tigkeiten und Erfahrungen. Die Erbrin-
gung der Arbeitsleistung steht – anders
als beim Arbeitsverhältnis – nicht im
Vordergrund. Auch wenn der Praktikant
verwertbare Arbeitsergebnisse erbringt,
spricht dies für sich genommen noch
nicht dafür, dass ein Arbeitsverhältnis
vorliegt. Maßgeblich ist, dass der „Aus-
bilder“ darlegen kann, dass das Errei-
chen von Lehr- und Ausbildungszielen
Die nächste Generation
AUSBLICK.
Künftig wird es komplizierter und teurer: Wie sich der gesetzliche Mindest-
lohn auf die Praxis der Unternehmen beim Einsatz von Praktikanten auswirkt.