Seite 30 - personalmagazin_2014_02

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Management
_HIGH-POTENTIAL-STRATEGIE
personalmagazin 02 / 14
D
er Wettbewerb um High Poten-
tials, in Fachkreisen auch kurz
Hipos genannt (gesprochen:
Heipos), hat sich weiter ver-
schärft. Es geht um Mitarbeiter, die das
Potenzial besitzen, künftig Schlüsselpo-
sitionen im Unternehmen erfolgreich
auszufüllen. Für den schärferen Wettbe-
werb gibt es vor allem zwei Gründe: Ers-
tens übersteigt die Nachfrage nach gut
ausgebildeten Fach- und Führungskräf-
ten oftmals das vorhandene Angebot –
je nach Fachgebiet, Branche und Region
manchmal um ein Vielfaches. Zweitens
hat sich die Erkenntnis durchgesetzt,
dass Personal mehr ist als ein „Arbeits-
mittel“. Speziell Hipos gelten bei immer
mehr Firmenchefs als wesentlicher Fak-
tor, wenn es um Wettbewerbsvorteile
und den Unternehmenserfolg geht. Dies
belegt auch eine 2013 veröffentlichte
Studie des Beratungshauses SHL. Dem-
entsprechend wird viel Geld in High Po-
tentials investiert – in den USA allein
rund drei Milliarden Dollar jährlich.
Doch inwieweit ist dies auf den
deutschsprachigen Raum übertragbar?
Um dies herauszufinden, hat ein Team
von Wissenschaftlern aus dem Feld des
Personalmanagements und der Perso-
nalpsychologie hiesige Unternehmen zu
dem Thema befragt. Die Datenerhebung
erfolgte von Mai bis Juni 2013 per On-
line-Fragebogen. Datenbereinigt haben
sich 201 Firmen an der Stichprobe betei-
ligt. Die befragten Mitarbeiter sind dabei
zu 91,2 Prozent im HR-Bereich tätig und
Von
Stephan Weinert, Claudia van Laak,
Michael Müller-Vorbrüggen
und
Jens Nachtwei
teilen sich etwa hälftig in Führungskräf-
te einerseits und Experten ohne diszi-
plinarische Verantwortung andererseits
auf. Die Unternehmen, die sie repräsen-
tieren, sind über alle Branchen verteilt
und im Wesentlichen in Deutschland,
Österreich und der Schweiz tätig. Die
durchschnittliche Unternehmensgröße
liegt – gerechnet in Vollzeitäquivalenten
– bei 4.806 Beschäftigten, der Median
bei 905 Beschäftigten.
Hipos als Erfolgsfaktor
Doch was ist unter einem High Poten-
tial eigentlich konkret zu verstehen?
Aufgrund der vielfältigen Nutzung des
Ausdrucks galt es zunächst zu über-
prüfen, ob überhaupt ein gemeinsames
Begriffsverständnis gegeben ist. Und
tatsächlich: 98,4 Prozent der Befragten
stimmen in diesem Zusammenhang mit
einer vorgegebenen Definition überein,
wonach Hipos solche Mitarbeiter sind,
die in ihrer aktuellen Position zu den
Leistungsträgern gehören und darüber
hinaus deutliches Potenzial für die künf-
tige Übernahme erfolgskritischer Positi-
onen zeigen. In der Personalpraxis wird
auch oft der Ausdruck „Talent“ angeführt
und synonym oder zumindest teilweise
bedeutungsähnlich gebraucht. Unseres
Erachtens ist dieser Begriff aber im Ver-
gleich inhaltlich verschwommener.
Aufbauend auf diesem offenbar kla-
ren Konzept davon, was ein Hipo ist,
ging es dann um die Fage, ob Hipos
nach Meinung der Befragten von der
Unternehmensführung als zentrale
Mitarbeitergruppe zur Erreichung der
strategischen Unternehmensziele ange-
sehen werden. Etwa vier Fünftel (82,1
Prozent) bejahen dies. Die Zustimmung
ist bei kleineren Unternehmen mit bis
zu 500 Beschäftigten allerdings mit 70,8
Prozent deutlich geringer ausgeprägt als
bei mittelgroßen Unternehmen (501 bis
2.500 Beschäftigte) mit 80 Prozent und
großen Unternehmen (mehr als 2.500
Beschäftigte) mit 96,9 Prozent. Weiter-
führende statistische Untersuchungen
legen einen mittelstarken Zusammen-
hang zwischen Unternehmensgröße und
der Betrachtung von High Potentials als
zentrale Mitarbeitergruppe nahe. Die
Branche des Unternehmens hingegen
hat keinen erkennbaren Einfluss, was
auch für alle folgenden Fragestellungen
gilt. Offensichtlich hält man in den Un-
ternehmen Hipos für wichtig – doch
wirkt sich dies auch auf die strategischen
Erwägungen beimHR-Management aus?
Hipos und Personalstrategien
Von den 82,1 Prozent der Unterneh-
men, die Hipos als Mitarbeitergruppe
mit zentraler Bedeutung betrachten,
Es hapert an der Umsetzung
STUDIE.
Viele Firmen erkennen, dass sie ihre leistungsstarken Mitarbeiter mit
Entwicklungspotenzial hegen und pflegen sollten – tun es aber trotzdem nicht.
Lediglich knapp ein
Drittel der Unterneh-
men verfügt über kon-
krete Kriterien, die es
erlauben, High Poten-
tials systematisch zu
identifizieren.