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MANAGEMENT
_LEITBILDENTWICKLUNG
personalmagazin 02 / 15
E
inen Blick über den Tellerrand
wollte die Institutsleitung des
Fraunhofer-Instituts für Pro-
duktionstechnik und Automa-
tisierung IPA in Stuttgart erreichen.
Dafür hat sich das Institut vor zwei Jah-
ren neu positioniert und sich von der
fachorientierten Silostruktur zu einer
Matrixorganisation weiterentwickelt.
„Innovation passiert an Schnittstellen“,
betont Institutsleiter Thomas Bauern-
hansl, der den Veränderungsprozess
an einem der größten Standorte für Pro-
duktionsforschung in Europa maßgeb-
lich vorantrieb. „Als Forschungsinstitut
produzieren wir Zukunft – eine Matrix
provoziert und fördert Schnittstellen“,
erklärt der Professor weiter.
Die Frage, wie hierzulande nachhaltig
mit einem hohen Wertschöpfungsanteil
für einen globalen Markt produziert wer-
den kann, beschäftigt am Fraunhofer
Von
Kai Kohler
und
Ralf Hendrik Kleb
IPA und den verbundenen Universi-
tätsinstituten über 900 Mitarbeiter. Die
strategischen Erfolgspositionen in den
Zielmärkten des Instituts lassen sich
nur durch eine stärkere Integration von
Markt- und Kundenorientierung in den
Forschungs- und Entwicklungsprozes-
sen erreichen. „IPA-Kunden erwarten
von uns profunde Kenntnisse ihres
Geschäfts, von Endkunden, Wettbewer-
bern, Geschäftsprozessen, Produkten
oder Technologien – und sie wünschen
sich innovative, nachhaltige und sys­
tematische Lösungen für ihre spezi-
fischen Fragen.“ Angewandte Forschung
und erfolgreicher Technologietransfer
brauchten eine geistige Integration der
Technologie-Markt-Symbiose, so der For-
schungsmanager Bauernhansl. Darum
lag die Matrixorganisation nahe.
Wandel war Herkulesaufgabe
Doch der notwendige Wandel hin zu ei-
ner modernen Organisationsstruktur
glich einer Herkulesaufgabe in der ohne-
hin schon komplexen Forschungsorgani-
sation. Erschwert wurde dies durch die
heterogene Struktur der wissenschaft-
lich geprägten Führungskräfte und die
häufig zeitlich befristeten Arbeitsaufent-
halte am Institut sowie durch den bunten
Personalmix aus Forschern, Technikern
und Verwaltungskräften.
Heute bündelt die Matrixorganisation
die Fachabteilungen in strategischen
Zukunftsbranchen. 14 Fachabteilungen
treffen auf die branchenorientierten
Geschäftsfelder Automotive, Maschi-
nen- und Anlagenbau, Elektronik und
Mikrosystemtechnik, Energiewirtschaft
sowie Medizin und Biotechnik. Die Lei-
tung der Geschäftsfelder liegt in der
Regel bei ausgewählten Fachabteilungs-
leitern, aus deren Reihen sich auch die
Stellvertreter rekrutieren. „Eine Matrix-
organisation gilt als kundenorien­tierte
Organisationsform für wissensba-
sierte, innovative und diversifizierte
Forschungs-, Entwicklungs- und Bera-
tungsorganisationen“, erklärt Nicole
Fabig-Grychtol, Associate Partner bei
Baumgartner & Partner, die das Change-
Projekt mit begleitete.
Veränderungsprozess in vier Phasen
Bis zur Einführung der Matrixorganisati-
on hatte das Institut einen Orientierungs-
rahmen geschaffen und in die Organisati-
on hineingetragen. Er bestand aus einem
Dreiklang von Leitsatz, Mission und Visi-
on. Dieser musste nun aufgegriffen und
aktualisiert werden, um die Matrixorga-
nisation zu fördern und im Arbeitsalltag
zu leben. Eine klare Institutsvision so-
wie der Wunsch, das Verständnis von
Führung und Zusammenarbeit zu än-
dern, waren Ausgangspunkt für die vier
Stufen des Veränderungsprozesses, die
sich jeweils an einer Leitfrage orientie-
ren (siehe Kasten auf Seite 35). Die kon-
zeptionelle Entwicklung und Veranke-
rung dauerte etwa drei Monate.
Zunächst wurden neue Leitlinien für
Führung und Zusammenarbeit größten-
teils im Top-down-Vorgehen definiert.
Akteure waren hier das Projektkernteam
aus den Leitern Unternehmensstrategie,
Marketing und Verwaltung sowie zwei
Geschäftsfeld- beziehungsweise Fach-
abteilungsleitern, dem Vorsitzenden
Die Matrix mit Leben füllen
PRAXIS.
Das Fraunhofer IPA hat sich von einer fachorientierten Siloorganisation zur
modernen Matrixorganisation entwickelt. Ein neues Leitbild fördert den Wandel.
Die Herausforderung:
Eine komplexe For-
schungsorganisation in
einer Matrixstruktur ab-
bilden, an deren Schnitt-
stellen Forschungsexzel-
lenz entstehen kann.