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personalmagazin 01 / 14
Organisation
_PersonalstrateGie
B
ereits heute sind erste Folgen des
demografischen Wandels in der
Unternehmensrealität sichtbar,
wie die aktuelle Demografiestu-
die von Towers Watson zeigt. Demnach
verzeichnen 67 Prozent der befragten
HR- und Demografieverantwortlichen
in Deutschland und Österreich bereits
demografiebedingte Änderungen in der
Altersstruktur der Belegschaft. Über die
Hälfte (53 Prozent) klagt über Fach- und
Führungskräftemangel. Hinzu kommt
die verlängerte Lebensarbeitszeit durch
die Rente mit 67. Das alles verlangt von
Unternehmen eine integrierte Gesamt-
planung, die sowohl HR-Aspekte als auch
die Auswirkungen des demografischen
Wandels auf Konsumenten, Nachfrage
und gesamtwirtschaftliche Zusammen-
hänge berücksichtigt.
Top-Themen: Talentmanagement,
Karriere- und Nachfolgeplanung
Demografiebedingte HR-Risiken sehen
vier Fünftel der Unternehmen (81 Pro-
zent) in den Bereichen Talentmanage-
ment, Karriere- und Nachfolgeplanung.
Drei Viertel (74 Prozent) sehen Hand-
lungsbedarf beim Employer Branding
und hoffen, sich künftig mit Gesund-
heitsmanagement (72 Prozent), Work-
Life-Balance (66 Prozent), flexiblen Ar-
beitszeiten und Übergangsmodellen in
die Rente (63 Prozent) positiv von Wett-
bewerbern abzuheben. Durch die Viel-
falt, Komplexität und enge Verzahnung
der identifizierten Demografierisiken
wird die Rolle von HR als „Demographic
Von
Stefanie Heindl
und
Bernd Süßmuth
Risk Manager“ künftig noch weiter an
Bedeutung gewinnen.
Die längere Lebensarbeitszeit auf-
grund der Rente mit 67 macht zudem
Anpassungen bei zahlreichen HR-Kon-
zepten erforderlich: 82 Prozent der Un-
ternehmen sehen einen zunehmenden
Bedarf an flexiblen Modellen für einen
gleitenden Übergang in die Rente. Das
kann zum Beispiel so aussehen, dass
Wissensträger in den letzten Arbeits-
jahren eine eher beratende Funktion
aus­üben, in Aufgabenbereiche mit ge-
ringerer Belastung wechseln oder ihre
Arbeitszeit über mehrere Stufen herun-
terfahren. Im Umkehrschluss heißt
das, dass viele Menschen künftig nicht
mehr unbedingt auf dem Zenit ihrer
beruflichen Karriere in den Ruhestand
gehen, sondern erst später. Arbeitsplät-
ze, Stellenprofile, Karrieremodelle und
so weiter müssen daher neu überdacht
werden, wie 80 Prozent der Befragten in
den Unternehmen bestätigen.
Zwischen Mitarbei­terbindung
und Vorruhestand
Fachkräftemangel und höhere Abschlä-
ge in der gesetzlichen Rente zwingen
Unternehmen undMitarbeiter einerseits
zur Ausdehnung der Erwerbsphase.
Gleichzeitig zwingen belastungs- oder
sicherheitsbedingte faktische Alters-
grenzen Unternehmen, bestimmten
Mitarbeitergruppen auch künftig einen
früheren Ausstieg und einen finanziell
gesicherten Ruhestand zu ermöglichen.
Bereits heute nutzen Unternehmen
viele Instrumente, um einen gleitenden
Übergang in die Rente zu gestalten, ange-
fangen von bewährten und verbreiteten
Instrumenten wie betriebliche Alters-
versorgung (69 Prozent) und flexible
Arbeitszeitmodelle (66 Prozent), über in
Ausbau befindliche Ansätze wie alters-
gerechte Arbeitsplätze (34 Prozent) und
Zeitwertkonten (30 Prozent) bis hin zu
neuen Ideen wie dem Demografiefonds
(bisher noch 8 Prozent).
Modelle zum flexiblen Übergang in
den Ruhestand müssen zwei wesent-
lichen Anforderungen gerecht werden:
• Zum einen sollen sie den Mitarbei-
tergruppen, die das Unternehmen mög-
lichst lange im aktiven Arbeitsleben
behalten will, die richtigen finanziellen
Anreize bieten.
• Zum anderen sollen sie den Mitarbei-
tern, die nicht länger arbeiten wollen
oder können, einen finanziell abgesi-
cherten Ausstieg – beispielsweise durch
eine Kombination aus Teilzeit und Teil-
rente – ermöglichen.
Dabei steht für 90 Prozent der Un-
ternehmen eine gezielte Steuerungs-
möglichkeit des Personalbestands
verbunden mit flexiblen und unterneh-
mensspezifischen Gestaltungsmöglich­
keiten im Vordergrund. Auch die
langfristige Motivation der Mitarbeiter
spielt eine wichtige Rolle: 86 Prozent
legen darauf großen Wert bei der Ent-
wicklung von Demografieprogrammen.
Wichtig ist zudem, dass diese Modelle
flexible Entscheidungen ermöglichen,
die – je nach Leistungsbereitschaft
und Belastungsfähigkeit der jeweiligen
Mitarbeiter und Personalbedarf des Un-
ternehmens – auch ohne jahrelange Vor-
laufzeiten getroffen werden können. Die
Kaum gerüstet für die Realität
STUDIE.
Der demografische Wandel zeigt sich bereits im Unternehmensalltag – doch
bisher haben sich nur wenige Unternehmen darauf eingestellt. Nun wird es Zeit.