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RECHT
_BEWERBERDATEN
personalmagazin 03 / 15
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Unterlagen in einem separaten und ab-
schließbaren Aktenschrank geschehen.
Nur den Personen, die am Bewerbungs-
verfahren und der Einstellungsentschei-
dung beteiligt sind, dürfen die Daten
zugänglich sein. Hierzu zählt auch der
Betriebsrat, dem sämtliche Informatio-
nen über den Bewerber vorgelegt werden
müssen, damit er sein durch §§ 99 ff.
BetrVG gewährtes Beteiligungsrecht bei
Einstellungen verwirklichen kann.
Bewerberdaten vernichten
Nach Verstreichen der zulässigen Auf-
bewahrungsdauer müssen Arbeitgeber
sämtliche Daten vernichten. Dies kann
auf unterschiedlichem Wege geschehen.
In Papierform übermittelte Unterlagen
muss der Arbeitgeber zurücksenden, so-
fern er zur Bewerbung aufgefordert hat.
Anders bei Initiativbewerbungen: Dann
trifft ihn diese Verpflichtung nur, wenn
der Bewerber einen frankierten Um-
schlag beigelegt hat. Wichtig ist, dass
die Unterlagen keine Notizen enthalten,
die Anhaltspunkte für eine Diskriminie-
rung bieten (beispielsweise „Franzose!
Sprachschwierigkeiten!“).
Anderenfalls muss er die Unterlagen
entsorgen. Verfügt der Arbeitgeber über
elektronische Daten des Bewerbers, sind
diese – samt sämtlichen Kopien – voll-
ständig aus dem System zu entfernen.
Unternehmen sollten diese Verpflich-
tung angesichts der Bußgeldandrohung
von bis zu 300.000 Euro ernst nehmen.
In Ausnahmefällen verwirklicht eine
Verletzung dieser Pflicht sogar den Straf-
tatbestand des § 44 Abs. 1 BDSG, der ei-
ne Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren
oder Geldstrafe vorsieht.
In Bewerberpool aufnehmen
Ungeachtet der grundsätzlichen Ver-
pflichtung, Bewerberdaten nach an-
gemessener Zeit im Anschluss an das
abgeschlossene Bewerbungsverfahren
zu löschen, kann auf beiden Seiten ein
Interesse an der Aufbewahrung der
Bewerberdaten bestehen. Für den Be-
werber kann dies erstrebenswert sein,
wenn er auch in zukünftigen Bewer-
bungsverfahren für eine identische oder
vergleichbare Stelle Berücksichtigung
finden möchte. Aus Arbeitgebersicht
ist die Aufbewahrung der Bewerbungs-
unterlagen aus verschiedenen Gründen
interessant. So kann der Bewerber le-
diglich aus dem Grund abgelehnt wor-
den sein, dass sich unter mehreren Be-
werbern eine noch geeignetere Person
befand oder eine Initiativbewerbung
aufgrund fehlender vakanter Stellen
abgelehnt worden ist. Möglicherweise
möchte der Arbeitgeber auch künftige
Bewerbungsverfahren abkürzen, indem
er auf Unterlagen von Kandidaten, die
sich wiederholt bewerben, und auf die
damaligen Gründe für die Nichtberück-
sichtigung zurückgreifen kann.
Ein nur einseitiges Interesse des Ar-
beitgebers an der Aufbewahrung der
Bewerberunterlagen befreit diesen
nicht von seiner Verpflichtung, die Da-
ten zu vernichten. Da der ursprüngliche
Bewerbungsvorgang mit der Stellen-
vergabe abgeschlossen ist, sind die
Bewerberdaten für die Entscheidung
über die Begründung eines Beschäfti-
gungsverhältnisses im Sinne des § 32
Abs. 1 BDSG nicht mehr erforderlich.
Etwas anderes gilt, wenn der Bewerber
wirksam einwilligt, seine Daten aufzu-
bewahren. Voraussetzung hierfür ist
zunächst eine freiwillige, das heißt aus
freien Stücken getroffene Entscheidung
des Bewerbers. Unzulässig wäre es etwa,
die Berücksichtigung der Bewerbung an
die Einwilligung zur Speicherung der
Bewerberdaten zu knüpfen. Außerdem
kann der Bewerber nur dann wirksam
in die Speicherung seiner Daten einwilli-
gen, wenn er zuvor vollumfänglich über
die beabsichtigte Verwendung der Daten
informiert wurde. Zwar muss er die Ein-
willigung schriftlich abgeben, die elek-
tronische Form ist jedoch ausreichend,
sofern sie hinreichend bestimmt ist, vom
Arbeitgeber protokolliert wird und für
den Bewerber jederzeit abrufbar ist.
THOMAS NIKLAS
ist Partner
und Fachanwalt für Arbeits-
recht bei Küttner in Köln.
LENA-MARIE SCHAUSS
ist
Rechtsanwältin bei Küttner
in Köln.
Bewerber machen nicht selten Diskriminierungen im Sinne des Allgemeinen Gleich-
behandlungsgesetzes (AGG) geltend. Dieses Risiko können Unternehmen minimieren.
Einem erheblichen Haftungsrisiko setzt sich derjenige aus, der die Nichtberücksichtigung
eines Bewerbers ausführlich begründet. Zumeist steckt hinter dieser Begründung das
Anliegen, den abgelehnten Bewerber wenig zu verletzen. Diese anerkennenswerte Mo-
tivation kann jedoch teuer zu stehen kommen. Selbst der auf den ersten Blick harmlose
Hinweis, dass die Entscheidung trotz fachlicher Qualifikation zugunsten eines anderen
ausgefallen sei, kann zu dem Vorwurf an das Unternehmen führen, dass allein das Ge-
schlecht entscheidungserheblich gewesen sei. Das Haftungsrisiko erhöht sich durch die
Beweislastverteilung im AGG: Der Arbeitgeber muss bei entsprechenden Indizien be-
weisen, nicht gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen zu haben. Außerdem muss
sich der Arbeitgeber in einem etwaigen Prozess an den im Absageschreiben genannten
Gründen festhalten lassen. Nachträglich vorgebrachte Gründe werden im Zweifel nicht
berücksichtigt. Absageschreiben sollten daher möglichst schlank gehalten werden.
Ausreichend ist es, sich bei dem Bewerber zu bedanken, im Anschluss die Absage ohne
Begründung zu formulieren und dem Bewerber alles Gute für seine berufliche Zukunft
zu wünschen. Allenfalls diskriminierungsfreie Informationen, wie etwa ein Hinweis auf
die Vielzahl eingegangener Bewerbungen, könnten ergänzend aufgenommen werden.
Absageschreiben schlank halten
HAFTUNG