Seite 82 - personalmagazin_2014_10

Basic HTML-Version

82
RECHT
_DATENSCHUTZ
personalmagazin 10 / 14
A
lles begann 1986 mit dem
Volkszählungsurteil des Bun-
desverfassungsgerichts, in
dem der Datenschutz auf die
Ebene eines Grundrechts gehoben wur-
de. Der Kernsatz der Entscheidung lau-
tet: „Die Verwendung von persönlichen
Daten bedarf einer besonderen Rechtfer-
tigung“. Es musste also ein Gesetz her
und dies zu Zeiten, als man sich lediglich
darüber Sorgen machen musste, dass
Adresse und Telefonnummer verviel-
fältigt und zwischen den einzelnen Be-
hörden verschickt werden könnten. Ein
Anachronismus, denkt man jetzt an den
modernen internetbasierten Datenaus-
tausch, von der Verbreitung intimster
Daten über die sozialen Medien einmal
ganz abgesehen.
Datenschutz auch für Unternehmen
Klar war fortan, dass ohne Änderungen
der Datenschutzgesetze die Forderung
des Bundesverfassungsgerichts nicht
umsetzbar war. Vor allem waren sich
die Fachleute einig: die bestehenden Re-
gelungen der Datenschutzgesetze waren
imWesentlichen als Bürgerrechte gegen
den Datenhunger der öffentlichen Hand
konzipiert und für eine Regulierung des
Datenhandlings in Arbeitsverhältnissen
nur sehr bedingt zu gebrauchen. Das
Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) für
den Gebrauch in Unternehmen aufrüs-
ten, das wurde zum Gebot der Stunde.
Allerdings dauerte es gerechnet ab dem
Volkszählungsurteil gut zwölf Jahre, bis
sich das Parlament nach langer Diskus-
Von
Thomas Muschiol
(Red.)
sion auf einen einzigen Paragrafen eini-
gen konnte. Es handelt sich um den § 32
BDSG, der folgenden Wortlaut hat: „Per-
sonenbezogene Daten eines Beschäftig-
ten dürfen für Zwecke des Beschäfti-
gungsverhältnisses erhoben, verarbeitet
oder genutzt werden, wenn dies für die
Entscheidung über die Begründung ei-
nes Beschäftigungsverhältnisses oder
nach Begründung des Beschäftigungs-
verhältnisses für dessen Durchführung
oder Beendigung erforderlich ist.“
Den Beschäftigtendatenschutz in
einem Paragrafen abhandeln, der vor
unbestimmten Rechtsbegriffen nur so
strotzt. Angesichts dessen war es kein
Wunder, dass die „32iger Lösung“ von
der Fachwelt in den Senkel gestellt
wurde. So beispielsweise durch den
mittlerweile berühmten Satz des renom-
mierten Arbeitsrechtlers Professor Gre-
gor Thüsing, der unwidersprochen, den
§ 32 BDSG „funktionsloses Schaustück
des Reformwillens“ bezeichnete. Vor
allem war schnell klar, dass man mit
dieser Vorschrift nicht die vielschich-
tigen und jenseits von herkömmlichen
Datenschutzproblemen bestehenden
speziellen Situationen in Unterneh-
men wie betriebsärztliche Untersu-
Das verhexte Gesetzesvorhaben
ÜBERBLICK.
Die vergeblichen Versuche, den Datenschutz in Unternehmen gesetzlich
zu regeln, sind zur Geschichte einer parlamentarischen Dauerblamage geworden.
Detaillierte Bestimmungen zu Umfang
und Beschränkung bei der Erhebung,
Nutzung und Verarbeitung der personen-
bezogenen Daten von Bewerbern sowie
aktiven und ausgeschiedenen Arbeitneh-
mern fehlen weiterhin. Solange kein be-
sonderes Arbeitnehmerdatenschutzrecht
besteht, das den Datenschutz zwischen
Arbeitnehmern und Arbeitgebern regelt,
gelten auch hier die allgemeinen daten-
schutzrechtlichen Bestimmungen, die im
Privatrechtsverhältnis zur Anwendung
kommen. Wenn der Arbeitgeber Daten
des Arbeitnehmers verarbeitet, nutzt
oder erhebt, unterliegt er aktuell dem
Bundesdatenschutzgesetz sowie den
jeweiligen landesdatenschutzrechtlichen
Regelungen. Allerdings existieren für
den Arbeitgeber hierbei Risiken, da diese
Bestimmungen die Besonderheiten des
Arbeitsverhältnisses nicht voll berücksich-
tigen können. Insbesondere die fehlen-
den Regelungen zur Datensparsamkeit,
zum Datentransfer im Arbeitsrecht sowie
die Mitbestimmungsrechte des Betriebs-
rats stellen Herausforderungen dar.
Der Datenschutz in Personalfragen
EXPERTENRAT
Ein Beschäftigtendatenschutzgesetz ist weiterhin nicht absehbar. Welche Rechtsgrund-
lagen für den betrieblichen Datenschutz gelten in Personalfragen und wo bestehen
besondere Risiken für die Praxis? Wir befragten dazu einen Experten.