Seite 12 - personalmagazin_2014_09

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TITEL
_AUSBILDUNG
personalmagazin 09 / 14
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
sind – aussagefähiger sind berufliche
Potenzialanalysen. Zudem ist unser Ziel,
dass der direkte Übergang von der Schu­
le in den Betrieb durch ein optimiertes
Übergangssystem erleichtert wird. Die
Einstiegsqualifizierung mit ihren Ver­
mittlungsquoten von bis zu 70 Prozent
in Ausbildung und Job ist ein gutes Bei­
spiel hierfür. Um das Ausbildungssys­
tem an sich zu reformieren, setzen wir
uns erstens für ein gestuftes und durch­
lässiges System ein – mit individuellen
Ausbildungspfaden, die auf Basis der
Potenziale zu einer Berufsbefähigung
auf unterschiedlichem Niveau führen.
Und zweitens treiben wir hierfür das Pi­
lotprojekt „Duale Schule“ voran. Sie folgt
dem Vorbild des dualen Studiums: Schu­
lisches und betriebliches Lernen werden
miteinander verbunden. Unter anderem
sollen dafür ausgewählte Inhalte der Ba­
sisausbildung in die allgemeinbildende
Schule vorverlagert werden.
personalmagazin:
Welche Erfolge konnte
das Programm bisher verzeichnen?
Heuer:
Wir haben eine Debatte über die
Zukunft der dualen Berufsausbildung
angestoßen – im Kreis der Personaler
und der HR-Fachöffentlichkeit, aber auch
mit der Politik. Mit allen Stakeholdern
sprechen wir intensiv darüber, was im
System der dualen Berufsausbildung
erhalten bleiben und was verändert wer­
den müsste. Und wir fragen danach, wo
wir ganz neu denken müssen. Das sind
spannende, aber auch kontroverse Dis­
kussionen mit vielen Glaubenssätzen.
„Es ist besorgniserregend“
INTERVIEW.
HR Alliance und DGFP wollen gemeinsam die Ausbildung verbessern und
attraktiver gestalten. Die DGFP-Geschäftsführerin zeigt, wie dies gelingen soll.
personalmagazin:
Die DGFP und die HR Al-
liance haben 2013 das Aktionsprogramm
„Zukunft durch Berufsabschluss“ ins
Leben gerufen. Wie kam es dazu?
Katharina Heuer:
Die Situation auf dem
deutschen Ausbildungsmarkt ist besorg­
niserregend: Der „Mismatch“ zwischen
angebotenen Ausbildungsplätzen und
Bewerbern nimmt zu – und damit die
Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze.
Mit dieser Entwicklung schwächen wir
den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Darüber hinaus sind 1,5 Millionen Ju­
gendliche und junge Erwachsene bis 29
Jahre ohne Berufsabschluss – und jähr­
lich kommen rund 150.000 Jugendliche
dazu. Hier sind die Personaler gefordert
und damit deren Fachverbände – da wa­
ren HR Alliance und DGFP sich schnell
einig. So entstand das gemeinsame Me­
morandum mit dem Aktionsprogramm.
personalmagazin:
Ist eine Ausbildung für
Schüler überhaupt noch attraktiv genug?
Heuer:
Die Zahl der Ausbildungsplatz­
bewerber reduziert sich, weil unter an­
derem immer mehr Schulabgänger ein
Studium wählen. Hier gilt es tatsächlich,
die Ausbildung attraktiver zu gestalten.
Aber es ist nicht nur die Attraktivität der
Ausbildung, die hier entscheidend ist.
Aufgrund des demografischen Wandels
wird auch die Zahl der Auszubildenden
bis 2020 um 13 Prozent sinken. Zudem
gibt es Gruppen von Schulabgängern,
die die Unternehmen im betrieblichen
Ausbildungssystem nur bedingt berück­
sichtigen. Diese sind meist Haupt- und
Realschüler mit Lernschwächen und
Jugendliche aus bildungsfernen Schich­
ten. Sie müssen künftig besser in die
Berufsausbildung integriert werden.
personalmagazin:
Wie sehen Ihre Verbesse-
rungsvorschläge also konkret aus?
Heuer:
Mit dem Fünf-Punkte-Aktionspro­
gramm plädieren HR Alliance und DGFP
für eine konsequente Weiterentwick­
lung des dualen Ausbildungssystems
in Deutschland. Wir setzen uns dafür
ein, dass insbesondere lernschwache
Schüler in ihrer Berufsorientierung und
Ausbildungsmotivation ihren Talenten
und Potenzialen entsprechend bereits
in der Schule gefördert werden. Auch
wollen wir dafür sensibilisieren, dass
Schulnoten nur ein Indikator für die
Ausbildungseignung junger Menschen
Das Interview führte
Kristina Enderle da Silva.
KATHARINA HEUER
ist Vorsitzende der Ge-
schäftsführung der Deutschen Gesellschaft
für Personalführung e.V. (DGFP).
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