Seite 18 - personalmagazin_2014_03

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Titel
_regierungspläne
personalmagazin 03 / 14
E
s ist gerade einmal 15 Jahre her,
als die „Deutsche Gesellschaft
für Personalführung“ (DGFP)
der Platzhirsch und Monopolist
unter den Personalverbänden war und
ihr damaliger Geschäftsführer Hans
Böhm zu politischen Fragen stets ant-
wortete: „Dafür sind wir nicht zustän-
dig.“ Er verwies auf die Arbeitsteilung
mit der Bundesvereinigung der Arbeit-
geberverbände (BDA), die sich um die
Politik kümmert. Die DGFP sei allein für
die „Förderung des Personalwesens“ zu-
ständig, wie es in der Satzung heißt.
Das Monopol der DGFP ist Geschichte,
heute haben wir vier HR-Verbände: den
Bundesverband der Personalmanager
(BPM), die HR Alliance, den Bundesver-
bandderArbeitsrechtler inUnternehmen
(BVAU) und die DGFP. Die Redaktion des
Personalmagazins bat die Vorsitzenden
dieser Verbände um eine Stellungnahme
zum Koalitionsvertrag der neuen Bun-
desregierung. Alle haben mitgemacht
– eine bemerkenswerte Veränderung.
In den Statements wird deutlich: Jeder
der Verbände erhebt den Anspruch, sich
in die Politik einzumischen und die Ar-
Von
Reiner Straub
(Red.)
Der Wille zur Politik
Statements.
Die HR-Verbände möchten sich mehr in die Politik einmischen.
Die Chancen sind in dieser Legislaturperiode besser als früher, aber noch gering.
1. Wie bewerten Sie den Koalitionsvertrag im Hinblick auf die zukunftsorientierte
Ausgestaltung der Arbeitswelt?
BPM
Als Verband kommen wir zu einem gespaltenen Urteil. Der Koalitionsvertrag stellt nur zum Teil
die richtigen Weichen für die Zukunft. Das lässt sich anhand von zwei Beispielen illustrieren:
Der zunehmenden Globalisierung und Digitalisierung in der Arbeitswelt soll mit einer Reform
des Beschäftigtendatenschutzes begegnet werden. Hier wurden die Zeichen der Zeit erkannt.
Auf der anderen Seite ist geplant, die Rente mit 63 für einen Teil der Arbeitnehmer einzufüh-
ren – vor dem Hintergrund des demografischen Wandels. Hier werden die Realitäten verkannt.
DGFP
Der Koalitionsvertrag zeigt zunächst einmal, dass die HR-Themen in der Politik angekommen
sind und das ist gut. Problematisch ist allerdings, dass der Fokus stellenweise zu eng auf
Regulierungsaspekten liegt. Damit wird man manchen Herausforderungen der Unternehmen
nicht gerecht. Das Thema Mindestlohn ist ein Beispiel dafür.
HR Alliance
Zuallererst muss ich eine Kritik am Personalmagazin loswerden. Sie haben bei Ihrer Sichtung des
Koalitionsvertrags wichtige Themen vergessen, die für das HR-Management relevant sind, bei-
spielsweise die berufliche Bildung, psychische Belastung, die Ganztagsschule, Migration. Diese
Themen der Politikgestaltung verzahnen sich mit dem System Arbeit, wie wir es verstehen. Bei
Betrachtung aller Themen, die der Koalitionsvertrag anspricht, fällt dessen sozialdemokratische
Prägung auf. Tradierte, bislang praktizierte Arbeitspolitik wird fortgeschrieben. Zukunftsthemen
kommen meist in Überschriften vor, sind nicht ausgearbeitet. Eingriffe in die unternehmerische
Freiheit halten sich gerade noch in Grenzen. Die Belastungen für die Arbeitskosten durch milliar-
denschwere Zusatzausgaben bei der Renten- und Pflegeversicherung sind allerdings beträchtlich.
BVAU
Der Koalitionsvertrag beinhaltet viele regulative Maßnahmen. Als Juristen können wir damit um-
gehen, als Arbeitsrechtler fehlt uns hier allerdings die Modernität: Das Arbeitsleben ist so viel-
fältig wie die Arbeitnehmer in ihm, durch Formulierung von Regelungen und Ansprüchen wird
der Gesetzgeber den modernen Anforderungen einer neuen Generation unter Umständen nicht
gerecht. Wir hoffen, dass die politischen Absichtserklärungen mit möglichst wenig Regulation
und geringstmöglichem „Flurschaden“ für die praktische Umsetzungen dann zu Gesetz werden.
Der BVAU kann hier nur anbieten, sein Know-how einzubringen.
Joachim Sauer, Katharina Heuer, Thomas Sattelberger und Alexander Zumkeller (v.l.n.r.) nehmen Stellung zum Koalitionsvertrag.
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