Seite 10 - personalmagazin_2014_06

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szene
_politik
personalmagazin 06 / 14
sich die Bezahlung an der Fahrleistung
orientiert.
Albrecht:
Bevor wir den Referentenent-
wurf geschrieben haben, haben wir den
Dialog mit den Branchen gesucht. Die Ge-
spräche haben gezeigt, dass es entweder
sehr spezifische Problemlagen wie bei-
spielsweise bei Taxiunternehmen gibt,
die die Fahrpreise nicht selbst festlegen
können. Das machen die Landkreise und
kreisfreien Städte. Hier haben wir die
kommunalen Spitzenverbände ins Boot
genommen und konkrete Maßnahmen
verabredet, die die Umsetzung des Min-
destlohns ermöglichen.
Viele Branchen fürchteten, sie hät-
ten zu wenig Zeit, um die Lohnanpas-
sungen in den unteren Lohnbereichen
hinzubekommen. Im Gesetz haben wir
deshalb die Möglichkeit geschaffen, dass
man noch zwei Jahre vom Mindestlohn
nach unten abweichen kann, wenn das
in Tarifverträgen geregelt ist, die nach
dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz
allgemein verbindlich erklärt werden.
Für die allermeisten Branchen konnten
wir einen Weg aufzeigen, wie die Über-
gangsphase zu einem flächendeckenden
Mindestlohn gestaltet werden kann.
personalmagazin:
Mit dem Mindestlohn
zwingen sie beispielsweise das Taxige-
werbe, ihr komplettes Vergütungsmodell
umzustellen.
Albrecht:
Der Mindestlohn stellt einen
Mindestschutz für die Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmer dar, damit sie
pro Stunde nicht weniger als 8,50 Euro
verdienen. Das bedeutet nicht, dass das
unvereinbar mit flexiblen Entlohnungs-
Der Motor der Reformen
INTERVIEW.
Über Reformvorhaben, persönliche Ziele und das Verhältnis zu den HR-
Verbänden sprach das Personalmagazin mit Staatssekretär Thorben Albrecht.
personalmagazin:
Das Arbeitsministeri-
um hat mit der Rente mit 63 und dem
Mindestlohn große Reformvorhaben
angeschoben, bei deren Umsetzung dem
Personalmanagement eine wichtige Rolle
zukommt. Wurden die HR-Verbände an
der Ausarbeitung beteiligt?
Thorben Albrecht:
Als Ministerium pflegen
wir den Kontakt zu vielen Interessen-
gruppen, auch zu den Verbänden des
Personalmanagements und zu den Per-
sonalvorständen der großen Unterneh-
men, und sprechen dabei auch über ak-
tuelle Themen. Bei der Vorbereitung der
Mindestlohngesetzgebung haben wir
zudem mit Arbeitgeberverbänden und
Gewerkschaften zahlreicher betroffener
Branchen gesprochen.
personalmagazin:
Die HR-Verbände haben
erklärt, dass sie ihre Expertise der Politik
zur Verfügung stellen wollen. Das sind
neue Töne. Werden Sie darauf eingehen?
Albrecht:
Wir sind jederzeit offen für
einen Austausch. Bei den weiteren Re-
formvorhaben, etwa zur Zeitarbeit oder
den Werkverträgen, werden wir das Ge-
spräch suchen. Die Abstimmung der be-
reits auf den Weg gebrachten Gesetzent-
würfe lag bis zur Verabschiedung im
Kabinett in unserer Hand, danach ent-
scheidet der Bundestag, wer im weite-
ren Gesetzgebungsverfahren angehört
wird. Die Arbeitgeberverbände, die die
Interessen der Unternehmen wahrneh-
men, und die Gewerkschaften werden
daran traditionell beteiligt.
personalmagazin:
Bei der Rente mit 63
wollen Sie verhindern, dass es zu einer
Frühverrentungswelle kommt. Vertrauen
Sie auf das Commitment der Personalver-
antwortlichen, die in den vergangenen
Jahren immer wieder erklärt haben, dass
Frühverrentungen der falsche Weg in der
Personalpolitik sind?
Albrecht:
Aus Gesprächen mit Arbeitge-
bern wissen wir, dass die Unternehmen
Mitarbeiter möglichst lange im Betrieb
halten wollen. Das bestätigen auch viele
Studien. Und aus Arbeitnehmersicht be-
steht kein Interesse, mit schlechteren
Konditionen früher in Rente zu gehen.
Deshalb bin ich zuversichtlich, dass es
zu keiner Welle an Frühverrentungen
kommen wird. Weder Arbeitgeber noch
Arbeitnehmer haben daran Interesse.
personalmagazin:
Auch beim Mindestlohn
sind die Personalabteilungen gefordert.
Insbesondere in Bereichen, wo kein
Stundenlohn bezahlt wird, wird es zu
Umsetzungsschwierigkeiten kommen.
Ein Beispiel ist das Taxigewerbe, in dem
„Bei den weiteren Re-
formvorhaben, etwa
zur Zeitarbeit oder den
Werkverträgen, wer-
den wir das Gespräch
mit den HR-Verbänden
suchen.“